Die letzte Schlacht
halten.
Unten wurden die Schreie lauter, doch das Beben machte es schwer, irgendetwas zu erkennen. Dennoch konnten sie sehen, wie die Welle durch die Verwaltungsgebäude raste und alle Männer und Frauen überrollte, die sich dort versammelt hatten. Aus dem Grollen wurde ein Brüllen, das in den Ohren schmerzte. Der Dampf und der Staub wallten an der Rückseite der Festung empor, und der erstickende Gestank breitete sich auf dem Dach aus.
Dann traf die Erdwelle die Juwelenmauer.
Roberto und alle anderen in der Nähe schrien vor Angst. Sie fluchten und beteten oder brüllten etwas Unzusammenhängendes. Die ganze Welt bebte und wackelte. Der Boden hob sich und senkte sich wieder. Roberto hätte es gern beobachtet, doch er konnte nur einzelne Bilder erhaschen. Was er sah, war allerdings schlimm genug.
Die Menschen stürzten übereinander und wurden wie Puppen gegeneinander, gegen die Mauern und die Onager geschleudert. Die Geschütze rutschten zur Seite weg und zerquetschten kreischende Ingenieure an den Brüstungen, die ihrerseits nachgaben und hinabstürzten. Andere Wurfmaschinen kippten zur Seite, rollten ein Stück und krachten auf den Boden. Onagersteine polterten über das Dach, Pech flog durch die Gegend. Das Rad eines Geschützes löste sich vom Gestell und flog quer über die Festung, um nur wenige Schritte von Roberto entfernt einige Menschen zu zerquetschen und ihre Schädel zu zertrümmern.
Die Steine unter ihm knirschten laut, die ganze Festung ruckte hin und her. Roberto zitterte so heftig, dass er einen Moment lang die Augen schließen musste. In Massen fielen die Steine hinab, während die Balken des Gebäudes brachen. Er öffnete die Augen wieder.
Mitten in der Festung klaffte ein Riss, der direkt unter ihm verlief. Einige Soldaten verloren den Halt, rutschten ab und stürzten wie das Pechfeuer, die Trümmer der Geschütze und die Wurfgeschosse nach unten. Die ganze rechte Seite der Festung sank in sich zusammen und kippte gegen die Mauer, die in Richtung Norden zum Iyresee verlief. Roberto rutschte halb in den Spalt hinein, doch das Seil des Netzes hielt ihn fest. Seine Beine baumelten über dem Blutbad unter ihm.
Unzählige Menschen wurden von den Steinen verschüttet und vom Unrat überschwemmt, den die Welle mit sich trug. Sie lief direkt unter ihm vorbei, sie grollte, bäumte sich auf und brachte Tod und Zerstörung. Dann zerfetzte sie die mächtigen Tore. Große Teile der Mauer flogen durch die Gegend, brachen zusammen und kippten auf die atreskanische Seite. Hunderte Menschen wurden hoch in die Luft geworfen und stürzten auf den Zement oder in die stinkende Brühe.
Nur vier von denen, die das Netz gepackt hatten, waren noch da, unter ihnen Julius. Er hing an den Händen über der zerstörten Festung, deren rechte Hälfte nur noch aus Schutt und zerbrochenen Balken bestand. Darunter lagen die zerquetschten Menschen, überall war Blut.
»Festhalten, Julius«, sagte Roberto.
»Aber ganz bestimmt, Botschafter.«
»Ihr schafft das schon.«
Im Norden und Süden krachte und rumpelte es weiter. Auch dort brachen Teile der Juwelenmauer zusammen und stürzten um. Mit dem Staub stieg ein Gestank auf, der Robertos Augen und seinen Mund verklebte. Er hustete und spuckte Schleim aus. Rings um ihn prasselten Steine herab, doch allmählich ließ der Lärm nach. Die Welle lief weiter nach Atreska hinein, und jetzt waren auch die Schreie der Verletzten und Sterbenden und Julius Barias’ Gebete wieder deutlicher zu hören.
Roberto blickte nach links. Diese Seite der Festung war noch intakt, hatte allerdings eine deutliche Schräglage. Unten auf dem Gelände gab es nur noch Schlamm, in dem Tausende von Toten lagen. Oben hielten sich Legionäre und Ingenieure fest, die vor Erleichterung lachten und weinten, falls sie überhaupt noch fähig waren, einen Laut von sich zu geben.
Auch Davarov war noch da. Der Fackelhalter hatte sich an einer Seite gelöst, doch er hielt noch, und der Soldat klammerte sich verbissen daran und lächelte grimmig. Roberto konnte Harban im Augenblick nirgendwo entdecken, aber der Karku war ein viel zu guter Kletterer, um einfach abzustürzen.
Roberto tastete nach seiner Gürtelschnalle, löste sie und rappelte sich auf. Dann kniete er neben Barias nieder und fasste ihn am Arm. Julius drehte sich zu ihm um, worauf Roberto nickte und ihn hochzog. Julius half mit der freien Hand nach, und sobald er wieder auf dem Stein stand, schnaufte er schwer.
»Danke, Botschafter.«
»Die
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