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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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»Einen Eid der Treue und des Stillschweigens. Wir werden uns danach benennen, egal, was es auch ist.«
    Travis schaute sich in dem Gemach um. Worauf schwörte man denn so einen Eid? »Der Dolch«, sagte er, noch bevor er den Gedanken richtig zu Ende gedacht hatte. »Der Dolch hat uns zusammengeführt.«
    Grace nahm den Dolch mit dem Onyxgriff von der Kommode herunter, atmete tief ein und hielt die Klinge hoch. »Ich schwöre, daß ich Stillschweigen bewahren werde«, sagte sie.
    Travis legte seine Hand auf die ihre. »Ich bin dabei.«
    »Auch ich schwöre einen Eid des Stillschweigens«, sagte Aryn. Ihre Hand sank so leicht wie ein Vogel auf die von Travis.
    »So wie ich«, sagte Durge und fügte seine Hand dem Stapel zu.
    Beltan war der letzte. »Möge unser Kreis nie gebrochen werden.«
    Der Ritter legte seine große Hand auf die der anderen, und in diesem Augenblick wurde der Kreis des Schwarzen Dolches geboren.

21
    In der nächsten Nacht nahmen Calaveres neueste Verschwörer ihr heimliches Werk auf.
    Als sich der mittlerweile abnehmende Mond den westlichen Wehrgängen näherte, traf der Kreis des Schwarzen Dolches zusammen. Die Tauben hatten schon vor langer Zeit aufgehört, die Abenddämmerung zu begrüßen, im Burghof flackerten nur eine Handvoll Fackeln. Auf dieser Welt waren Licht und alle Dinge, die es erzeugten – Holz, Öl, Pech –, im Winter kostbare Güter, die man nicht verschwenden durfte. Der Eldh-Tag lebte und starb mit der Sonne. Die meisten verbargen sich in ihren Betten und warteten auf die Wiedergeburt der Morgendämmerung.
    Aber es gab auch jene, die die Schatten liebten.
    »Grace, da bist du ja«, sagte Aryn mit einem erleichterten Seufzer.
    Grace betrat das staubige Gemach. Die anderen waren bereits eingetroffen.
    »Es tut mir leid, daß ich zu spät komme«, sagte sie. »Leider bin ich unterwegs König Boreas begegnet.«
    Travis richtete die Brille. »Er hat doch keinen Verdacht, oder doch?«
    Grace trat einen Schritt zurück. Zuerst glaubte sie, Travis würde ihren Unterricht bei Kyrene und den Hexen meinen. Aber dann wurde ihr klar, daß er von dem Treffen des Kreises sprach.
    »Nein«, sagte sie und warf unwillkürlich einen nervösen Blick zur Tür. »Zumindest glaube ich das nicht.«
    Boreas hatte sie abgefangen und einen Bericht über ihre Erkenntnisse bei der heutigen Ratssitzung verlangt. Grace hatte ihr Bestes getan, ihn dem König ruhig und beherrscht zu geben, aber nachdem er sie verlassen hatte, hatte sie am ganzen Leib gezittert. Sie konnte nur hoffen, daß er es nicht bemerkt hatte. Glücklicherweise war ihre Begegnung aus zwingenden Gründen kurz gewesen – sollte man Grace und den König zusammen sehen, hätte es die List ihres vorgeblichen Zerwürfnisses zunichte gemacht. Ein unvorhergesehenes Resultat von Graces Plan, aber auch ein willkommenes.
    »Wollen wir hoffen, daß Ihr recht habt, Grace«, sagte Beltan. »Vermutlich würde Boreas unser Vorhaben nicht als Verrat ansehen, andererseits …«
    Durge ging zur Tür und verschloß sie.
    Grace verschränkte die Arme über der Brust und wünschte sich, sie hätte ihren Umhang mitgebracht. In dem Raum war es kalt. Er befand sich im alten Wachturm, der Aryn zufolge dank eines mangelhaften Fundamentes und der Tatsache, daß er nicht so hoch war wie der neuere Wachturm am Tor, heutzutage nur selten benutzt wurde. Darum hatte die Baronesse ihn als Treffpunkt ausgesucht.
    Der Embarraner wandte sich wieder den anderen zu. »Sollen wir einen Posten aufstellen, um sicherzugehen, daß uns keiner belauscht?«
    Aryn runzelte die Stirn. »Aber das geht doch nicht. Wer auch immer draußen steht, wird an unserer Unterhaltung nicht teilnehmen können.«
    Durges Sichelbart schien sich noch tiefer zu senken.
    »Ich glaube … ich glaube, ich kann da was arrangieren«, sagte Travis.
    Grace sah interessiert zu, wie Travis zur Tür ging und die Hand gegen das rissige Holz drückte.
    »Sirith«, flüsterte er.
    Grace war sich nicht sicher, aber sie glaubte einen blauen Strahlenkranz um Travis’ Finger aufleuchten zu sehen. Dann nahm er die Hand zurück.
    »Was hast du da gesagt, Travis?« fragte sie.
    »Das ist die Rune des Schweigens.«
    »Und was bewirkt sie?«
    Er strich sich den Bart. Er wurde langsam voller, mit kupferfarbenen, goldenen und – Grace fiel es zum ersten Mal auf – silbergrauen Flecken. Erst dreiunddreißig, und schon wurde er zu einem Graubart.
    »Ich bin mir da nicht so sicher«, antwortete er. »Spricht man eine

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