Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste
paar verstohlene Bilder von der Statue zu schießen, bevor sie sich zurückzogen. Über ihren Köpfen hoben sich riesige Neonschilder von dem bedeckten Junihimmel ab und schimmerten wie aus tausend magischen Juwelen gemacht.
Nach mehreren schnellen offensiven Fahrmanövern – und einigen weiteren kommentierenden Gesten anderer Fahrer – hatte Beltan den Kreis verlassen und fuhr die Piccadilly Street entlang in Richtung Mayfair und seinem Zuhause. In London Taxi zu fahren war definitiv eine Aufgabe für einen Krieger. Trotzdem war es nicht Beltans erste Wahl gewesen.
Nach ihrer Ankunft war er davon ausgegangen, sich der Armee anzuschließen. Frieden war bloß die Zeit, in der ein Krieger vor der nächsten Schlacht sein Schwert schärfte, lautete ein altes Sprichwort, und Beltan wollte sichergehen, dass sein Schwert – und sein Verstand – geschärft blieben.
Er wusste, dass dieses Land eine Königin hatte. Ohne jeden Zweifel war sie gut und gerecht, denn dieses Land war frei und blühte. Also entschied er sich, ihr einen Besuch abzustatten, das Knie zu beugen und ihr sein Schwert anzubieten. Aber als er zu ihrem Palast gekommen war, hatten ihm die Wächter am Tor finstere Blicke zugeworfen, als er erklärte, der Königin seinen Schwertarm zur Verfügung stellen zu wollen, und war zu einem schnellen Rückzug gezwungen worden.
Danach hatte er ein paar Fragen gestellt und erfahren, dass man einfach in die Armee eintreten konnte, indem man mit einem der Befehlshaber sprach und ein Stück Papier unterschrieb. Er besuchte einen dieser Befehlshaber – sein Rang war Sergeant. Er war ein dicklicher Mann und sah nicht so aus, als hätte er in letzter Zeit sein Schwert geschwungen, aber Beltan behandelte ihn ehrerbietig. Er verbeugte sich, dann informierte er den Sergeanten darüber, dass er sein ganzes Erwachsenenleben beim Militär verbracht hatte, dass er Anhänger von Vathris und dem Ruf des Stiers gefolgt war.
Der Sergeant schien nicht zu wissen, womit er es hier zu tun hatte, was eigentlich seltsam erschienen war, aber Beltan hatte es erklärt und das Gesicht des Mannes war puterrot geworden.
»In letzter Zeit hatten wir mit solchen Dingen genügend Probleme«, hatte er kopfschüttelnd gesagt. »Auf Wiedersehen!«
Als Beltan später ein Bier in einem Pub trank, in dem andere Männer zusammenkamen, die den Ruf des Stiers vernommen hatten, hatte er die Geschichte erzählt, und der Bartender hatte gesagt, dass ihn das nicht überraschen würde, dass an den meisten Orten dieser Welt Männer wie sie beim Militär nicht willkommen waren.
Beltan erschien das wie blanker Unsinn. Die Generäle dieses Landes konnten es nicht für besser halten, Männer in die Schlacht zu schicken, die Familien zurücklassen würden, statt Männer, die sich in der Gesellschaft ihrer Kameraden wohl fühlten und keine vaterlosen Kinder zurückließen, falls sie nicht aus dem Krieg heimkehrten.
Und hast du kein Kind, Beltan?
Er bog mit dem Taxi in eine schmale Straße ein und musste sich konzentrieren, um den Wagen in eine Parklücke zu quetschen, die nur vier Handspannen länger als der Wagen selbst war. Zweifellos waren von Elfen verbesserte Sinne eine praktische Sache, wenn man rückwärts einparken musste.
Beltan nahm sich einen Moment Zeit, um das Taxi aufzuräumen, und benutzte eine Zeitung, um den Kuchen vom Rücksitz zu wischen. Dabei stach ihm die Schlagzeile ins Auge: ANOMALIE AM HIMMEL WIRD GRÖSSER!
Der Artikel beschäftigte sich mit der dunklen Stelle am Himmel, die man vor einigen Monaten entdeckt hatte. Beltan hatte diesen dunklen Punkt nie selbst zu Gesicht bekommen – Londons helle Lichter erhellten den Nachthimmel zu sehr –, aber er hatte eine Reportage auf dem Wonder Channel gesehen. Gelehrte Männer namens Astronomen hatten den Punkt mit Hilfe riesiger Ferngläser entdeckt, die sie weit in den Himmel sehen ließen. Sie verstanden nicht, was diese Dunkelheit verursachte; manche waren der Ansicht, es handele sich um eine riesige Staubwolke, aber dieser Zeitung zufolge hatte sie gerade den Blick auf zwei weitere Sterne verdeckt, und ihre Wachstumsrate schien sich zu steigern. Bald würde man sie mit bloßem Auge sehen können, selbst in London.
Obwohl die Astronomen des Artikels behaupteten, die Anomalie sei zu weit weg, um die Erde beeinflussen zu können – sie befände sich noch hinter dem äußersten Planeten –, behaupteten einige Leute, der Punkt würde wachsen, bis er Sonne, Mond und alles andere
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