Die letzte Schlacht
der Stadt, die sich verstecken wollen.«
»Dann müssen wir die Tore öffnen und sie hereinlassen«, sagte Herine.
»Was?« Vasselis riss die Augen weit auf. »Entschuldige, aber das käme einem Selbstmord gleich. Für dich, für mich und für den Aufstieg.«
»Was sind wir, wenn nicht die Verteidiger der Bürger?«
Es wurde still in der Basilika. Vasselis saß mit Elise Kastenas und Marcus Gesteris auf den Bänken, die normalerweise den Würdenträgern des Ordens vorbehalten waren. Hinter ihnen herrschte rege Geschäftigkeit; Beamte bemühten sich, die Krise zu meistern.
»Genau das tun wir doch. Die Marine ist auf See, die Heere treffen in Neratharn ihre Vorbereitungen. Der Regierungssitz darf nicht gefährdet werden.« Vasselis ignorierte das Seufzen der Advokatin. »Überhaupt, wen willst du einlassen und wen weist du ab? Bitte denke nicht weiter darüber nach. Die beste Verteidigung der Stadt besteht darin, die Bürger zu mobilisieren und auf unsere Seite zu ziehen, damit sie die Notmaßnahmen unterstützen, die wir bisher nicht umsetzen konnten.«
»Dann soll ich sie einfach aussperren und sterben lassen.«
Vasselis’ Sorgen um Herine verstärkten sich zusehends. Sie neigte dazu, die Bürger mit großen Gesten für sich einzunehmen. Allerdings lief sie nicht draußen auf den Palastmauern herum. Sie verstand nicht, wie aufgebracht die Bürger waren.
»Nein, meine Advokatin. Du solltest fähig sein, die Stadt wirkungsvoll zu verteidigen. Das bedeutet, dass der Orden überzeugt werden muss, seine Hetzkampagnen einzustellen. Die Priester müssen die Menschen anhalten, uns in dieser Krise zu unterstützen. Es bedeutet, dass die Stadt geordnet evakuiert werden muss.«
Gesteris erhob sich. »Daran dürfen wir nicht im Traum denken. Ich respektiere Meister Stertius wie alle anderen hier, doch er versteift sich auf kühne Schlussfolgerungen. Mehr als zweitausend Gardisten und Legionäre verteidigen den Palast. Solange die Gottesritter nicht ihre Artillerie herbeischaffen, kommen sie nicht herein, wenn wir ihnen nicht die Tore öffnen und sie einlassen.«
»Ja, Marcus, und genau das scheint Herine ins Auge zu fassen.«
»Arvan, Marcus, ich danke Euch, Ihr könnt wieder Platz nehmen«, erwiderte Herine. »Ich habe Eure Bedenken vernommen. Alles kann geschehen, und wir müssen uns auf die verschiedenen Möglichkeiten vorbereiten. Ich werde also tun, worum du mich bittest, Arvan. Ich werde mit dem Rat der Sprecher reden. Holt sie mir her. Wenn sie sich weigern, werden wir weitere Schritte unternehmen, um die Straßen zu befrieden und die Stadt zu leeren.«
Vasselis hätte vor Schreck beinahe den Mund weit aufgerissen. Gesteris und Kastenas zuckten zusammen, beherrschten sich aber weitgehend.
»Wolltest du etwas sagen, Arvan?«
»Wenn ich darf … Ich habe den Eindruck, dass du widersprüchliche Botschaften aussendest. Gerade wolltest du noch für alle die Tore öffnen. Jetzt willst du die Straßen räumen lassen, wenn du vom Orden nicht bekommst, was du willst.«
Herine zuckte mit den Achseln. »Darf ich nicht meine Meinung ändern, nachdem meine engsten Freunde mir einen Rat gegeben haben?«
»Natürlich, meine Advokatin, aber …«
»Ich habe dich angehört und denke jetzt, dass wir viel zu lange in der Defensive waren. Sollen diejenigen, die nicht helfen wollen, durch die Schwerter der Toten umkommen. Sollen diejenigen, die immer noch vor meinen Toren lärmen, meinen Zorn spüren.«
»Das ist aber nicht ganz das, was ich …«
»Sei still, Marschall Vasselis.« Vasselis fuhr hoch. Gesteris starrte ihn an, und seine Miene sprach Bände. »Ich werde mit dem Rat reden, aber ich werde Forderungen stellen und nicht verhandeln. Das werde ich in Einzelgesprächen tun. Von euch erwarte ich, dass ihr eure Advokatin ohne Wenn und Aber unterstützt. Marschall Vasselis, wenn ich das Zeichen gebe, sollen die Aufgestiegenen zur Abwechslung mal für ihren Unterhalt arbeiten. Die Straßen müssen geräumt werden. Ein kleiner Regen käme da durchaus gelegen. Die Besprechung ist beendet.«
Am Abend standen die drei Aufgestiegenen der zehnten Linie verdeckt auf einem Turm und überblickten die Menschenmenge, ihre Feuer, die Fackeln und die Plakate. Im Westen versank die Sonne hinter den Hügeln und ließ die zerrissene Stadt erstrahlen. Vasselis und Hesther hatten es für klug gehalten, die Aufgestiegenen nach draußen zu führen, damit sie ihr Ziel sehen konnten. Sie hatten die lauten Rufe in den Amts räumen
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