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Die letzte Schoepfung

Die letzte Schoepfung

Titel: Die letzte Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
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Auge zu behalten.
    Während das Auto über den nahezu verlassenen Highway brauste, ließen ihre Gedanken sie nicht zur Ruhe kommen. Im warmen Innern des Wagens schienen sie wie in einer eigenen Welt zu sein, beschützt und beschirmt vor der Dunkelheit hinter den Scheiben. Das gleichmäßige Geräusch des Motors und der sanfte grüne Lichtschein der Armaturenanzeigen lullten Sydney ein, gaukelten ihr ein Gefühl von Alltäglichkeit vor. Nichts, was in den vergangenen vierundzwanzig Stunden geschehen war, konnte hier an sie heran.
    Sie erinnerte sich an einen Ausflug nach San Antonio, als Nicky vier gewesen war. Ethan wollte seinem Sohn die Festung Alamo zeigen. Sie waren am Freitagabend losgefahren und fünf Stunden unterwegs gewesen. Nicky hatte auf dem Rücksitz geschlafen. Damals hatte Sydney sich am rechten Platz gefühlt, zusammen mit Mann und Sohn; sie waren eine Familie gewesen.
    Nun konnte sie sich beinahe das Gleiche vorstellen, konnte zumindest so tun, als wären sie eine Familie. Der Junge, der den Kopf ans Fenster lehnte und gegen seine Müdigkeit ankämpfte; das kleine Mädchen, das neben ihm lag; der Mann am Steuer: Vater und Geliebter, Beschützer und Ernährer…
    Plötzlich kam ihnen ein Wagen mit grell aufgeblendeten Scheinwerfern entgegen und zerstörte Sydneys Traumgebilde. Der Lichtstrahl erhellte das Innere des Wagens, riss Ethans Gesicht für einen Moment aus dem Dunkel. Sydney blinzelte verwirrt und wandte sich ab. Sie war wütend auf sich selbst, dass sie sich solchen Träumen hingegeben hatte. Dieser Mann war nicht mehr ihr Ehemann. Seine harten Züge ähnelten kaum noch denen des geliebten Menschen, dem Vater ihres gemeinsamen Sohnes.
    Die Reise nach San Antonio war der einzige Urlaub gewesen, den sie als Familie unternommen hatten. Sydney hatte sich selbst die Schuld daran gegeben, hatte sich gesagt, in ihrer Praxis zu viel zu tun zu haben. Nun aber erkannte sie, dass es Ethan gewesen war, der nie Zeit gehabt hatte, der mehr Tage und Nächte woanders verbrachte als in seinem Heim. Es war Ethan gewesen, der stets einen wichtigen, unaufschiebbaren Auftrag hatte, den niemand außer ihm erledigen konnte.
    Schon seltsam, dass ihr erst jetzt all seine Entschuldigungen und Ausreden wieder einfielen. Und noch seltsamer war, dass sie in der Zeit ihrer Ehe die Augen davor verschlossen hatte. Wenn es eine Schuld von ihrer Seite gab, dann die, dass sie sich so leichtgläubig von ihm hatte belügen lassen, dass sie ihm alles geglaubt hatte, wo sie es besser hätte wissen sollen. Ethan war kein Mann, der sich mit einem Schreibtischjob zufrieden gegeben hätte oder im Hintergrund geblieben wäre, wenn andere in vorderster Reihe kämpften. Er war in einer vom Militär geprägten Familie aufgewachsen, war sieben Jahre lang Soldat gewesen, davon drei Jahre bei der Spezialeinheit. Schon sein Vater gehörte zur Elite des Heeres, und sein Bruder war bei der Operation Desert Storm gefallen.
    Konnte sie ihm weiterhin grollen, wo er sie doch nur belogen hatte, um sie zu beschützen? Konnte sie ihm seine Eigenschaften, die zu ihm gehörten wie sein Herzschlag, zum Vorwurf machen? Und vor allem – wie sollte sie sich gegen ihn wehren, wenn er noch immer die Macht besaß, sie mit einer Berührung oder einem Lächeln schwach zu machen?
    ***
    Es war bereits Vormittag, als sie den River Ridge State Park südlich von Champaign erreichten. Beide Kinder wurden wach, als Ethan vor einem niedrigen Gebäude in der Nähe des Eingangs hielt. Danny zwängte sich zwischen den Sitzen nach vorn, um durch die Windschutzscheibe zu spähen. Callie blickte mit weit aufgerissenen, neugierigen Augen aus dem Seitenfenster.
    »Warum halten wir an?«, wollte Danny wissen.
    Ethan stellte den Motor ab. »Wir mieten uns ein Blockhaus.«
    »Hältst du das für eine gute Idee?«, fragte Sydney.
    »Hier wird uns keiner suchen, und wir müssen erst mal ausruhen, bevor wir uns die nächsten Schritte überlegen.«
    »Ich will aber weiter!«, protestierte Danny.
    »Na, dann viel Spaß.« Ethan machte eine einladende Geste zum Nordende des Parks. »Champaign liegt ungefähr achtzig Kilometer westlich.«
    Danny wollte schon widersprechen, doch Sydney legte ihm die Hand auf den Arm. »Er hat Recht, Danny. Wir sind alle hundemüde und brauchen eine Pause.«
    Der Junge schob sich auf seinen Sitz zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Ethan warf ihm einen mahnenden Blick zu, stieg dann aus und ging ins Haus. Wenige Minuten später kehrte er

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