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Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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herumpfuschen und Leben schenken, wo es keines geben dürfte, oder aus einer Laune heraus anderen das Leben nehmen. Dies ist das Vorrecht Gottes allein. Die Aufgestiegenen sind von Geburt an Ketzer, und ich beantrage vor diesem Gericht, dass sie und mit ihnen alle Mitglieder der Akademie, die bei ihnen sitzen oder sich in ihrer kleinen Stadt verstecken, für dieses schreckliche Verbrechen gegen den Allwissenden zum Tode verurteilt werden. Die Beweise, meine geehrten Richter, sind unwiderlegbar.«
    Koroyan setzte sich, schob zornig das Kinn vor und starrte die Aufgestiegenen an, die ihr gegenübersaßen, um ja nicht mehr in Richtung des Wissenschaftlers zu blicken, der sie allein schon durch sein Eintreten so verunsichert hatte.
    Aurelius beriet sich kurz mit seinen Beisitzern und gelangte rasch zu einer Entscheidung.
    »Es wird keine Unterbrechung der Verhandlung geben. Die Tatsachen müssen uns noch frisch in Erinnerung sein. Mutter Naravny, bitte tragt Eure Verteidigung gegen die Anklage der Ketzerei vor.«
    Ossacer und Hesther beugten sich zu Arducius vor, um sich leise abzustimmen.
    »Welchen Weg schlagen wir ein?«, fragte Hesther.
    »Sie hat kaum etwas bewiesen, und wir haben zudem die Erlaubnis der Advokatin. Ihr wichtigster Anklagepunkt ist dahin, weil D’Allinnius sonst umgekehrt ihr Vorwürfe machen könnte. Ich würde sagen, wir machen es kurz und einfach. Greife sie nicht an, sondern erwähne unsere guten Taten und unser Pflichtgefühl und stelle Gorian wie einen ganz normalen Mörder dar.«
    »Ich stimme dem zu«, sagte Arducius. »Sie beruft sich auf Beweise, die ohnehin schon weitgehend bekannt sind und von vielen akzeptiert werden. In mancher Hinsicht ist dies eine rein theologische Debatte. Sind unsere Fähigkeiten eine Gabe Gottes, oder haben wir Gott etwas weggenommen? Auf dieser Ebene können wir argumentieren.«
    »Wer soll denn reden? Etwa ich?« Hesther deutete auf sich selbst.
    »Ja«, bekräftigte Arducius. »Eine ältere Frau erweckt Sympathie.«
    »Verdammt gerissen.«
    »Verdammt wahr«, stimmte Ossacer zu. »Außerdem weißt du, dass du besser sprichst als wir. Weniger Gefühl, mehr Vernunft.«
    »Rufe uns auf, wenn du uns brauchst.« Arducius legte ihr eine Hand auf den Arm.
    »Darauf kannst du dich verlassen.«
    Hesther Naravny, die Mutter des Aufstiegs, erhob sich und hielt die Ansprache, die über ihr Schicksal entscheiden würde. Arducius war seltsamerweise völlig ruhig. Er lehnte sich zurück und nahm die Energien in der Basilika auf. Die Kanzlerin hatte Erfolg damit gehabt, die Gefühle der Bürger aufzustacheln. Die Menschen hatten Angst, nachdem deutlich geworden war, dass er fähig wäre, sie alle zu töten. Hesther musste diese Ängste beschwichtigen.
    »Senator Aurelius, geehrte Sprecher von Feuer und Erde, ich werde mich kurz fassen, weil es wirklich, wie die Kanzlerin schon sagte, eine sehr einfache Angelegenheit ist. Das Böse und die Ketzerei – wir glauben alle zu wissen, was diese Worte bedeuten. Aber wissen wir das wirklich? Wenden wir die Worte auch richtig an? Was ist böse? Ist es böse, die Fähigkeiten zu benutzen, die man von Geburt an hat, oder ist es böse, sich zu weigern und ein Kind sterben zu lassen?
    Die Kanzlerin bezeichnet unsere Aufgestiegenen als Ketzer, weil sie Leben retten, Krankheiten von Tieren und Pflanzen heilen und dem ausgedörrten Land Regen bringen können, ohne auf die üblichen Hilfsmittel zurückzugreifen. Bin ich denn die Einzige, die dies völlig lächerlich findet? Lasst mich aus den Schriften des Allwissenden zitieren: ›… der Körper ist unverletzlich. Krankheiten und Verletzungen des Körpers sind das Werk Gottes und ein Geheimnis. Krankheiten, sollten sie einen Menschen treffen, sind ein Teil des Plans des Allwissenden, und die Menschen sollten dies nicht fürchten, sondern die Prüfung Gottes feiern und freudig nach vorn blicken, weil sie in die Umarmung Gottes aufgenommen werden. Störungen durch irgendeinen sind gegen den Willen Gottes und Ketzerei.‹«
    Hesther breitete die Arme weit aus.
    »Der Orden des Allwissenden fürchtete die Ärzte, die Chirurgen und die Wissenschaftler. Auch sie wurden verbrannt, weil ihre Praktiken nicht akzeptabel schienen. Demnach dürfte die Kanzlerin keinen Tee trinken, wenn sie sich erkältet, und sich nicht operieren lassen, wenn sie sich eine Rippe bricht. Ist das alles Gottes Plan? Wo soll die Grenze sein? Wenn das Land verdorrt, ist dies dann auch Gottes Plan? Und wenn es kalt wird,

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