Die letzte Schlacht
Gesicht war vor Zorn gerötet. »Hätten sie schon früher an uns geglaubt, dann wäre das alles nicht passiert. Sie sollten sich umgekehrt bei uns entschuldigen.«
»Sei nicht so dumm«, schalt Petrevius sie. »Die meisten haben nur getan, was der Orden ihnen eingeredet hat. Aber jetzt ist auch die Kanzlerin tot, also können wir noch einmal von vorne anfangen.«
»Du bist hier der Dummkopf, Petre. Es wird sein wie damals bei Ardu und den anderen. Sie lieben uns einen Tag lang, und dann wenden sie sich gegen uns.«
»Was schlägst du vor?«, fragte Hesther. »Uns bleiben nicht sehr viele Möglichkeiten, oder?«
»Nicht alle hassen uns«, sagte Yola. »Wir beschützen diejenigen, die für uns sind, und lassen die anderen sterben.«
»Willst du diejenige sein, die darüber entscheidet?« Petrevius hielt es nicht mehr auf seinem Stuhl. »Wer gibt dir das Recht, über Leben und Tod zu richten?«
»Ich entscheide ja gar nicht, abgesehen davon, einfach gar nichts zu tun.«
»Oh Yola«, seufzte Hesther. Sie war enttäuscht und ließ es die scharfzüngige Siebzehnjährige merken. »Du hast dein ganzes Leben hier verbracht und nichts dazugelernt. Wenn du gewinnen willst, brauchst du bessere Argumente. Herine würde sich in Gottes Umarmung umdrehen, wenn sie dich hören könnte.«
»Sieh doch, wohin sie das gebracht hat«, erwiderte Yola. »Sie mag so viele Auseinandersetzungen gewonnen haben, wie sie will, doch die wichtigste hat sie verloren, und jetzt ist sie tot. Wir müssen unseren eigenen Weg gehen. Wir wollen für die stark sein, die uns lieben und uns haben wollen. Aber wir sind nicht für diese Speichellecker da, die jetzt an die Tore klopfen und so tun, als würden sie uns vergeben.«
»Lasst es uns tun.« Es war das erste Mal, dass Mina sich einschaltete. Ihre Worte klangen zaghaft, denn sie war immer noch von dem überwältigt, was sie angerichtet hatten. »Da draußen sind Menschen, die bereit sind, für uns zu sterben. Lasst uns ihnen helfen.«
Hesther lächelte. »Wie stellst du dir das vor? Ich dachte, du willst nie wieder etwas tun, mit dem du andere Menschen verletzen könntest.«
»Yola weiß etwas.«
»Halt den Mund, Mina. Du solltest doch nichts verraten.«
»Ich höre eben nicht immer auf alles, was du sagst. Außerdem ist es wichtig.«
Hesther starrte Yola an, bis das Mädchen errötete. »Nun?«
»Ein Landhüter spürt die Dinge in der Erde. Dinge, die andere Aufgestiegene nicht wahrnehmen. Nicht einmal die besten.«
»Ich glaube, das habe ich dir mal gesagt, nicht wahr?«, erwiderte Hesther.
Yola nickte. »Das war, als ich mich gewundert habe, wie die Eindrücke scheinbar durch meine Füße zu mir vordringen.«
»Und was hast du gefühlt?«
»Die Toten. Sie sind jetzt sehr nahe, und wenn ich mit meinen Gedanken hinausgreife, dann kann ich sie spüren. Oder vielmehr, ich spüre den Mangel an Lebensenergie, aber da ist Bewegung, wenn du verstehst, was ich meine.«
Hesther richtete sich auf. »Ich habe es auch gespürt, wusste aber nicht recht, was es zu bedeuten hatte. Fahre fort.«
»Die tiefen Energien der Erde haben sich verwandelt. Die langsamen, sanften Kräfte, die wir so lieben. Wir Landhüter jedenfalls. Da hat sich etwas verändert.«
»Sie glaubt, sie sei auf das gestoßen, was die Toten antreibt und in Bewegung versetzt«, ergänzte Mina.
Hesther öffnete den Mund und bedeckte ihn gleich wieder mit einer Hand, als neue Hoffnung in ihr keimte. Eine kleine neue Hoffnung.
»Kannst du darauf Einfluss nehmen?«, fragte sie.
Yola nickte. »Ich glaube schon.«
»Wie denn, Kind?«
»Ich glaube, ich kann es stören oder dafür sorgen, dass die veränderten Energien nicht voranschreiten. Wie eine Barrikade oder so. Wenn es klappt, müssten die Toten stehen bleiben.«
Hesther nickte. Vielleicht konnten sie doch noch heil aus alledem herauskommen.
»Wie weit kannst du dieses Werk ausdehnen? Kannst du die ganze Stadt einschließen?«
»Nein«, erwiderte Yola. »Sie ist zu groß. Aber für den Palast müsste es reichen. Hier bin ich zu Hause, und deshalb verstehe ich die Energien, die hier wirken.«
»Seid ihr sicher, dass ihr die Toten damit aufhalten könnt?«
Petrevius zuckte mit den Achseln. »Das wissen wir nicht genau, aber es gibt nur einen Weg, es herauszufinden, nicht wahr?«
Hesther dachte angestrengt nach. »Ich muss wirklich wissen, wie zuversichtlich ihr in dieser Hinsicht seid.«
»Warum?«
»Ich weiß, was ihr denkt. Ihr denkt, wenn die Toten durchbrechen,
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