Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters
öffnete.
»Nehmt Eure Hände von mir, Hexe!«, ertönte die Stimme des Prinzen aus dem Inneren des Raums.
Sareth grinste. »Es geht ihm besser.«
Aryn trat ein, und Sareth schloss hinter ihr die Tür. Teravian lag im Bett, und Lirith beugte sich über ihn. Es schien ein Kampf stattzufinden. Lirith wollte die Decke herunterziehen, und der Prinz hielt sie eisern oben.
»Ihr werdet mich mit keinem Zauber mehr verhexen.«
»Ich habe Euch doch gesagt, ich will mir bloß Euer Herz anhören. Ich webe keine Zauber.«
»Da bin ich aber anderer Meinung.«
Lirith warf die Hände in die Luft. »Das ist doch absurd. Was soll ich dem König sagen? Dass ich seinen Sohn sterben ließ, nur weil er darauf bestand, sich aus welchem Grund auch immer unter der Bettdecke zu verstecken?«
Das hier geriet außer Kontrolle. Lirith sah aus, als würde sie gleich auf Teravian einschlagen, und der junge Mann erweckte den Eindruck, sich kräftig wehren zu wollen.
Aryn berührte ihre Schulter. »Schwester, würdest du bitte kurz mit Sareth und mir sprechen?«
Lirith warf dem Prinzen noch einen bösen Blick zu, dann folgte sie Aryn und Sareth in einen Nebenraum. Aryn drückte die Tür ins Schloss.
»Was ist hier los?«, fragte sie.
Die dunkeläugige Hexe stieß einen frustrierten Laut aus. »Der Prinz hat plötzlich entschieden, dass ich seine Person nicht berühren darf.«
»Ich verstehe das nicht. Er hat doch so für dich geschwärmt, Lirith. Man sollte annehmen, dass es ihn freut, wenn du ihn anfasst.«
Sareth räusperte sich. »Verzeiht mir, meine Damen, aber es ist offensichtlich, dass keine von euch weiß, wie es ist, ein junger Mann zu sein und dann mit jemandem konfrontiert zu werden, den man verehrt, in diesem Alter könnte er gewisse Reaktionen nicht unter Kontrolle haben.«
Aryn schüttelte den Kopf. »Was meint Ihr?«
Sareth strich sich über den Spitzbart. »Lasst es mich so ausdrücken: Er könnte befürchten, dass seine Aufregung deutlich zu sehen ist, wenn Lirith ihn untersucht.«
Aryn schlug eine Hand vor den Mund, aber sie wusste selbst nicht, ob sie ein schockiertes Stöhnen oder ein Lachen unterdrücken wollte.
»Oh, ich bin schrecklich«, sagte Lirith und warf sich stöhnend auf einen Stuhl. »Daran habe ich nicht gedacht. Er muss ja völlig entsetzt sein. Sareth, kannst du nicht helfen?«
Sareth öffnete die Tür und steckte den Kopf heraus. »Euer Majestät, wie wäre es, wenn ich Euer Herz abhöre, während die Damen hier im Raum bleiben, und ich Lady Lirith dann berichte, was ich gehört habe?«
Teravian nickte – die Decke bis unters Kinn gezogen – und schenkte dem Mournisch einen dankbaren Blick.
Minuten später kam Sareth zurück und berichtete, dass der Herzschlag des Prinzen regelmäßig war. Er klopfte den Rhythmus so auf Liriths Handgelenk, wie er es gehört hatte, und sie war zufrieden, dass alles in Ordnung war.
»Wie es aussieht, befindet Ihr Euch auf dem Weg der Besserung, Euer Majestät«, sagte Lirith und berührte sanft seine Stirn.
Teravian seufzte, dann schaute er Aryn böse an. »Was gibt es da zu glotzen?«
Sie lächelte. »Nichts, Euer Majestät.«
Ihr Lächeln verschwand. Es war noch immer kaum zu glauben, dass Ivalaine tatsächlich die Mutter des Prinzen war. Aber jetzt, wo sie wusste, dass sie nach Ähnlichkeiten Ausschau halten musste, sah sie es in seinen Augen und dem sanften Schnitt seiner Züge.
»Ich komme morgen Früh noch einmal«, sagte Lirith zu dem Prinzen. »Bis dahin möchte ich, dass Ihr …«
Fanfaren erschollen vor dem Fenster des Gemachs, leise, aber deutlich zu hören. Waren noch mehr Krieger am Schloss eingetroffen?
Sareth ging ans Fenster und zog den Vorhang zur Seite. »Lirith, Aryn – ihr solltet euch das besser ansehen.«
Die Frauen eilten zu ihm. Aryn hörte Lirith aufstöhnen, dann erkannte sie das Banner, das über der kleinen Gruppe flatterte, die auf das Schloss zuritt, und Entsetzen erfasste sie.
»Sie ist da«, murmelte Teravian hinter ihnen.
Er lag im Bett. Er hatte unmöglich aus dem Fenster sehen können, er hatte unmöglich das gelbgrüne Banner sehen können, das über den Reitern flatterte.
Das ist das Banner von Toloria. Aber wer benutzt es? Die Königin ist bereits hier.
Einen hoffnungsvollen Augenblick lang glaubte sie, dass es sich um Lady Tressa handelte, die loyale Beraterin der Königin, die gekommen war, um Ivalaine in ihrem Wahnsinn zu betreuen. Dann packte Lirith ihren Arm.
»Liendra«, flüsterte sie. »Es ist
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