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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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nicht.
    »Travis, dein Messer. Es glüht.«
    Der rote Edelstein im Knauf seines Stiletts strahlte ein wütendes, pulsierendes Licht aus. Travis wollte etwas sagen.
    Doch was auch immer es war, es wurde vom Klirren zersplitternden Glases übertönt, als das Fenster des Zimmers nach innen explodierte. Eine Kreatur sauste hinein, eine zusammengerollte Kugel aus blindwütigem Zorn. Sie landete auf dem nächststehenden Bett, rollte einmal herum, drehte sich, entfaltete sich. Große, farblose Augen blinzelten einmal, dann konzentrierten sie sich. Sie duckte den spitzen Kopf, beinahe so, als würde sie sich vor ihnen verneigen, dann klaffte ihr Rachen auf und entblößte Zähne, die genauso unregelmäßig wie das zerbrochene Glas waren, das noch immer auf dem Teppich landete. Krallen schoben sich aus den gekrümmten Fingern und Zehen, zerfetzten die Matratze.
    Grace drückte sich neben den warmen Körper an ihrer Seite. »Travis …«
    Er hob das Stilett, doch das war sinnlos. Mit einem schrillen, auf unheimliche Weise an einen Menschen erinnernden Schrei streckte die Kreatur die Arme aus und sprang.
    Vor Grace schimmerte die Luft, verzerrte sich. Etwas Goldenes blitzte auf, die Sprungbahn der Kreatur veränderte sich abrupt. Sie flog zur Seite, ihre langen Arme wirbelten wild umher, dann schrie sie auf, als sie gegen die Wand prallte. Ihr Körper durchbrach die billige Zimmerwand und landete, in eine Wolke aus Holzsplittern eingehüllt, im Nebenzimmer.
    Luft wogte wie Wasser, dann stand eine Frau genau dort, wo eine halbe Sekunde zuvor noch leerer Raum gewesen war. Sie war groß und hatte goldene Augen. Ihr Haar war dunkel und kurz geschnitten, und ihr geschmeidiger Körper war in glattes, schwarzes Leder gekleidet.
    Bevor Grace oder Travis auch nur ein Wort hervorbringen konnten, hob die Frau die Arme. Die Kreatur schoss mit einem Brüllen durch die Lücke in der Wand. Große Holzsplitter ragten aus ihrem Fleisch, ihre Haare waren blutverschmiert. Doch sie schien es nicht zu bemerken. Kreischend warf sie sich auf die Frau.
    Lange Arme griffen ins Leere. Die Frau war verschwunden.
    Nein, nicht verschwunden.
    Die Kreatur riss die Schnauze herum. Die Frau in Schwarz stand jetzt hinter ihr. Auf ihrem wilden, wunderschönen Gesicht zuckte ein Lächeln auf, ein nagelbeschlagener Stiefel schoss hoch, kam mit der Fratze der Kreatur in Kontakt.
    Ein feuchter, knirschender Laut ertönte, Grace erkannte das Geräusch brechender Knochen, wenn sie es hörte.
    Diesmal flog die Kreatur stumm durchs Fenster. Dann gab es ein feuchtes, dumpfes Dröhnen, als etwas unten auf dem Asphalt aufschlug.
    Wieder wabberte die Luft, dann stand die Frau vor Grace und Travis und sah sie mit ernst blickenden, goldenen Augen an.
    Wie zum Teufel haben Sie das gemacht?, wollte Grace sagen. Aber Travis kam ihr zuvor.
    »Sie.« Seine Stimme war kaum ein Krächzen. »Ich habe Sie schon zuvor gesehen, wie Sie mich beobachtet haben. Wer sind Sie?«
    Die Frau legte die Hände auf die Hüften. Sie war nicht mal ins Schwitzen geraten.
    »Ich bin Ihre einzige Hoffnung.«

33
    » Und jetzt?«
    Grace schaute an den zerfetzen Überresten des Vorhangs vorbei in die Nacht. Kalte Herbstluft strömte durch das zersplitterte Fenster, aber Travis nahm sie kaum wahr. Er war bereits taub, als er die Frau betrachtete, die in der Mitte des Zimmers stand, die Beine leicht gespreizt, auf alles vorbereitet. Sie war auf eine ausgeprägte Weise wunderschön, ihre goldenen Augen lagen über stolzen, kupferfarbenen Wangenknochen. Aber nicht ihre Schönheit hielt Travis’ Blick gefangen. Sie trug keine Schusswaffe, auch kein Messer. Trotzdem war sie tödlich. Und sie hatte ihn verfolgt.
    »Sie können hier nicht bleiben«, sagte die Frau. »Die anderen werden die Kampfgeräusche gehört haben, der Blutgeruch wird sie herführen. Sie müssen mir folgen.« Ihr Englisch war perfekt, dennoch geschraubt, als hätte sie die Sprache zu ausführlich studiert.
    Grace wandte sich vom Fenster ab. »Warum sollten wir Ihnen folgen?« Ihr Ton war nicht misstrauisch. Sie war einfach nur eine Wissenschaftlerin, die nach Fakten suchte, auf denen man eine Entscheidung gründen konnte.
    Die Frau kniete nieder, berührte eine Blutpfütze, die in den Teppich einsickerte, dann stand sie wieder auf, nur dass ihre Hand nun feucht und rot war.
    »Weil, wenn Sie bleiben, in fünf Minuten das alles sein wird, was von Ihnen übrig geblieben ist.«
    Grace nickte, sagte aber nichts. Die Frau ging zur Tür, ihre

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