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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Erdbodens bekleidete Frau zeigte auf Tira. »Sie wird uns die Seuche bringen. Jastar hat gesagt, daß sie das tun wird.«
    Durge runzelte die Stirn. »Von welchem Wahnsinn sprichst du da, gute Frau?«
    Die Frau rang ihre knotigen Hände. Sie war zahnlos und faltig, und der Knochenschwund ließ sie gekrümmt gehen. Grace schätzte, daß sie gerade mal dreißig Jahre alt war.
    »Es ist die Flammenpest.« Ihre geschwollenen, rotgeränderten Augen waren voller Furcht. »Diejenigen, die es trifft, verbrennen innerlich, aber sie werden nicht sterben. Sie werden so schwarz wie die Nacht und kehren zurück, um uns alle zu verbrennen. Sie wird das gleiche tun. Sie wird uns alle anzünden, jawohl, das wird sie!«
    Daynen trat an Tiras Seite. »Du hast unrecht!« rief er mit gerötetem Gesicht. »Tira wird niemandem etwas antun.«
    Grace packte ihn bei der Schulter und zog ihn zurück. Neben ihr meldete sich eine ruhige Stimme zu Wort. Lirith.
    »War das Mädchen nicht schon verbrannt, bevor Lord Eddoc es herbrachte, gute Frau, bevor diese Plage begann?«
    Die Hexe hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als Grace auch schon wußte, daß ihre Worte umsonst gewesen waren, daß Vernunft hier sinnlos war.
    Jastar hob die Faust. »Vielleicht ist ja alles von ihr ausgegangen. Sie hätte sterben müssen. Versteht ihr nicht? Sie ist diejenige, die uns das alles eingebrockt hat. Tötet sie zusammen mit den Rittern!«
    Diese Ansprache entfachte neue Energien in den Dorfbewohnern, wie eine Sturmböe, die durch eine Baumgruppe fuhr. Die Ritter stellten sich vor die drei Frauen und die Kinder, die Schwerter bereit, die Gesichter wie aus Stein gemeißelt. Es würde ein Massaker geben.
    Und plötzlich verstand Grace.
    »Du hast unrecht, Jastar«, sagte eine Stimme, die so kühl, klar und voller Autorität war, daß alle stehenblieben und zuhörten. Grace war kaum erstaunt, als sie erkannte, daß die Stimme ihr gehörte.
    Sie trat zusammen mit Tira vor, fort von Daynen und den Hexen, vorbei an den überraschten Rittern. Die Dorfbewohner wichen vor ihr zurück. Ein paar fingen sogar an, sich vor ihr zu verbeugen und hielten dann inne, offensichtlich überrascht von ihrem Verhalten. Grace fühlte eine Macht, die nichts mit der Gabe zu tun hatte. Sie hüllte sie ein wie ein goldener Mantel, und sie sträubte sich auch nicht dagegen. Diese Menschen wünschten sich jemanden, dem sie gehorchen konnten, und sie würde diese Person sein.
    Jastar drohte ihr mit der Faust, suchte atemlos nach Worten. »Du hast die Seuche! Du und dieses Ungeheuer von einem Mädchen!«
    Grace trat einen weiteren Schritt vor. »Nein, du bist derjenige, der sich mit der Seuche angesteckt hat, Jastar. Du hast alle Symptome. Fühlst du es denn nicht? Sogar jetzt, in diesem Augenblick, steigt in dir die Hitze auf.«
    Alles drehte sich um und starrte Jastar an. Er öffnete den Mund, aber es ertönte nur ein würgender Laut. Grace setzte sich wieder in Bewegung, und er wich zurück.
    Ihre Stimme war leise und gnadenlos. Es bestand kein Anlaß, sie zu heben. »Sogar in diesem Augenblick wirst du zu einem von ihnen, Jastar. Du weißt es. Du hast Sir Kalleth ermordet, weil er die Wahrheit entdeckte. Und darum sollen sie auch Tira töten. Weil sie die einzige ist, die gesehen hat, wie du Eddoc berührtest, als du ihn getötet hast. Aber da wußtest du nicht, wie sie übertragen wird, nicht wahr, Jastar? Daß du, als du Eddoc tötetest, um die Seuche aufzuhalten, sie über dich selbst gebracht hast.«
    Ein Zittern durchlief seinen Körper. Sie konnte die ersten verräterischen Qualmwölkchen sehen, die von den Schultern des Wamses aufstiegen. Streß schien die Symptome zu verschlimmern, bemerkte sie mit klinischer Objektivität.
    »Nein, du irrst dich!« Seine Stimme war ein Wutschrei. »Tötet sie!«
    Durge und Meridar stürmten los, um Grace zu beschützen, aber sie waren zu langsam. Jastar zog ein Messer aus dem Gürtel und warf sich mit unheimlicher Geschwindigkeit nach vorn, bis sein Gesicht nur noch Zentimeter von dem ihren entfernt war. Hitze ging in dichten Wogen von ihm aus, der Gestank von verbranntem Fleisch stieg ihr in die Nase. Als sie in seine Augen blickte, verblichen die letzte Reste von Weiß und Braun und ließen nur Schwärze zurück.
    »Stirb!« zischte er.
    Das Messer zuckte herab …
     … und fuhr nur Zentimeter an Graces Hals vorbei. Auf Jastars Gesicht machte sich Überraschung breit. Grace hatte den Ausdruck schon viele Male zuvor gesehen. Menschen

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