Die letzte Schlacht
vor.
»Vorausgesetzt, sie hat die Erdwelle überlebt«, sagte Davarov.
»Das bezweifle ich nicht. Ich habe Befehl gegeben, dass sie in der Bucht ankert, und sie dürfte die Welle auf dem Meer gut überstanden haben.«
»Es gibt hier noch so viel zu tun, Paul«, sagte Roberto. »Wie können wir das alles so zurücklassen?«
»Was können wir paar schon erreichen, wenn wir bleiben?«, widersprach Jhered. »Das Land ist tot. Wir brauchen Legionen, um es aufzuräumen und wieder aufzubauen, und wer weiß schon, ob hier überhaupt jemals wieder etwas wächst. Du musst nach Hause und dich mit deiner Mutter beraten. Die Neuigkeiten muss sie von dir und von dir allein erfahren.«
Zwischen widerstreitenden Gefühlen hin- und hergerissen ließ Roberto die Schultern hängen.
»Pflichten. Immer gibt es irgendwelche verdammten Pflichten. Gott umfange mich, Paul, wie sagt man einer Mutter, dass ihr jüngster Sohn gefallen ist? Der arme Adranis. So viel Größe, einfach ausgelöscht.« Roberto schnippte mit den Fingern und wandte sich an Arducius und Ossacer. »Wie soll ich ihr das erklären?«
Sie antworteten ihm nicht, und das war wahrscheinlich auch gut so.
»Ich glaube, wir sollten jetzt diesen Ort dem Frieden Gottes überlassen«, sagte Julius Barias leise. »Wir können hier nichts mehr ausrichten, sondern würden nur unseren Zorn und unseren Hass vertiefen. Das dürfen wir nicht tun.«
Roberto starrte den Sprecher an, dann nickte er.
»Kommt«, sagte Jhered. »Lasst uns Harban holen, und dann brechen wir auf. Ich will diesem Ort den Rücken kehren.«
Die Flammen verschlangen immer noch das Fleisch der Unschuldigen. Das Feuer fuhr vom Himmel herab und zerfetzte die Körper. Immer noch zog Mirron das Böse aus der Erde in ihren sterbenden Leib, um das Elend zu beenden.
Arducius konnte die Bilder nicht abschütteln, und er konnte sich auch nicht von seiner Schuld befreien. So groß waren die Verbrechen, die im Namen des Aufstiegs geschehen waren, dass keine Tat der Reue je ausreichend sein würde. Wie Ossacer verbrachte er viele Tage betend und in Kontemplation. Doch dort ließen sich keine Antworten finden. Der Allwissende wandte sich ihnen nicht zu.
Draußen, auf dem stillen Deck, starrte Roberto Del Aglios den schwarzen Rauch an, der von jedem Wachfeuer aufstieg, an dem sie vorbeikamen. Noch ein Tod, den man dem Aufstieg anlasten musste.
»Du bist wach, oder?«
Ossacers Stimme kam von links, und sie klang belegt, nachdem er leise geweint hatte.
»Um das herauszufinden, brauchst du keinen besonderen Scharfsinn«, antwortete Arducius. »Ich bin immer wach, genau wie du.«
»Ich hätte sie retten können«, sagte Ossacer.
»Nein, das wäre nicht möglich gewesen, Ossie. Wir haben doch schon tausendmal darüber gesprochen. Vielleicht hättest du ein wenig verlangsamen können, was durch ihren Körper zog, wenn du bei Kräften gewesen wärst. Aber du hast die Krankheit doch gespürt und gesehen, wie schnell Mirron ihr zum Opfer fiel. Nichts hätte ihren Tod verhindern können.«
»Aber ich habe gar nichts beigetragen«, klagte Ossacer.
»Unfug. Du hast uns gerettet, damit wir gegen Gorian kämpfen konnten. Etwas Größeres hättest du gar nicht tun können. Ich dagegen habe überhaupt nichts gemacht. Ich habe mir nur die Knochen gebrochen, als wir es am wenigsten brauchen konnten.«
Ossacer kicherte in der Dunkelheit.
»Hör uns nur zu. Wir streiten uns darüber, wer am wenigsten getan hat. Aber weichem Thema weichen wir geflissentlich aus?«
»Den zwangsläufigen Folgen«, sagte Arducius.
»Wirklich?«
»Wie fügt man die Fäden eines so zerrissenen Lebens wieder zusammen? Wenn jedes Vertrauen verloren ist und es einem schon beim Gedanken an Vergebung übel wird? Die Wurzeln müssen neu wachsen, die Blume muss wieder blühen.«
»Das gilt aber nicht nur für uns, sondern auch für den Orden«, sagte Ossacer.
»Oh ja. Der Orden hat einen unermesslichen Schaden erlitten, aber für den Aufstieg ist es unumkehrbar.«
»Ewig?«
»Ich weiß es nicht, Ossie. Aber ich sehe keine Möglichkeit, dass sich während unseres Lebens noch einmal etwas ändert. Du etwa?«
»Mirron ist nicht gestorben, damit wir weglaufen«, flüsterte Ossacer.
Als er Mirrons Namen hörte, schossen Arducius die Tränen in die Augen, und der Damm, der seine Gefühle zurückgehalten hatte, brach schlagartig. Sie sagten nichts mehr, während sie leise schnieften und schluchzten. Schließlich musste Arducius aber doch noch etwas
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