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Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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freiwillig Platz.
    »Geht das immer so leicht?«, fragte Iliev.
    »Manchmal hat es seine Vorteile, einen hohen Rang zu bekleiden«, räumte Jhered ein.
    »Hier sind zu viele Leute.« Iliev zog den Kopf ein. »Ich kann gar nicht verstehen, wie Ihr an so einem Ort leben könnt.«
    »Ruft Euch das Meer, Karl?«
    »Ocetarus singt ewiglich, und die Herren und Herrinnen des Ozeans grüßen mich jeden Morgen.«
    Schließlich standen sie an der Mole, an der nur wenige Schiffe festgemacht hatten. Die meisten hatten den Hafen am Vorabend mit der Flut verlassen. Im Laufe des Tages, wenn die weißen Mauern und die roten Dächer von Estorr in der Sonne erstrahlten, würden neue Schiffe ihren Platz einnehmen. Im ersten Augenblick konnte Jhered nicht erkennen, was die Lotsenboote da umringt hatten.
    »Was habt Ihr gefunden?«, rief er und übertönte mühelos das Getuschel der Menge. Jemand hob eine Laterne und drehte sie in seine Richtung.
    »Wer spricht?«
    »Schatzkanzler Jhered. Seid Ihr es hinter der Laterne, Meister Stertius?«
    »Schatzkanzler, gelobt sei Ocetarus, dass Ihr hier seid. Wir haben gerade erst Boten zum Hügel geschickt, um Euch zu unterrichten«, erwiderte der Hafenmeister.
    Jhered sah fragend zu Iliev, der an der Unterlippe nagte. »Warum denn?«
    Die Menge war verstummt, was auch Stertius nicht entging. Er befahl seinen Ruderern, das Boot wieder zur Mole zu bringen und ließ die beiden Männer einsteigen. Dann kehrten sie zu den anderen Booten zurück.
    »Als die Glocken ein Schiffswrack ankündigten, taten wir das, was wir immer tun. Wir ließen Boote zu Wasser und umringten das, was da hereintrieb. Ich will ja nicht, dass Krankheiten in die Stadt getragen werden. Bisher haben wir ihn abgehalten, aber wir mussten uns auch keine große Mühe geben. Er wird nicht aussteigen, und es wird nicht mehr lange dauern, bis sein Boot sinkt. Er sagt, er wolle nur mit Euch reden. Ich glaube, er leidet am Fieberwahn.«
    »Wer denn?«
    Gleich darauf konnten sie sich mit eigenen Augen überzeugen. Mitten im Kreis der Lotsen lag ein stark beschädigtes Ruderboot tief im Wasser. Sämtliche Ruder waren verschwunden, das Dollbord war gesplittert, die Ruderpinne fehlte, und unter den Bänken schwappte Wasser, das langsam stieg.
    Im Heck lag ein Mann, der wahrscheinlich tot war. Ein zweiter Mann hockte elend auf der mittleren Bank, seine Schultern zitterten vor Kälte, Fieber oder Erschütterung, vielleicht auch vor allen dreien gleichzeitig. Um die Schultern hatte er sich die Überreste eines Mantels gehängt. Seine Toga war von einem schmutzigen Braun und auf der Brust und an den Hüften zerfetzt. Aus der Schwertscheide, die er noch am Gürtel trug, ragte ein Gladius. Mit blutigen Händen hielt er sich am Dollbord fest.
    »Bringt mich da rüber«, befahl Jhered.
    »Aber mein Schatzkanzler …«
    »Die Gefahren sind mir bewusst, Meister Stertius. Bringt mich rüber.«
    Nach einigen leichten Ruderschlägen dümpelten sie neben dem sinkenden Boot.
    »Soll ich mitkommen, Paul?«, fragte Iliev.
    »Ich glaube, Ihr solltet hören, was er zu sagen hat, falls wir überhaupt etwas damit anfangen können.«
    Während die Ruderer die beiden Boote zusammenhielten, stiegen Iliev und Jhered hinüber. Ihre Sandalen platschten laut im kalten Wasser. Der Mann hob den Kopf und brach sofort in Tränen aus. Jhered ging zu ihm und umarmte ihn.
    »Es ist vorbei, General«, sagte er. »Kommt schon, Ihr seid jetzt in Sicherheit.«
    »Wer ist das?«, zischte Iliev.
    »Harkov, der General der Garde des Aufstiegs. Ein sehr guter Mann. Das hier gefällt mir überhaupt nicht.«
    Harkov zog sich zurück und drehte das Gesicht zu Jhered herum. Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, das vor Dreck und verkrustetem Blut starrte. Er hatte Schnittwunden und viele Blutergüsse, seine Lippen waren geschwollen und trocken, die Wangen und Augen eingefallen. Neben Jhered klatschte ein Wasserschlauch auf die Bank. Harkov griff sofort zu und trank gierig, verschüttete dabei aber mehr, als er durch seine Kehle bekam. Wieder strömten ihm die Tränen über die Wangen. Er ließ die Flasche fallen, wischte sich den Mund ab und starrte Jhered blicklos an.
    »Schatzkanzler, seid Ihr es?«
    Es war kaum mehr als ein Krächzen, und er zitterte am ganzen Körper. Über seinen Augen lag ein undurchdringlicher Schatten, als wäre sein Geist umwölkt.
    »Was ist mit Euch passiert?«, keuchte Jhered.
    »Ihr seid es, nicht wahr?«
    »Ja, Harkov, ich bin es. Paul Jhered. Ihr seid

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