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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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ein riesiges, skelettähnliches Gebilde, zusammengeschmiedet aus Stahlträgern, in den Himmel. Dann entrollte der Wind die Fahne, die an der Seite der Baustelle hing:
    BALD AUCH IN DENVER
DIE STAHLKATHEDRALE
Alles, was Sie suchen,
wartet direkt hinter der nächsten Ecke   …
    Also war es eine dieser riesigen neuen Megakirchen. Je größer, desto besser, war das heutzutage die Philosophie, ganz gleich, was man verkaufte? Wenn doch nur die Worte auf der Fahne zuträfen, wenn das, was er suchte, tatsächlich direkt hinter der nächsten Ecke läge. Aber ob er Bruder Cy nun fand oder nicht, sie konnten nirgendwo hin, bis Beltan aufwachte. Und obwohl Travis die Hoffnung nicht aufgeben wollte, ließ sich einfach nicht vorhersagen, wann das sein würde.
    Fast jede Nacht, normalerweise gegen zwei Uhr morgens, wenn es endlich etwas ruhiger und stiller wurde, legte er seinen Mopp zur Seite und ging zu Beltans Zimmer. Jedes Mal war er betroffen, wie zerbrechlich der Ritter unter dem Gewirr von Schläuchen und Drähten aussah. Beltan hatte stets gesagt, er sei Travis’ Beschützer, aber Travis war klar, dass es jetzt genau andersherum war. Doch irgendwie war es ein tröstliches Gefühl: Er ertrug es, der Stärkere zu sein.
    Jede Nacht betrachtete er ihn eine Weile – ein paar Minuten, vielleicht mehr –, um zu sehen, ob der blonde Mann sich irgendwie bewegte, wie schwach auch immer. Er wusste, dass Beltan ihn liebte. Das hatte der Ritter ihm einmal in Perridon zu sagen versucht, doch Travis hatte es nicht hören können, da er gerade die Rune des Feuers zurück auf Meister Eriaun gerichtet und in seinen Ohren das Tosen der Flammen geschallt hatte. Erst als Beltan sterbend auf Schloss Spardis lag, als der Ritter ihn mit blutigen Lippen geküsst hatte, hatte Travis endlich begriffen.
    Was das bedeutete, war eine ganz andere Frage. Nacht für Nacht stand Travis über Beltan, versuchte sich vorzustellen, wie jemand tatsächlich ihn und ob er einen anderen lieben konnte, versuchte herauszufinden, ob das überhaupt möglich war. Dann hatte Travis sich schließlich – vielleicht in einem Akt der Verzweiflung – einfach gebückt und seine Lippen auf die Beltans gedrückt.
    Es war so einfach gewesen, dass er fast gelacht hätte. Der Blitzschlag blieb aus, die große Enthüllung, jeglicher Widerstand, das plötzliche Erwachen. Haut berührte einfach Haut. Warum hatte er etwas anderes erwartet? In all seinen nächtlichen Träumereien hatte er sich so versessen gefragt, ob er Beltan lieben konnte, dass er gar nicht daran gedacht hatte, sich die einfache Frage zu stellen, ob er ihn auch tatsächlich liebte. Und was die Antwort betraf … nun ja …
    Wie ein dunkler Vogel flatterte etwas am Rand von Travis’ Blickfeld. Er schaute auf.
    Die Frau stand keine zehn Meter entfernt von ihm im Park, mitten auf einer kahlen Betonfläche. Sie war groß und geschmeidig, ihr Körper war mit eng sitzendem schwarzem Leder bekleidet. Breitbeinig stand sie da, die Stiefel mit hohen Absätzen fest aufgesetzt. Kurzes, dunkles Haar schmiegte sich seidig an ihren Kopf, und das bronzene Oval ihres Gesichts zeigte einen ernsten Ausdruck. Sie stand ohne die geringste Bewegung da und betrachtete ihn mit goldenen Augen.
    Travis atmete tief ein. Wer bist du?, wollte er sagen. Doch bevor auch nur ein Geräusch über seine Lippen kam, kräuselte sich die Luft um die Frau und klappte zusammen, und sie war verschwunden.

21
    Mitchell Sheridan Burke-Favor setzte sich im Bett auf, starrte in das steinfarbene Licht zwischen Nacht und Morgen und wartete darauf, dass der Wecker neben dem Bett klingelte.
    Es würde nicht mehr lange dauern. Das Leben auf der Ranch fing lange vor der Dämmerung an, ganz gleich, welche Jahreszeit man schrieb. Die Hilfskräfte würden bald auftauchen und auf der Suche nach Frühstück in die Küche trampeln. Dann mussten sie die Pferde füttern und satteln, das Vieh von den Weiden zu den Wasserstellen treiben und meilenlange Zäune instand setzen. Je früher sie anfingen, desto früher waren sie fertig.
    Nicht, dass Mitchell etwas gegen ein paar Minuten Schlaf mehr einzuwenden gehabt hätte. Bei Gott, er war ziemlich müde. Während die Jahre immer kürzer zu werden schienen, schien sich jeder einzelne Arbeitstag irgendwie länger auszudehnen. Aber so müde er auch war, er konnte, verdammt noch mal, keine Nacht mehr durchschlafen. Er dachte ständig an den Viehpreis, daran, wie viel Stück sie verkaufen mussten, um es durch den Winter

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