Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste
und verschwand im Zwielicht.
Anders beugte sich aus dem Wagenfenster. »Funktioniert Ihr Funkgerät, Kollegin?«
Deirdre hielt das Gerät an den Mund, um es zu testen. Sie hörte ihre Stimme im Wagen ertönen. Sie hob den Daumen, dann schob sie das Funkgerät in die Jackentasche, neben einen anderen Gegenstand.
»Viel Glück«, sagte Anders und blinzelte.
Der Wagen schoss die Straße entlang. Es gefiel Deirdre nicht, ihn allein losfahren zu lassen, aber sie hatte keine andere Wahl, nicht, wenn dieser Plan funktionieren sollte. Außerdem war es zu spät für ihn, sie zu warnen. Wenn einer von ihnen Wache hielt, dann beobachtete er in diesem Augenblick Beltan, der die Tür zu seiner Wohnung aufschloss. Deirdre sah auf die Armbanduhr, ließ weitere dreißig Sekunden vergehen. Dann setzte sie sich in Bewegung.
Sie ging schnell den Bürgersteig entlang und dann die Stufen zum Apartmenthaus hoch. Wenn der Philosoph Recht hatte, würde es nicht lange dauern. Sie wartete ein paar Sekunden in der Lobby des Gebäudes, die Augen auf die Uhr gerichtet. Der Plan sah vor, dass Beltan drei Minuten lang allein in der Wohnung bleiben musste, keine Sekunde länger. Es waren noch dreißig Sekunden, also ging sie die Treppe hinauf.
Fünf Sekunden waren noch übrig, als sie die Wohnungstür erreichte. Sie war geschlossen; von der anderen Seite drang kein Laut. Sie holte tief Luft, um ihre Nerven zu beruhigen. War Anders in Position? Was, wenn er es nicht war?
Keine Zeit mehr, sich deswegen Sorgen zu machen. Die Uhr tickte die letzten Sekunden weg. Deirdre schob die Hand in die Jackentasche, dann stieß sie die Tür auf und trat ein.
Der Zauberer tötete gerade Beltan.
Es fiel schwer, etwas zu erkennen. Die Wohnung war dunkel, nur ein paar Lichtstrahlen drangen an Deirdre vorbei ins Wohnzimmer, aber was ihre Augen nicht wahrnehmen konnten, wurde von ihrer Vorstellungskraft ersetzt.
Das Fenster stand offen, und die Abendluft bewegte die weißen Gardinen und ließ sie wie das Leichentuch eines Geistes aussehen. Beltan lag auf den Knien, den Kopf zurückgeworfen, seine Halsmuskeln traten hervor. Eine Hand war in seine Brust gekrallt. Mit der anderen hielt er eine kleine Glasphiole mit einer dunklen Flüssigkeit.
Deirdre verspürte einen Stich der Furcht, als würde der Scirathi ihr Herz mit einem Zauber anhalten. Und wenn sie nicht handelte, dann würde das in einem Moment auch passieren. Sie zog zwei Gegenstände aus der Tasche – und ließ sie aus den schweißfeuchten Fingern rutschen. Sie fielen zu Boden, das Funkgerät und etwas Schmales und Silbernes.
Ein Krächzen drang aus dem Funkgerät. Bevor Deirdre auch nur eine Bewegung machen konnte, ertönte Anders' verzerrte Stimme. »Deirdre, sind Sie das? Sind Sie schon in Position? Ich kann in der Wohnung nichts erkennen, es ist zu dunkel.«
Der Zauberer zischte, die Goldmaske fuhr in Deirdres Richtung, Beltan schnappte keuchend nach Luft, aber er konnte sich noch immer nicht bewegen; der Zauberer hatte die Hand nicht gesenkt. Und er verfügte noch über eine zweite. Die linke Hand richtete sich auf Deirdres Brust.
Keine Zeit zum Nachdenken. Deirdre warf sich zu Boden, packte die Gegenstände, die dort lagen. Sie drückte die Taste auf dem Funkgerät.
»Jetzt, Anders!«, schrie sie. Und drückte an dem anderen Gegenstand eine Taste.
Ein Strahl aus weißblauem Licht durchbohrte die Dunkelheit, schnitt die Schatten entzwei. Deirdre warf das Funkgerät weg und packte die Taschenlampe mit beiden Händen, richtete den Strahl aufwärts. Er traf die goldene Maske des Zauberers, und der Scirathi taumelte rückwärts, geblendet von der plötzlichen Helligkeit. Beltan fing an, sich auf die Füße zu kämpfen.
Wieder richtete der Zauberer eine Hand auf den Ritter, und Beltan stöhnte auf, sackte wieder auf die Knie. Die andere Hand zeigte auf Deirdre; sie keuchte auf, als der Schmerz durch sie hindurchschoss. Sie bekam keine Luft mehr, die Taschenlampe drohte ihren Fingern zu entgleiten.
Etwas zischte durch das offen stehende Fenster, gefolgt von einem dumpfen Aufprall. Der Zauberer machte einen Schritt zurück, durch den Mundschlitz der Maske drang ein leises Ausatmen. Dann stürzte der Scirathi zu Boden.
Obwohl Beltan länger unter dem Bann des Zauberers gestanden hatte, erholte er sich dennoch als Erster. Deirdre konnte sehen, wie seine grünen Augen leicht im Dunklen leuchteten, als er sich über sie beugte. Er half ihr, sich aufzusetzen, ein zögernder Atemzug ließ Luft in
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