Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter
erkannte, wenn er einen sah.
Mitchell hob sein Gewehr. »Ich habe Ihren Leuten schon einmal gesagt, sie sollen mit ihren Tricks Schluss machen und sich hier nie mehr blicken lassen. Ich meine es ernst.«
Trotz des Gewehrs, das auf seine Brust gerichtet war, trat der dunkelhaarige Mann näher. »Sie haben die Vertreter unserer Firma falsch verstanden, Mr. Favor. Rancher zu sein ist ein hartes Geschäft – heutzutage härter denn je, wie Sie bestimmt wissen. Waren Sie neulich nicht gezwungen, wegen der niedrigen Viehpreise eine zweite Hypothek auf Ihren Besitz aufzunehmen?«
Mitchell erstarrte. Verdammt noch mal, woher wussten sie das?
Der Mann spreizte die Arme. »Sie sehen, wir wollten Ihnen nur helfen.«
Davis schnaubte; sein Grinsen war verschwunden. »Sie meinen, wie Sie Onica McKay geholfen haben?«
Als Mitchell zu McKays General Store gegangen war, um sich eine Jeans zu kaufen, hatte Onica seltsam still gewirkt, als sie die Hose bongte. Erst ein paar Tage später hatten sie von einem der Hilfskräfte erfahren, dass sie ihre vertraglichen Zahlungen nicht mehr leisten konnte und Duratek den Laden übernommen hatte. Onica war nun eine Angestellte, die in dem Geschäft, das ihr Urgroßvater aufgemacht hatte, den Mindestlohn bekam. Das war die Hilfe, die Duratek anbot.
Der Mann seufzte schwer. »Niemand ist trauriger als wir, wenn eine unserer Vereinbarungen nicht funktioniert. Aber Vertrag ist Vertrag. Als Geschäftsmann verstehen Sie das sicher.«
Mitchell hatte jetzt genug davon. »Ich habe Ihnen gesagt, ich werde nie einen Ihrer Verträge unterzeichnen. Und jetzt …«
Der hellhaarige Mann hob eine Hand. »Nein, nein, Mr. Favor. Wir wollen keinen Vertrag mit Ihnen abschließen. Wir hatten Gelegenheit, die Zahlen Ihres kleinen Unternehmens hier zu überprüfen. Unser früheres Angebot wurde irrtümlich gemacht und zurückgezogen. Wir interessieren uns für etwas ganz anderes.«
»Sagen Sie uns bitte«, warf der Asiate ein, »ob Sie einen Mr. Travis Wilder kennen? Er war bis vor kurzem Inhaber des Mine Shaft Saloon in Castle City.«
»Was wollen Sie von Travis?«, sagte Mitchell und zuckte dann zusammen. Ein Blick von Davis verriet ihm, was er bereits gemerkt hatte: Er hatte diesen Männern gerade verraten, dass er Travis in der Tat kannte.
»Wissen Sie«, sagte der Dunkelhaarige, »wie Ms. McKay hat auch Mr. Wilder einen Vertrag mit uns unterschrieben. Doch seit ein paar Monaten erfüllt er seine vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr. Dann brannte der Mine Shaft angenehmerweise ab, und Mr. Wilder verschwand.«
»Starb, meinen Sie«, sagte Davis. Er hielt den Revolver wieder in der Hand.
Der nordische Typ zuckte mit den Schultern. »Das ist eine Erklärung. Ich bezweifle, dass sie zutrifft.«
»Verstehen Sie«, fuhr der andere fort, »wir haben Grund zu der Annahme, dass Mr. Wilder nicht tot ist, dass er die Zerstörung des Mine Shaft absichtlich arrangierte, um den finanziellen Verpflichtungen unserer Firma gegenüber nicht mehr nachkommen zu müssen.«
»Das ist gelogen«, fauchte Mitchell.
Trotzdem erschütterten die Worte ihn. Was, wenn sie der Wahrheit entsprachen? Schließlich lebte T ravis ja noch. Was, wenn Travis wirklich einen Vertrag mit Duratek unterzeichnet hatte? Hatte er deshalb nicht gesagt, von wo aus er anrief?
Den anderen musste seine Reaktion aufgefallen sein.
»Wissen Sie etwas, Mr. Favor?« sagte der Schwarzhaarige. »Dann sollten Sie es uns jetzt sagen. Wir können uns problemlos eine Vorladung für eine eidliche Zeugenaussage besorgen. Sie wissen bestimmt, dass es strafbar ist, unter Eid zu lügen. Und Sie scheinen ein gesetzestreuer Mann zu sein, Mr. Favor.«
Die Stimme des anderen war ruhig und vernünftig. Und die Lage der Ranch war zurzeit prekär. Sie konnten sich auf keinen Fall einen Rechtsanwalt leisten. Und Travis’ Verhalten war in der Tat seltsam …
Er wollte gerade den Mund öffnen, als das Klicken einer Revolvertrommel ihn aufhielt. Davis hatte seine Waffe auf die beiden Männer gerichtet; der Hammer war gespannt.
»Dann will ich Ihnen eine kleine Lektion über das Gesetz geben«, sagte Davis. »Sie begehen Hausfriedensbruch.«
Mitchell nickte. Er hatte sich diesen Wölfen zum Fraß vorwerfen wollen, doch die Macht, die ihre glatten Worte über ihn hatten, war verflogen. Er lud das Gewehr durch und sah am Lauf entlang.
»Bei drei, Davis.«
»Eins«, sagte Davis.
Der Dunkelhaarige streckte eine Hand aus. »Davis, Mitchell – Sie müssen mir
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