Die letzte Schlacht
Käpten«, bestätigte Kashilli. »Siebtes Kommando! Die Pause ist vorbei. Wir kämpfen jetzt, und strengt euch an. Nehmt die Äxte und Hämmer, ihr Hunde, nehmt die Äxte und Hämmer.«
Iliev bemerkte das Funkeln in Vasselis’ Augen. »Begleitet uns doch, Marschall. Ihr versteht mit der Klinge umzugehen. Ich habe Euch bei den Spielen gesehen.«
»Ich fürchte, meine Zeit als Kämpfer in der Arena ist vorbei. Hand und Auge werden müde.«
»Nun gut. Doch im Grunde ist dort der einzige Platz, wo man jetzt stehen kann. Da draußen, wo das Blut fließt und der Feind vor unseren Füßen niedersinkt.«
»Ocetarus wird Euch beistehen, Karl Iliev. Ihr werdet Elise und Marcus irgendwo da unten finden. Sie dürften wohl Eurer Ansicht sein.«
Iliev nickte und wollte endlich tote Knochen unter seinem Hammer knirschen hören.
»Die Advokatin wählt ihre Ratgeber weise aus.«
»So ist es.« Vasselis wandte den Blick ab. »Dann wisst Ihr wohl noch nicht, dass sie tot ist.«
Iliev fuhr zusammen. »Was?«
»Es gibt vieles, was Ihr noch nicht erfahren habt«, fuhr Vasselis fort. »Widmet Euren Kampf ihrem Gedenken. Gewinnt den Krieg für sie, Karl. Wenn alles vorbei ist, werde ich Euch erzählen, was wirklich geschehen ist. Auf den Straßen hört Ihr nichts als Lügen.«
»Ich werde nicht zulassen, dass die Stadt den Toten in die Hände fällt«, versprach Iliev.
»Dann ist die Advokatin nicht umsonst gestorben.«
Hesther hielt sich mit Yola, Mina und Petrevius, den Überlebenden der zehnten Linie, im Kanzleramt auf. Die jüngeren Angehörigen der elften und die Kinder der zwölften Linie befanden sich schon im sicheren Raum im Keller. Meera und Andreas gaben auf sie acht, erzählten ihnen Geschichten und versorgten sie mit süßen Speisen und Getränken. Da unten war es ruhig, dort konnten sie auch den Kampflärm nicht hören.
Der Palast war gut gesichert. Vasselis und Gesteris hatten sich darum gekümmert und einen ansehnlichen Verband von Wächtern und Geschützen zurückgelassen, um die Toten abzuhalten, falls der äußere Verteidigungsring brechen sollte. Wenn es so weit kam, würde dort die letzte Schlacht geschlagen werden. Hesther hatte Vasselis beim Abschied ansehen können, wie gering seine Hoffnung war, dass sie den Tag überleben würden.
Da nun zwei Stadttore angegriffen wurden, blieb den verschreckten Bürgern nicht mehr viel Raum, um auszuweichen. Diejenigen, die den Hügel für die sicherste Gegend hielten, hatten sich vor dem Siegestor versammelt und verlangten, eingelassen zu werden. Dieser Zeitpunkt mochte irgendwann kommen, doch es war noch nicht so weit.
Die Konkordanz stand am Rande einer Katastrophe. Die Advokatin war tot, und niemand wusste, ob ihre beiden ersten Nachfolger, Roberto und Adranis, überhaupt noch lebten oder wo sie sich aufhielten. Die ältesten Aufgestiegenen waren mit dem Schatzkanzler in Neratharn. Nur Tuline befand sich noch in Estorr, doch sie war über die Maßen bekümmert. Allein Vasselis hielt jetzt noch die Zügel in der Hand, doch starke Kräfte bemühten sich, ihm die Kontrolle zu entreißen.
In der seltsam friedlichen Atmosphäre des Kanzleramts, wo hinter den verschlossenen Läden die Rufe und der Kampf lärm nur noch gedämpft zu hören waren, hatte Hesther Naravny, die Mutter des Aufstiegs, den Eindruck, dass diese Angehörigen der zehnten Linie sich immer noch genauso verhielten wie in Westfallen. Jedenfalls kam ihr das alles sehr bekannt vor.
»Es ist erst ein paar Tage her, dass sie uns töten wollten«, sagte Yola. »Jetzt fliehen sie hierher und suchen Schutz. Lasst sie sterben.«
»Was für eine wundervolle Einstellung. Du bist sicher auch noch stolz darauf«, erwiderte Petrevius.
»Was willst du damit sagen?«
»Sie waren wütend, weil du, Mina und ich Hunderte ihrer Freunde getötet haben. Es liegt bei uns, die Hand zum Friedensschluss auszustrecken. Wir müssen alles tun, was wir nur können, um ihnen zu helfen. Wir müssen sie auf unsere Seite ziehen.«
»Ar …« Hesther unterbrach sich und legte sich eine Hand auf den Mund. »Entschuldigung. Ich wollte sagen, Petrevius hat recht. Wenn dies alles vorbei ist, sind wir mehr denn je darauf angewiesen, dass die Menschen uns akzeptieren. Vielleicht vergessen sie eines Tages, dass wir ihre Demonstration mit Gewalt aufgelöst haben. Aber sie werden es nie vergessen, dass ihre Freunde den Toten zum Opfer fielen, weil der Aufstieg die Tore vor ihnen verschloss.«
»Sie haben es nicht verdient.« Yolas
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