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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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aus dem Norden heranraste. Wo auch immer sich die Götter aufhielten, sie beobachteten alles.
    »Der Kreis ist geöffnet«, hallte Medris’ Stimme erneut in die Loge. »Wer will die Etherion ansprechen?«
    Überall entfalteten sich Flaggen von verschiedenen Farben und flatterten von Balkonen.
    Medris überflog die Flaggen und nickte. »Die Etherion erkennt das Recht des Tempels von Vathris Stier-Töter an, das Wort zu ergreifen.«
    Er legte die Hand auf die goldene Kugel auf dem Sockel vor ihm. Ein leises Surren ertönte, das an das Schlagen von Vogelschwingen erinnerte, dann stieg etwas aus den Schatten in der Tiefe empor. Soweit es Durge erkennen konnte, handelte es sich um einen gewaltigen Kristall, der in einem verzierten Holzrahmen steckte. Es war wie ein Fenster, dessen Glas so dick war, das alle dadurch erblickten Dinge verzerrt waren. An dem Rahmen waren zwei weitere der vergoldeten Hörner befestigt.
    Der Kristall wurde von einer Art mechanischem Gestell aus Holz und Eisen mit mehreren Gelenken, Zahnrädern und Flaschenzügen gehalten, aus denen Durge auf diese Entfernung nicht schlau wurde. Der Kristall stieg der höchsten Ebene entgegen.
    »Halt!«, sagte Lyderus auf dem Podest, und die Stimme des hageren Priesters war so scharf und schmal wie ein Messer, aber sie hallte durch die Loge, wie es zuvor Medris’ getan hatte.
    Lyderus schob sich in die Mitte des Podestes. »Die Aufzeichnungen zeigen, dass der Tempel von Vathris auf der ersten Etage bei der letzten Zusammenkunft der Etherion der letzte Sprecher war. Daher muss dem Tempel einer anderen Etage das Recht eingeräumt werden, als Erster zu sprechen, falls jemand das Wort ergreifen will. Die Etherion wird den Tempel von Ondo hören.«
    Medris starrte Lyderus an, selbst auf diese Entfernung war seine Wut deutlich zu sehen. Sowohl er als auch Lyderus sahen Vanhera an, die ein Stück von ihnen entfernt stand. Sie schaute zur Seite, und Durge erkannte eine Senke hinter dem Podest, die ihm zuvor nicht aufgefallen war. Dort notierte ein Schreiber hektisch etwas in einem Buch. Der Schreiber blätterte eine Seite zurück, dann nickte er Vanhera zu.
    »Die Aufzeichnungen bestätigen Lyderus’ Worte«, sagte sie. »Der Tempel von Ondo soll sprechen.«
    Medris schaute finster drein, aber er trat von dem Sockel fort. Lyderus legte die Hand auf die goldene Kugel. Der Kristall setzte sich wieder in Bewegung, die mechanischen Arme brachten ihn auf die Höhe der dritten Etage, dann trugen sie ihn durch die halbe Länge der Etherion. Endlich begriff Durge, dass die Bewegungen des Kristalls den Bewegungen von Lyderus’ Fingern auf der Kugel entsprachen; irgendwie kontrollierte er damit den Kristall.
    Der Kristall kam vor einer Loge zum Halt, deren Priester eine goldene Flagge entrollt hatten. Sein Zweck wurde nun klar, denn einer der Priester trat vor, und der Kristall vergrößerte sein Gesicht, bis es den ganzen Rahmen ausfüllte, und er stellte sicher, dass alle in der Etherion Anwesenden sein Mienenspiel genau sehen konnten. Der Priester sprach, beugte sich dabei einem der goldenen Hörner entgegen, und seine Stimme hallte durch Melias Loge.
    Durge wurde alles klar. Die Hörner am Rahmen des Kristalls waren genau wie die auf dem Podest. Sie beförderten die Stimmen der Sprecher, verstärkten sie und übertrugen sie durch andere Hörner in jede Loge der Etherion. Es war ein Trick, genau wie bei dem Kristall. Doch er hätte nie gedacht, dass man Licht und Ton manipulieren konnte wie Holz oder Eisen. Die Tarraser waren in der Tat großartige Ingenieure. Oder waren es zumindest gewesen, als die Etherion vor über tausend Jahren erbaut worden war.
    Ondos Priester sprach mit schriller Stimme, sein verkniffenes Gesicht füllte den Kristall. Lirith hatte Recht, sie schienen ein unfreundlicher Haufen zu sein.
    »Das ist eine unerhörte Schande! Wie kann es ein anderer Tempel nur wagen, vor uns sprechen zu wollen – vor uns, den Anhängern von Ondo, die man ihres Gottes beraubt hat? Durch welchen Präzedenzfall will der Tempel von Vathris uns das Recht, gehört zu werden, streitig machen? Es sei denn, es war ihr Gott, der diese verabscheuungswürdige und gewalttätige Tat verübt hat!« Speichel befleckte den Kristall, ins Unermessliche vergrößert. »Jeder weiß doch, dass es Vathris Stier-Töter nach dem Geschmack von Blut verlangt!«
    In vielen der Logen wurde Geschrei laut, am stärksten bei den Anhängern von Vathris, die wütend eine rote Flagge

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