Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter
hatte. Boreas lauschte ohne Unterbrechung, manchmal sah er sie an, manchmal schaute er ins Feuer. Gelegentlich nickte er, als hätten ihre Worte eine seiner Ansichten bestätigt. Und mehr als einmal starrte er sie auch erstaunt an.
Aber seit ihrem Aufbruch von Calavere war sie vor Wesen aus Feuer geflohen, hatte mit einem Nekromanten an seiner Tafel gegessen und war Zeugin der Geburt einer Göttin gewesen. Sie war zur ältesten Stadt von Falengarth gereist, hatte mit Göttern und Kaisern gesprochen und vor einem körperlosen, aus Blutmagie geborenen Bösen gezittert. Sie selbst war etwas erstaunt. Hatte sie diese Dinge wirklich alle erlebt?
Das hatte sie. Und wenn sie daran dachte, was sie alles überlebt hatte, dann war ihr klar, dass im Vergleich dazu eine so lächerliche Sache wie eine vom König befohlene Heirat ihre Furcht nicht wert war.
Während ihres Berichts war es beunruhigend einfach, alles auszulassen, was die Hexen betraf. Sie tat es, ohne eigentlich darüber nachzudenken. Der Große Hexenzirkel, die Entscheidung, nach Travis Runenbrecher Ausschau zu halten, die Vervollkommnung ihrer eigenen Kräfte – ihre Zunge tänzelte um alle diese Dinge so mühelos herum, als hätte es sie nie gegeben. Tatsächlich war es so einfach, dass sie sich fragte, ob ihre Worte nicht von der Macht des Musters gelenkt wurden, das dafür sorgte, dass nichts von den Plänen oder Überzeugungen der Hexen diesem Krieger enthüllt wurde, der ihr da gegenübersaß.
Nachdem sie zum Ende gekommen war, schaute der König weiter ins Feuer. Sie fragte sich, was er in den Flammen sah.
»Es kommt ein Krieg, Mylady«, sagte er mit leiser Stimme, und vielleicht war das die Antwort auf ihre Frage. Er stand auf und fing an, auf und ab zu gehen. »Ich bin sicher, Sir Tarus hat Euch von Anzeichen der Unruhen erzählt, die wir bemerkt haben. Die Schwarzen Ritter, von denen wir weder ihre Motive noch ihren Herrn kennen, beherrschen mittlerweile sowohl Erelegond als auch Eredane. Darüber hinaus balanciert König Sorrin von Embarr nicht länger am Rand des Wahnsinns, sondern ist kopfüber in den Abgrund gestürzt. Er hat seine Unterstützung für den Orden von Malachor zurückgezogen, und nun sind die malachorianischen Ritter beträchtlich geschwächt.«
Aryn hatte nicht gesehen, dass er ihn zur Hand genommen hatte, aber jetzt hielt Boreas einen Dolch, mit dem er gedankenverloren spielte, während er weitersprach. »Sicher, nicht alles, was vor einem Jahr beim Rat der Könige an Gutem zu Stande gekommen ist, ist gescheitert. Galt steht noch immer an unserer Seite, auch wenn es die kleinste aller Domänen ist. Und ich bin davon überzeugt, dass unsere Allianz mit Ar-Tolor bald stärker als je zuvor sein wird. Ich zähle auch die neue Königin von Perridon zu den engen Verbündeten, auch wenn ihre Domäne allen Berichten zufolge von der Seuche im Sommer verwüstet wurde und es Jahre dauern wird, bis Perridon seine alte Stärke zurückerlangt hat.
Und das ist nicht alles, Mylady. Unter dem gemeinen Volk gibt es eine wachsende Unruhe, genau wie zur letzten Wintersonnenwende. Sie flüstern von Geschöpfen, die die Nacht heimsuchen und Kinder aus ihren Betten stehlen, von dunklen Wolken, die gegen den Wind durch den Nachthimmel fliegen, und von seltsamen Lichtern, die in den Tiefen der Wälder flackern, wo niemand lebt. Die wenigen Ritter, die dem Orden verblieben sind, verbringen ihre ganze Zeit damit, solche Geschichten zu untersuchen und die Leute davon abzuhalten, in Panik zu verfallen.«
Seine Worte machten Aryn sprachlos. In der Vergangenheit hatte der König nie so offen mit ihr über seine Ängste oder Sorgen gesprochen. »Und was haltet Ihr von dem Ganzen, Euer Majestät?«
»Ich habe mich eigentlich gefragt, was Ihr davon haltet. Mylady! Schließlich gibt es viel, was Ihr mit eigenen Augen gesehen habt, das ich nur vermuten konnte. Aber ich will Euch sagen, was ich glaube. In der Nacht der Wintersonnenwende wurde ein Unheil abgewandt, aber nur mit Mühe, und es wurde nicht vernichtet. Und jetzt deuten alle Zeichen auf eine Sache: Das Böse regt sich erneut, stärker als je zuvor.«
Mit einer schnellen Bewegung rammte er den Dolch in den Tisch in der Mitte des Raums. Die Klinge sank in das Holz, als wäre es Käse, und blieb zitternd dort stecken. Unwillkürlich dachte Aryn darüber nach, wie leicht ihm das gefallen war. War er wirklich so begierig auf den Kampf?
Boreas kam auf sie zu. Obwohl sie es nicht wollte, sank sie in dem
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