Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste
von Deirdre ab, rieb sich mit der Hand das Gesicht, aber nicht schnell genug, so dass sie die Tränen sehen konnte, die ihm die Wangen hinunterliefen.
»Aber, aber«, sagte Anders, »das klingt aber nicht besonders kriegerisch. Ich glaube nicht, dass Vathris ein solches Gerede gefallen würde.«
»Und was wissen Sie über Vathris?«, knurrte Beltan.
Anders zuckte mit den breiten Schultern. »Nicht viel, wie ich gestehen muss. Nur das, was Sie in Ihren Berichten für die Sucher niedergeschrieben haben.«
Beltan zuckte zusammen. »Es ist egal, was Vathris denken würde. Es gibt nichts, was ich tun könnte.«
»Sie klingen da ziemlich sicher. Aber vielleicht sollten Sie mal einen Augenblick lang aufhören, darüber nachzudenken, was Sie tun können und was nicht. Warum sagen Sie mir nicht, was Sie tun wollen?«
»Was glauben Sie wohl, was ich tun will?« Beltan ballte die Hände zu Fäusten, ging auf den Sucher zu. »Ich will ihnen folgen. Ich will sie finden und ihnen helfen!«
Anders grinste. »Na, das klingt nach einem Mann von Vathris.«
Beltan blinzelte, und einen Augenblick war da Verblüffung, die die Qual ersetzte, gefolgt von Scham. »Sie haben Recht. Solange ich am Leben bin, muss ich nach einer Möglichkeit suchen, sie zu finden.« Er schenkte Anders einen Blick voller widerwilligem Respekt. »Wissen Sie, Sie würden einen guten Krieger abgeben.«
Anders blinzelte ihm zu. »Das habe ich schon hinter mir, Kollege. Ich gehöre jetzt zur Führungsetage, nicht mehr zu den Muskelmännern.«
»Krieger können führen.«
»Vermutlich schon«, erwiderte Anders nachdenklich.
Sie setzten sich an den Tisch, um den sie sich schon in der Nacht versammelt hatten. Deirdre ließ Lewis kommen, und der Butler brachte eine Platte mit Sandwiches sowie Kaffee und neue Tassen. Er räumte die Porzellanscherben weg, ohne auch nur im Geringsten die Miene zu verziehen, dann verließ er lautlos das Zimmer. Um als Butler für die Sucher arbeiten zu können, musste man schnell lernen, keine Fragen zu stellen.
»Ich fühle mich seltsam«, sagte Beltan. »Es ist, als würde mein Inneres aus Wasser bestehen, nicht aus Muskeln und Knochen. Ich will mein Schwert schwingen, aber es gibt nichts, wogegen ich es schwingen könnte, und meine Hände zittern so stark, dass ich es vermutlich nicht einmal halten könnte. Was ist nur los mit mir?«
Obwohl sich Deirdre ebenfalls wie Wasser fühlte, musste sie lächeln. »Nichts ist los mit dir, Beltan. Du hast nur Angst, das ist alles. Willkommen im Club. So fühlen sich viele von uns die meiste Zeit.«
Er starrte sie ungläubig an. »Und trotzdem macht ihr weiter? Ihr müsst sehr mutig sein. Ich weiß nicht, ob ich stark genug bin, um das zu schaffen.«
»Vielleicht hilft ja ein Sandwich«, sagte Anders, nahm sich eines und schob die Platte zu Beltan hin.
»Das bezweifle ich«, sagte der große Mann und nahm sich drei Sandwichs auf einmal.
Aber das Essen schien tatsächlich zu helfen. Beltan gewann wieder etwas Farbe, und ein wildes Licht blitzte in seinen Augen auf, als sie weitersprachen.
»Ihr habt Recht«, sagte er mit vollem Mund. »Ich weiß, dass ich etwas tun muss, und das werde ich auch. Ich weiß bloß nicht was, oder wie ich das herausbekommen soll. Ich weiß bloß, dass ich irgendwie nach Eldh kommen muss.«
»Da gibt es vielleicht eine Möglichkeit«, murmelte Deirdre.
Erst als sie bemerkte, dass Beltan und Anders sie anstarrten, wurde ihr bewusst, dass sie laut gesprochen hatte.
Anders beugte sich vor. »Also gut, raus damit. Was geht in Ihrem kleinen cleveren Hirn vor?«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, nach Eldh zu kommen«, sagte Deirdre, »und das ist mit einem Weltentor.«
»Aber es gibt keine Tore«, sagte Anders. »Sie können darauf wetten, dass diese bösen Zauberer ihr Tor-Artefakt mitgenommen haben.«
»Sie vergessen das hier.« Deirdre nahm die Zeitung auf, die ihnen der geheimnisvolle Philosoph geschickt hatte.
»Also gut, es gibt ein anderes Tor«, sagte der Sucher verwirrt. »Aber die Zauberer haben auch das.«
»Nein, sie haben es nicht. Nicht komplett.« Deirdre konnte nicht glauben, dass sie das sagte. »Der Bogen ist ohne den Schlussstein nicht vollständig, und der befindet sich noch immer im Tresorraum unter diesem Stiftungshaus. Wenn wir irgendwie an den Torbogen herankommen könnten …«
Sie konnte den Satz nicht beenden. Sie hatten sich viel Arbeit gemacht, um ihn zu stehlen; sicherlich würden sie ihn nicht unbewacht lassen. Aber sie
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