Die letzte Schlacht
bezeichnet wurde. Dort hatte es die Advokatin ihnen gern überlassen, so viel zu zerstören, wie sie nur wollten. Niemand sonst durfte das Viertel betreten. Sie hatte gehofft, die Wut würde sich irgendwann totlaufen, ob wörtlich oder im übertragenen Sinne. Als Elise im Umkreis von einer halben Meile zahlreiche Brände entdeckte, schwand ihre Hoffnung, dass dies bald geschehen werde.
Dabei drängte die Zeit. Die Fabriken stellten nichts mehr her, Aufrührer des Ordens hatten Angriffe auf Rüstungsschmiede und Waffenschmiede angezettelt und blockierten so den Nachschub für die kämpfenden Legionen. Bevor die Viertel gesichert werden konnten, hatten die Fanatiker schon großen Schaden angerichtet. Die Wasserversorgung des Palasts war unterbrochen, Wagen mit Lebensmitteln wurden überfallen und ausgeraubt.
Jetzt mussten sie alle wichtigen Lieferungen streng bewachen. Die Rohrleitungen waren repariert, und die Brunnen wurden von Bogenschützen und Sarissenträgern beschützt. Dadurch war allerdings die Verteidigung stark ausgedünnt worden. Die Gottesritter wussten dies natürlich. Sie hatten sich noch nicht gerührt, aber das war nur eine Frage der Zeit. Wenn sie es taten, würden sie sich offen zu Rebellen erklären, aber ohne Anführerin war ihr alternder Erster Schwertträger Horst Vennegoor wohl nicht bereit, ein allzu großes Risiko einzugehen.
Elise ritt mit ihren Kavalleristen durch die Sperren am Hafen und blieb auf dem weiten Platz vor den Docks stehen. Bislang arbeiteten die Docks noch, und die meisten Schauerleute erschienen nach wie vor zur Arbeit. Viele lebten vorübergehend sogar hier, da sie genau wussten, dass sie auf dem Heimweg mit Angriffen rechnen mussten. Schon kamen zahlreiche Männer und Frauen mit Eimern und Lappen, um Reiter und Pferde zu säubern.
Elise nickte dankbar, stieg ab und ging auf den Hafenmeister Stertius zu, der sie vor seiner Schreibstube erwartete. Im Hafen war es für diese Tageszeit gespenstisch ruhig. Nur auf der Mole bewegten sich Menschen. Einige Schiffe warteten auf Waren aus der Stadt, die jedoch nicht kommen würden. Die angelieferten Güter stapelten sich im Hafen und wurden nicht abtransportiert. Das Forum war für Händler geschlossen und hatte sich in eine Art Zentrale verwandelt, von der aus die Unmutsbekundungen gesteuert wurden. Die Ausfallstraßen der Stadt waren von Demonstranten versperrt, die zu zahlreich waren, als dass die Advokatur sie hätte vertreiben können.
»Marschallgeneral, es ist mir eine Ehre.«
»Meister Stertius, die Advokatin möchte Euch ihren persönlichen Dank für Eure ungebrochene Loyalität aussprechen. Ich wollte unbedingt selbst zu Euch kommen, denn manchmal müssen die Befehlshaber sich selbst ein Bild von der Situation machen.«
»Das ist mutig«, erwiderte Stertius.
»Eigentlich nicht.« Elise zuckte mit den Achseln. »Die Menschen sind aufgebracht, aber bewaffnete Kämpfer greifen sie nicht an.«
»Noch nicht.«
»Was meint Ihr damit?« Elise gefiel die Miene des Mannes überhaupt nicht.
»Einen Augenblick.« Stertius schnippte mit den Fingern, worauf ein Mann herbeitrottete. »Beladet die Wagen da und lasst sie umdrehen. Außerdem brauchen die Kavalleristen etwas zu essen und zu trinken, wenn sie sich gesäubert haben.«
Er winkte Elise, ihn zu begleiten, und sie folgte ihm über den Platz zur Mole, an der zahlreiche Schiffe lagen. Matrosen lungerten auf den Decks herum oder saßen auf der Mole, spielten mit Würfeln und Karten oder redeten miteinander. Es war keine unangenehme Atmosphäre, aber die Leute waren offensichtlich unzufrieden.
»Ich stehe kurz davor, den Hafen für einlaufende Schiffe zu sperren«, sagte Stertius. »Alle Schiffe, die jetzt schon hier liegen, sind leer. Keines will ablegen, weil das mit einem Verlust verbunden wäre. Wenn sie aber hierbleiben, können sie ihre Besatzungen nicht mehr bezahlen, und es wird nicht lange dauern, bis es Ärger gibt. Vorläufig haben wir noch genug zu essen und zu trinken, aber es wird nicht ewig reichen.«
»Könnt Ihr sie nicht einmal dazu bewegen, zwei Tagesreisen weit bis Vettorum zu fahren? Dort dürfte der Handel noch in Gang sein.«
»Aber das ist nicht Estorr, Marschall. Die Preise dort sind nicht so hoch wie hier. Wir können sie nicht vertreiben, wenn sie nicht abfahren wollen, und die meisten haben ihre Ladung schon gelöscht. Wieder einzuladen wäre teuer, und die Gewinne sind sowieso schon geschrumpft. Deshalb wollen die meisten nicht fort, auch
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