Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste
habt?«
Die Zauberin machte ein gurgelndes Geräusch tief in ihrer Kehle.
»Ich weiß, dass du mich verstehen kannst. Du hast eben noch Englisch gesprochen. Jetzt antworte mir.«
Das Gurgeln verwandelte sich in Worte. »Ich werde euch gar nichts sagen.«
Da irrte sie sich. Die Droge in dem Pfeil war eine wirksame Mischung gewesen, die nicht nur dazu bestimmt war, den Körper zu lähmen, sondern auch den Verstand beeinflussbar und kooperativ machte.
»Wo ist der Torbogen, den ihr auf Kreta gestohlen habt?«, wiederholte Deirdre. »Wenn du es uns sagst, geben wir dir einen Tropfen von dem Blut. Von seinem Blut.«
Beltan starrte sie an, aber sie schüttelte bloß den Kopf.
»Ich weiß es nicht«, zischte die Zauberin. »Jetzt gib mir das Blut der Macht! Es wird mich heilen!«
Deirdre verhärtete ihre Stimme. »Du lügst.«
Die Scirathi murmelte etwas in einer Sprache, die sie nicht verstand, dann sprach sie wieder Englisch. »Ich weiß es nicht. Wir haben es ihnen gegeben, und sie nahmen es. Das war alles.«
Anders hob eine Braue, und Beltan gab ein leises Grunzen von sich.
»Sie haben für jemand anderen gearbeitet«, sagte Deirdre.
Beltan beugte sich über die Zauberin, nahm sie bei den Schultern. »Wem habt ihr den Torbogen gegeben? Sag es uns!«
Die Droge hatte jetzt ihre volle Wirkung entfaltet. Die Zauberin sprach schneller, plapperte beinahe, Speichel tropfte aus ihrem lippenlosen Mund. »Ich weiß nicht, wer sie sind. Es ist mir egal, wer sie sind. Der Torbogen hat keine Bedeutung mehr für uns. Wir brauchen kein Tor mehr. Die Welten nähern sich. Bald werden die Mauern zwischen ihnen zerbrechen, und wir werden zurückkehren. Wir werden uns das nehmen, was uns schon vor langer Zeit hätte gehören sollen. Und beide Welten werden vor der Macht der Scirathi erzittern.«
Anders stieß einen leisen Pfiff aus. »Das klingt nicht unbedingt wie ein Grund zum Feiern.«
Das stimmte. Die Worte der Zauberin ließen Deirdre frösteln, auch wenn sie sie nicht ganz begriff. Sie entschied, es mit einer anderen Taktik zu versuchen. »Wenn ihr so mächtig seid, warum dann das Tor für andere stehlen? Warum beugt ihr euch fremden Befehlen?«
»Wissen.« Die Zauberin wand sich in Beltans Griff. »Sie gaben uns Wissen, das wir nicht hatten. Wir wußten nicht, dass sie da war – wir haben es nicht einmal vermutet. Aber sie haben uns verraten, wo wir ihn finden können, ihn und das Blut des Skarabäus, das in ihm fließt. Wir suchten ihn, um ihn zu töten, damit er uns nicht im Weg steht. Aber stattdessen fanden wir sie. Sie ist wie ein perfektes Schmuckstück, unbezahlbar. Wir waren verblüfft, und so nahmen wir sie …«
»Nim!«, brüllte Beltan. »Wo ist sie? Wo habt ihr sie hingebracht?«
Er schüttelte die Zauberin so brutal, dass ihr Kopf hin und her flog, und Deirdre fiel ihm in den Arm und zwang ihn, damit aufzuhören. Wenn er sie tötete, würden sie nichts erfahren.
Die Zauberin stieß einen hohen, schrillen Laut aus. Zuerst glaubte Deirdre, es wäre Trauer. Dann begriff sie, dass es Gelächter war.
»Sie haben das Kind zur Finsteren gebracht«, krächzte die Zauberin. »Nach so langer Zeit werden alle ihre Geheimnisse uns gehören. Sie ist der Schlüssel, der den Weg öffnen wird …«
Deirdre beugte sich über die Scirathi. »Nim ist der Schlüssel, der den Weg wohin öffnet?«
»Ihm.« Ihr Kopf rollte hin und her, die Lider schlossen sich flatternd. Ihre Stimme erstickte beinahe in einem feuchten Gurgeln. »Der Torbogen … das Blut ist so nahe … die Sieben können nicht … weit sein.«
Sie verloren sie. »Die Sieben was?«, wollte Deirdre wissen und schüttelte die Zauberin jetzt selbst verzweifelt.
»Schlaf«, murmelte sie kaum hörbar. »Schlaf …«
Ihr Körper erbebte einmal, dann lag sie still da.
25
Die Sonne hämmerte auf sie ein wie eine geschmolzene Faust. Sie hielten sich erst wenige Minuten an diesem Ort auf, und Travis konnte bereits fühlen, wie sich seine Haut rötete. Er legte die Hand an die Stirn, um die Augen gegen das gleißende Licht zu beschatten, während er zum Kamm der Düne hinaufschaute.
»Kannst du von dort oben was sehen?« Die Luft trocknete seine Kehle und Lunge aus.
Eine dunkle Gestalt glitt von der dem Wind abgewandten Seite der Düne auf ihn zu. »Wir sind in Moringarth«, sagte Vani. »Da bin ich mir sicher. Wir sind nicht in der Einöde der Morgolthi, also sind unsere Umstände nicht so schlimm, wie sie sein könnten. Aber wir befinden uns ganz
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