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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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schwenkten.
    »Das Wort hat der Tempel von Vathris«, sagte Medris.
    Lyderus wollte protestieren, aber Vanhera schüttelte den Kopf. Medris ergriff die Kugel, und der Kristall surrte in die Höhe und quer durch die Etherion zur obersten Etage.
    »Lügen, nichts als Lügen!«, brüllte ein stämmiger Priester. Sein dicker Hals war vor Wut angeschwollen und ließ den Kragen seiner blutroten Robe beinahe platzen. »Man weiß doch, dass alles, was der Tempel von Ondo sagt, eine Lüge ist. Das war schon so, bevor ihr Gott gestorben ist, und nichts hat sich seitdem verändert. Wem wurde hier denn Gold versprochen, das niemals übergeben wurde?«
    Rufe und schrille, misstönende Pfiffe hallten durch die Etherion. Dutzende Flaggen wurden zustimmend geschwenkt. Die Priester Ondos zuckten in ihrer Loge zusammen.
    Falken stieß einen leisen Pfiff aus. »Ondo hat sich in der Etherion wirklich nicht viele Freunde gemacht, was?«
    Melia warf ihm einen finsteren Blick zu. »Er hat nicht verdient zu sterben.«
    »Das habe ich auch nicht gesagt.«
    Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und seufzte. »Ich fürchte, das ist wahr. Ondo war immer etwas selbstsüchtig. Aber er war kein schlechter Gott.«
    »Schon gut, Melia«, sagte Falken. »Wir werden die Schuldigen finden.«
    Doch Durge konnte die Zuversicht des Barden nicht teilen. Der Morgen nahm seinen Verlauf, und viele Tempel ergriffen das Wort. Es hatte den Anschein, als würden die Flaggen nicht zur Ruhe kommen, und der Kristall surrte kreuz und quer durch die Etherion, während Medris, Vanhera und Lyderus unten um die Kontrolle der goldenen Kugel kämpften.
    Doch als die Etherion für den Tag auseinander trat, erschienen die Dinge trotz aller gehaltenen Reden und aller gewechselten bösen Worte nur noch undurchsichtiger. Der Tempel von Ondo hatte noch ein weiteres Dutzend Tempel beschuldigt, sich zu der Ermordung ihres Gottes verschworen zu haben – sogar Tempel, die selbst Priester und Priesterinnen durch den Mörder verloren hatten. Für den Rattengott hatte niemand gesprochen, kein Anhänger Gebs war zu sehen gewesen.
    Schon vor dem Ende der Reden hatte man Priester und Priesterinnen aus ihren Logen in die breiten Korridore, die die Etherion umgaben, strömen sehen. Durge war nur eines klar geworden; kein Tempel schien auch nur eine Ahnung zu haben, was in der Stadt vor sich ging, und sie alle schienen eine Todesangst zu haben. Er war sich ziemlich sicher, dass keiner der vertretenen Tempel in die Morde verwickelt war. Das war zwar nicht viel, aber es war seiner Meinung nach ein Anfang.
    Die anderen erhoben sich von ihren Stühlen, um die Loge zu verlassen. Durge öffnete die Tür und trat als Erster hinaus, um sicherzugehen, dass keine Gefahr drohte. Der große, gewundene Korridor war dicht bevölkert. Priester und Priesterinnen eilten mit wehenden Roben vorbei.
    Etwas erregte Durges Aufmerksamkeit. Zwanzig Schritte weit entfernt eilte eine Gruppe aus drei Priestern den Korridor entlang. Sie bewegten sich gegen den Strom der Menge, vom Eingang der Etherion fort. Die drei Priester trugen dunkelgraue Roben, die mit einem wirren Muster aus schimmernden Fäden bestickt waren. Durge konnte sich nicht erinnern, in der Etherion graue Roben gesehen zu haben oder dass graue Flaggen geschwungen worden waren. Wer waren diese Priester? Die drei eilten zu einem Torbogen, der zu einer Treppe führte; ihre von Kapuzen verhüllten Köpfe waren gesenkt, als wollten sie nicht erkannt werden. Dann verschwanden sie in dem Torbogen.
    Die anderen betraten den Korridor. Durge wandte sich Melia zu, um sie nach den drei Priestern in Grau zu fragen, aber bevor er dazu kam, schoss sie schon den Korridor entlang.
    »Hier entlang«, verkündete sie. »Ich möchte mit Orsith sprechen.«
    Sie fanden den alten Priester nicht weit von seiner Loge, wo er sich auf den Arm des jungen Landus stützte. Das überraschte Durge, denn als Orsith im Tempel von Mandu in der Luft geschwebt hatte, war er so anmutig erschienen. Aber als er jetzt gezwungen war, sich auf herkömmlichere Weise zu bewegen, ging er langsam und mit gekrümmtem Rücken, und seine Finger an Landus’ Arm erschienen so dünn wie Zweige.
    Melia schaute traurig drein, und irgendwie wusste Durge, was ihr gerade klar geworden war: Diese Reise nach Tarras würde vermutlich die letzte sein, die sie zu Orsiths Lebzeiten unternehmen würde. Wie war das wohl für Wesen wie Melia und Falken, die so viele Bekannte, an denen ihnen etwas lag,

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