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Die letzte Schoepfung

Die letzte Schoepfung

Titel: Die letzte Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
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zwanzigjähriger Sportler.
    »Was schlägst du denn vor, Charles?«
    Er dachte einen Augenblick nach. »Warum ruhst du dich nicht ein bisschen aus, und ich hole uns etwas?«
    Sie blickte ihn argwöhnisch an. Gerichte zum Mitnehmen standen bei Charles ziemlich weit unten auf der Karte. Er mochte es lieber, bedient zu werden.
    »Und das macht dir nichts aus?«
    »Es macht mir mehr aus, dass du dich zu Tode schuftest.«
    Sie versuchte, der Bemerkung den Stachel zu nehmen. »Aber denk doch mal, wie viel Geld du sparst, wenn du mich nicht so oft zum Essen ausführst.«
    Er kam zu ihr, legte ihr einen Arm um die Schultern und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Mach keine Witze darüber. Du arbeitest wirklich zu hart!«
    »Meine Arbeit ist wichtig.«
    »Das weiß ich, Sydney, aber fünfzehn, sechzehn Stunden am Tag?«, erwiderte er mit deutlichem Missfallen.
    »Das haben wir doch alles schon mal durchgekaut, Charles.« Sie wand sich aus seinem Arm, ließ sich vom Hocker gleiten und ging ins Wohnzimmer, wo ihr die Chopin-Sonate Trost bot.
    Charles folgte ihr. »Ich sage doch nur…«
    »Ich weiß, was du sagen willst.« Verärgert blieb sie vor dem Kamin stehen und schaute auf das Foto eines blonden Fünfjährigen mit leuchtend blauen Augen. Das Lächeln des Jungen ließ ihr Herz jedes Mal für einen Schlag aussetzen. Sie schloss die Augen und ließ sich von der Musik umhüllen, hoffte, von den Klängen getröstet zu werden.
    Charles trat hinter sie und rieb ihre Oberarme. »Es ist wegen deinem Sohn, nicht? Deshalb flüchtest du dich in die Arbeit.«
    Sydney gab keine Antwort. Gestern vor drei Jahren hatte sie Nicky verloren. Für alle anderen war es ein ganz normaler Tag ohne besondere Vorkommnisse gewesen. Nicht aber für sie.
    »Sydney, der Tod deines Sohnes war ein tragischer Unfall.« Charles drückte ermunternd ihre Arme und lehnte die Stirn sanft gegen ihren Hinterkopf. »Aber du musst weiterleben. Wir müssen gemeinsam weiterleben.«
    Sie riss sich los und drehte sich um, blickte ihn mit funkelnden Augen an. »Es hat überhaupt nichts mit Nicky zu tun!« Es kostete sie Mühe, ruhig zu sprechen; am liebsten hätte sie ihn angeschrien. »Ich suche nach Markergenen, die Leukämie im Kindesalter verhindern sollen. Nicht nach einer Medizin für kleine Jungen, die vom Baum fallen und sich das Genick brechen.«
    Sie schwiegen beide, lauschten der Musik, die durchs Zimmer flutete und sich dem rauschhaften Finale näherte.
    Charles streckte die Hand aus und stellte die Anlage aus. »Es tut mir Leid. Ich hätte das mit Nicky nicht sagen sollen.«
    Sydney hob trotzig das Kinn. Sie war noch nicht bereit, ihm zu vergeben.
    »Es ist nur…« Er trat einen Schritt zurück und richtete seine Krawatte. »Ich weiß, wie es ist, wenn man einen geliebten Menschen verliert, und ich mache mir Sorgen um dich.«
    Mit einem Mal war ihr Zorn verflogen. Charles schien stets die richtigen Worte zu finden, um Fehler auszubügeln. Vor einigen Jahren hatte er seinen Bruder verloren. Sie kannten sich damals noch nicht, doch Sydney wusste, dass der Tod des Bruders ihn hart getroffen hatte. »Ich weiß, dass du dir Sorgen machst«, sagte sie und fühlte sich schuldig, weil sie nicht daran gedacht hatte, dass sie mit ihrem Verlust nicht allein war. »Aber versuch auch zu verstehen, wie wichtig mir dieses Projekt ist. Wir sind so nahe dran…«
    Als er keine Antwort gab, trat sie zu ihm und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. »Bitte, Charles. Es dauert nicht mehr lange, das verspreche ich dir.« Sie sah den Zweifel in seinen Augen, vielleicht sogar ein wenig Neid.
    »Heirate mich, Sydney«, sagte er, »und wir werden Kinder haben.«
    Überrascht trat sie einen Schritt zurück. Er fragte sie nicht zum ersten Mal, und sie hatte ihn stets abgewiesen. Doch Kinder hatte er bislang nie erwähnt. »Charles…«
    »Nicht!« Er ergriff ihre Hand, bevor sie noch mehr sagen konnte. »Antworte mir noch nicht. Denk nur darüber nach. Bitte!«
    Sie blinzelte verwundert, nickte dann, obwohl es keinen Grund zum Nachdenken gab: Für sie würde es keine Kinder mehr geben. Niemals. Vor drei Jahren war ihr einziges Kind gestorben, und ein solches Risiko wollte sie nie wieder auf sich nehmen.
    »Okay, dann entspann dich jetzt«, sagte er und lächelte ein wenig gezwungen, während er ins andere Zimmer ging und mit seinem Jackett wieder herauskam. »Da fällt mir ein – ich habe einen Anruf erwartet und deshalb deinen Anrufbeantworter abgehört.«
    Wieder

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