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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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überspannte den gesamten Anger wie ein aus Sternenlicht gefertigtes Fischernetz. Grace spürte das Erstaunen, das von ihren Seiten ausging, aber für Erklärungen blieb keine Zeit. Die Dorfbewohner waren noch zehn Schritt von den Rittern entfernt. Fünf Schritte. Drei.
    Zieht! rief Grace wortlos.
    Da war Verwirrung, dann Begreifen. Sie griff mit den Gedanken zu und packte das schimmernde Netz im gleichen Augenblick, in dem sie fühlte, daß Aryn und Lirith es ihr gleichtaten. Zusammen warfen die drei Hexen das Netz zur Seite.
    Grace fühlte das Rauschen ebenso, wie sie es hörte. Sie öffnete rechtzeitig die Augen, um sehen zu können, wie der Nebel vor ihr in Bewegung geriet und auseinanderriß. Sonnenlicht strömte wie eine plötzliche Morgendämmerung in die klaffende Lücke hinein und erleuchtete den Anger, während die letzten Nebelschwaden an den Rand des Platzes trieben. Dort wogte eine graue Mauer sechs Meter in die Höhe.
    Aryn keuchte auf, und Lirith musterte Grace mit einem Ausdruck, der kein Erstaunen verriet, sondern tiefes Interesse. Grace schüttelte den Kopf. Sie würde es Lirith später erklären – wenn sie konnte. Im Augenblick war dafür keine Zeit. Sie fühlte sich leer, aber dabei auf seltsame Weise triumphierend, wie nach einer Vierundzwanzigstundenschicht in der Notaufnahme, in der sie nicht einen Patienten verloren hatte.
    Furchterfüllte Aufschreie erklangen, als der Nebel verschwand. Die Dorfbewohner kamen auf dem feuchten Gras rutschend zum Stehen, in den Händen hielten sie Knüppel und Werkzeuge. Ihr Mut schwand mit dem Nebel. Es war eine Sache, sich an einen Mann anzuschleichen, der einen nicht sehen konnte. Es war eine völlig andere, sich zwei wütenden Rittern gegenüberzusehen, deren Klingen scharf, gezogen und bereit waren. Durge schwang sein riesiges Breitschwert. Die Dorfbewohner stolperten einen Schritt zurück.
    »Nein!« brüllte eine schrille Stimme. »Wir sind viel mehr als sie. Wir müssen sie töten, bevor sie uns töten!«
    Die Dorfbewohner zögerten, sie sahen sich mit schmutzigen, vernarbten und erschöpften Gesichtern um. Was hatte Jastar diesen Leuten erzählt?
    Grace schaute in seine Richtung. Jetzt, wo sie wußte, worauf es ankam, waren die Anzeichen offensichtlich; sie hätte sie früher erkennen müssen. Andererseits kam der Ausbruch plötzlich. Sein Wams war durchnäßt, nicht nur vom Nebel, sondern vor allem vom Schweiß, das Haar klebte auf seiner mit Asche beschmierten Stirn. An seinem Hals und auf den Handrücken zeigten sich ein paar kleine Blasen. Seine Augen verfärbten sich bereits schwarz.
    »Zurück«, fauchte Meridar die Dorfbewohner an. »Zurück, und euch wird nichts geschehen. Wir wollen nur ihn haben.«
    »Jastar«, sagte Durge. »Laß nicht zu, daß deine Leute durch deine eigene Dummheit zu Schaden kommen. Ruf sie zurück und tritt vor, um dein Urteil mit Würde entgegenzunehmen.«
    »Ihr werdet es sein, der gerichtet wird, Herr Ritter.« Jastar entblößte die Zähne. »Ihr und Euresgleichen, die diesem Dorf den Tod bringen würden. Euer Sir Kalleth hat Lord Eddoc getötet. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, und ich tötete den Mörder, bevor er erneut zuschlagen konnte.«
    In der Menge ertönten Unmutsäußerungen. Ein paar der Dorfbewohner traten vor und hoben ihre Knüppel und Heugabeln. Entsetzen erfüllte Graces Brust. Sie mußte dem hier ein Ende bereiten. Aber wie? Sie konnte die Luft vom Nebel reinigen, aber diese Wut, dieser Verrat, dieser Haß? Sie wollte etwas sagen, aber kein Laut kam über ihre Lippen.
    »Deine Worte kann man leicht als Lüge entlarven, Verwalter«, fauchte Meridar. »Eddocs Leiche ist verwest. Wir sind erst gestern abend eingetroffen. Aber er ist schon seit Tagen tot.«
    Wieder flackerte Unsicherheit in den Augen der Dorfbewohner. Sie blickten zu Jastar herüber, dann wieder zu den Rittern. Grace begriff. Das hier waren Menschen, die ihr ganzes Leben einer Autoritätsperson gehorcht hatten. Im Augenblick wollten sie nur wissen, wem sie zuhören sollten, wer ihnen sagen würde, was sie zu tun hatten.
    Furcht machte die Atmosphäre so angespannt wie eine Trommel. Alles stand still, dann trat eine kleine Gestalt vor und blieb neben Grace stehen. Eine kleine Hand tastete nach oben und ergriff die ihre. Tira.
    Jastars Gesicht verzerrte sich zu einer Maske furchterregender Schadenfreude. »Da, seht doch! Seht euch das verbrannte Kind an. Sie paktieren mit ihm!«
    Eine mit einem schäbigen Kleid in der Farbe des

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