Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
Vom Netzwerk:
und Hörnern einer Ziege, einem anzüglichen Grinsen und einem monströsen Phallus.
    Lirith ging an dem Mysterienverkäufer vorbei. Vielleicht irrte sie sich ja, vielleicht waren sie nicht hier. Vielleicht hatten die Neuen Götter sie von diesem Ort vertrieben.
    Aber du weißt, dass das nicht stimmt, Schwester. Sia ist überall, sogar in dieser Stadt, wo die Neuen Götter Hof halten.
    Sie ging weiter. Gesichter in einem Dutzend verschiedener Farben kamen ihr entgegen, einige so dunkel wie ihres, einige noch dunkler. Es war einige Zeit her, seit Lirith Menschen mit ähnlicher Hautfarbe gesehen hatte. In Corantha hatte es ein paar von ihnen gegeben, in den Domänen eher weniger. Ob sie wohl mit einigen dieser Menschen verwandt war?
    Aber das würde sie niemals erfahren. So wie sie ihre Eltern niemals nach ihrer Herkunft befragen konnte. Sie wusste nur, dass Toloria nicht immer ihre Heimat gewesen war, dass sie vor Liriths Geburt von einem anderen Ort gekommen waren. Und das war alles, was sie je wissen würde.
    Sie kam zu einem schmutzigen Platz, wo mit Lumpen bekleidete Kinder vor rotgesichtigen Händlern flüchteten und Frauen an einem schlammigen Springbrunnen Tonkrüge füllten. Auf der einen Seite des Platzes saßen ein paar Männer und Frauen auf den Pflastersteinen und lehnten an einer Wand. Zuerst hielt Lirith sie für Tagelöhner, die Mittagspause machten. Dann kam sie näher heran und sah, dass es nicht stimmte.
    Ihre Augen waren weder geöffnet noch geschlossen; sie waren stumpf, blind. Ihre Glieder waren Stöcke in dreckigen Kleidern, Fliegen krochen über von der Sonne verbrannte Gesichter. Jeder von ihnen lächelte mit purpurnen Lippen, als würden sie eine Szene betrachten, die sie selig machte. In den schlaffen Händen hielten sie primitive Holzschalen.
    Auf eine seltsame Weise angezogen, griff Lirith nach der Weltenkraft und suchte die Lebensfäden dieser Menschen. Übelkeit schoss in ihr hoch; ihr Geist zuckte zurück. Sie hatte die Fäden dieser Männer und Frauen gesehen; sie waren schwarz und verkümmert.
    »Einen Becher, Herrin?«, fragte eine heisere Stimme.
    Vor ihr stand ein Mann. Einst war er vielleicht recht ansehnlich gewesen, aber Fäulnis hatte ihm die Zähne geraubt, und die Haut seines Gesichts schien seltsam schlaff zu sein, als würde sie kaum auf seinem Schädel haften. Ein süßlicher Geruch ging von ihm aus. Verfall. Seine Lippen waren purpurn verfärbt, genau wie bei den anderen.
    »Was?«, stieß sie hervor.
    »Es ist ein neuer Trank, Herrin, wie Ihr ihn noch nie zuvor gekostet habt.« Er hielt ihr einen kleinen Holzbecher hin. »Manche nennen es das Elixir der Vergangenheit. Nehmt es zu Euch, und all Eure schönsten Erinnerungen werden vor Euch erscheinen, als wären sie nie verblasst. Ihr könnt Eure Vergangenheit immer wieder durchleben.«
    Ekel stieg in ihr auf. Die Vergangenheit immer wieder erneut zu erleben. »Nein«, sagte sie und würgte.
    Sie stieß den Mann zur Seite. Doch er schien es gar nicht zu bemerken, als er seinen Becher dem nächsten Passanten anbot. Der Mann trennte sich von einer Münze und nahm den Becher. Lirith schluckte den sauren Geschmack in ihrem Mund herunter und floh von dem Platz, überließ die verkümmerten, leeren Menschen ihren Visionen der Vergangenheit.
    Schließlich ließ die Übelkeit nach, und sie versuchte es in einer anderen Straße. Der Nachmittag nahm seinen Verlauf; sie durchsuchte die Stadt nun schon den ganzen Tag. Zweifellos würden sich die anderen fragen, wo sie war, da sie Aryn lediglich gesagt hatte, sie würde einen Spaziergang machen.
    Wo würdest du in dieser Stadt hingehen, Schwester? Dort solltest du sie suchen.
    Sie hatte diesen Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als ihr Blick auf einen schmalen Torbogen in einer Steinmauer fiel. Dahinter befand sich ein dunkler, grüngoldener Ort. Wie davon angezogen ging sie hin.
    Da war ein Eisentor, hinter den Gitterstäben war ein Garten zu sehen. Dort war es kühl und voller Schatten, eine smaragdgrüne, mit kupferfarbenen Flecken durchsetzte Grotte. Lirith drückte gegen das Tor, aber es bewegte sich nicht. Es musste verschlossen sein.
    Sie sah genauer hin. Es war verschlossen, aber nicht mit Holz oder Metall. Stattdessen wanden sich Schlingpflanzen um die Gitterstäbe und hielten das Tor. Aber das ergab keinen Sinn. Das Tor hätte seit vielen Tagen verschlossen sein müssen, um den Schlingpflanzen Gelegenheit zu geben, es derart zu überwuchern, aber der dahinter befindliche

Weitere Kostenlose Bücher