Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste
hatte genug gesagt. Beltan sprang auf die Füße.
»Wir müssen den Scirathi den Torbogen wegnehmen!«
Anders hob eine Braue. »Na, das ist aber ein wagemutiger Plan, finden Sie nicht?«
»Das ist überhaupt kein Plan«, korrigierte Deirdre ihn, die ihr Bestes tat, um einen Rückzug zu machen. »Das ist bloß eine Möglichkeit, das ist alles. Eine sehr alberne, dumme, unwahrscheinliche Möglichkeit.« Aber es war zu spät; der Schaden war angerichtet.
»Es kann funktionieren«, sagte Beltan. »Es muss – es ist der einzige Weg.« Er erwiderte Deirdres Blick. »Versprich mir, dass du mir hilfst.«
Deirdre schluckte schwer. »Ich weiß nicht …«
Beltan gab ein Knurren von sich. »Du musst mir helfen, an dieses Tor zu kommen. Ich werde Travis nicht verlieren. Niemals!« Seine Hände zuckten; er stand auf und ging auf die griechische Urne zu.
Deirdre sprang auf und vertrat ihm den Weg. Plötzlich war sie sich nicht so sicher, dass das eine gute Idee gewesen war. Zweifellos würde sie einen genauso befriedigenden Knall wie die Urne machen, wenn sie gegen die Wand geworfen wurde. Er griff nach ihr.
Sie packte seine Hand, hielt sie fest. »Beltan, ich verspreche es. Ich schwöre es. Anders und ich werden dir helfen, einen Weg zu Travis zu finden, und wenn es das Letzte ist, was wir tun.«
Und möglicherweise war es das auch. Aber die Worte schienen ihn zu beruhigen. Er kehrte zum Tisch zurück, und Deirdre stieß den angehaltenen Atem aus. Hatte sie gerade wirklich ihr Leben angeboten, um eine alte Urne zu retten? Andererseits hatte sie nicht versprochen, den Scirathi das Tor abzujagen, sondern nur, dass sie Beltan helfen würden, Travis wiederzufinden.
Besteht da wirklich ein Unterschied? Du weißt, es gibt keinen anderen Weg nach Eldh.
»Ich will ja nicht der Regen sein, der die Parade verhagelt«, sagte Anders und trank einen Schluck Kaffee, »aber selbst angenommen, die Scirathi übergeben uns den Torbogen, wenn wir sie nett darum bitten, und selbst angenommen, der Schlussstein passt, wie sollen wir das Tor dann aktivieren? Falls ihr es vergessen habt, dazu braucht man besonderes Blut, das uns gerade ausgegangen ist.«
»Oh, das ist kein Problem«, sagte Beltan. »Ich habe seines noch.«
Er zog ein dunkles, zerknülltes Stück Stoff aus der Tasche. Es handelte sich um Anders' Jackenärmel, den Vani vergangene Nacht als provisorischen Verband benutzt hatte. Er war mit getrocknetem Blut verkrustet – Travis' Blut.
Anders stieß einen leisen Pfiff aus. »Krieger können also doch Verstand haben.«
»Will jemand das letzte Sandwich?«, fragte Beltan und griff nach der Platte, bevor auch nur einer von ihnen etwas sagen konnte.
21
Eine Stunde später saß Deirdre in dem Kellerbüro, das sie sich mit Anders teilte, an ihrem Schreibtisch. Beltan war eindeutig dafür gewesen, die Scirathi auf der Stelle anzugreifen, aber Anders hatte ihn davon überzeugt, sich zuerst einmal auszuruhen. Davon abgesehen hatten sie nicht die geringste Vorstellung, wo die Scirathi den Torbogen hingeschafft hatten, nachdem sie ihn auf Kreta gestohlen hatten. Er konnte überall auf der Welt sein.
Eigentlich hätte auch Deirdre Ruhe gebraucht. Sie hatte seit vierundzwanzig Stunden nicht mehr geschlafen, und Schlafentzug war nicht unbedingt hilfreich für eine erfolgreiche Recherche. Aber sie fühlte sich kribbelig und auf seltsame Weise hellwach. So dumm ihr Versprechen an Beltan auch gewesen war, sie bereute es nicht; sie wollte ihm helfen, Travis zu finden. Schließlich hatte Hadrian Farr einen Weg nach Eldh gefunden. Warum also sie nicht auch?
Geht es bloß darum, Deirdre?, fragte ein entrückter Teil von ihr – die weise Stimme, auf die sie nicht immer hörte, es aber besser getan hätte, die Stimme der Schamanin in ihr. Ist das alles nur ein Wettstreit mit Hadrian Farr? Er ist nach Eldh gereist, also musst du es auch?
Bevor sie darauf eine Antwort fand, stellte Anders ihr eine dampfende Tasse Kaffee hin.
»Nett, mich in Ihren Schwur mit einzubeziehen, Kollegin. Wie war das noch mal?« Er hob seine heisere Stimme zum Falsett. »Anders und ich werden dir helfen, einen Weg zu Travis zu finden, und wenn es das Letzte ist, was wir tun.«
Deirdre zuckte zusammen. »Tut mir Leid. Ich hatte keine Zeit zum Nachdenken. Ich habe eine kostbare Urne beschützt.«
»Schon gut«, erwiderte er und setzte sich auf die Schreibtischkante. »Ich will ja helfen. Verflucht noch mal, welcher vollblütige Sucher würde das nicht wollen?
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