Die letzte Schoepfung
oder zu dritt. Eine lautstarke Gruppe zog ihn unwiderstehlich an: Sie hatte sich um zwei Jungen geschart, die nur ein paar Jahre älter waren als er selbst. Jeder Junge hatte seinen eigenen Joystick. Offenbar spielten sie gegeneinander.
Danny war gebannt.
Das Spiel hieß ›Street Fighter‹. Es war eine ausgefeiltere Version als auf Dannys Gameboy, im Prinzip aber das gleiche Spiel. Nur viel cooler: Es gab mehr Spielzüge und eine bessere Grafik, und die Figuren bewegten sich viel schneller.
Danny beobachtete die beiden Jungen genau. Besonders interessierten ihn die Extratasten, die er von seinem Gameboy nicht kannte. Einer der Jungen war klar der bessere und hieß Gerard, wie man den begeisterten Zurufen entnehmen konnte. Als er den letzten Spielzug machte, mit dem er seinen Gegner besiegte, jubelte die ganze Gruppe. Er war ganz klar der Liebling. Jeder klopfte ihm auf die Schulter und erklärte ihn zum Besten.
»So gut ist er gar nicht.« Callies Kleinmädchenstimme drang durch den Tumult. »Mein großer Bruder kann das viel besser!«
»Callie!« Ungläubig blickte Danny seine kleine Schwester an, während es um sie herum still wurde. Der Typ, dieser Gerard, war doppelt so groß wie er. Wollte Callie, dass er umgebracht wurde?
»Na ja, stimmt doch!«, beharrte sie.
Gerard bahnte sich durch die Umstehenden den Weg zu Danny. »Glaubste vielleicht, du könntest mich schlagen, Kleiner?«
»Äh…« Danny blickte Callie noch einmal an und fragte sich, wieso sie ausgerechnet diesen Moment gewählt hatte, um mit ihm zu prahlen. Dann schaute er wieder Gerard an, der ihn wie ein Turm zu überragen schien, und zuckte die Achseln. »Weiß nicht. Wahrscheinlich nicht.«
Gerard lachte, und seine Freunde fielen ein. »Deine kleine Schwester glaubt's aber.«
Wieder hob Danny die Schultern und schwor sich, Callie zu erwürgen, wenn er heil hier herauskäme.
Gerard hielt eine seltsam aussehende Münze hoch, dann knallte er sie auf die Spielkonsole. »Hast wohl Angst, es zu versuchen.«
Danny kramte ein paar Münzen aus der Tasche. »So welche hab ich nicht.«
Die Jungen um sie herum brachen in noch lauteres Gelächter aus.
»Ich sag dir was«, meinte Gerard in gönnerhaftem Ton. »Du gehst jetzt rüber zu dem Automaten und ziehst dir 'n paar Spielmarken. Ich warte hier.«
Danny zögerte. Callie versetzte ihm einen Rippenstoß. »Hol dir schon die Spielmarken, Danny.«
Er warf ihr einen finsteren Blick zu, ging aber zum Automaten. Die Spielmarken kosteten fünfundzwanzig Cents; für einen Dollar gab es fünf Stück. Danny wollte einfach nicht glauben, dass Callie ihn so reingeritten hatte. Sie konnten es sich nicht leisten, einen Dollar auszugeben, nur damit Danny sich zum Narren machte.
Als er zurückkam, sagte Gerard gnädig: »Du darfst sogar anfangen.« Die Zuschauer kicherten.
»Muss nicht sein«, meinte Danny. »Spiel du als Erster.«
»Auf keinen Fall, Kleiner. Ich will dich nicht gleich schocken. Du fängst an.« Er nahm eine von Dannys Marken und steckte sie in den Schlitz. »Unsere Regeln sind, dass der Verlierer das nächste Spiel zahlt.«
Argwöhnisch stellte Danny sich vor den Bildschirm.
Beim ersten Spiel musste er hauptsächlich das Gefühl für die Steuerungshebel bekommen. Doch als es fast zu Ende war, hatte er begriffen und war sich nicht einmal mehr der Zuschauer hinter ihm bewusst. Natürlich verlor er, aber nicht so hoch, wie er gedacht hatte.
Er warf eine neue Marke ein und blickte den Älteren an. »Nochmal?«
Gerard grinste verkniffen und nickte.
Als Danny seine fünfte Marke einwarf, war er schon so gut geworden, dass Gerard sich anstrengen musste zu gewinnen. Die anderen Kids behandelten Danny schon wie einen der ihren: Sie jubelten, wenn er Punkte gesammelt hatte, und stöhnten, wenn er einen Spielzug versiebte.
Als Danny auch das letzte Spiel knapp verloren hatte, schlugen ein paar Jungs ihm aufmunternd auf die Schultern und wünschten ihm Glück für das nächste Mal. Selbst Gerard schien beeindruckt und folgte Danny und Callie vor die Ladentür. »Du spielst gar nicht so übel«, meinte er. »Wohnst du hier in der Nähe?«
Dannys Argwohn keimte wieder auf. »Nicht so richtig.«
»Wo seid ihr denn her?«
Danny wusste nicht genau, was er sagen sollte. »Wir kommen aus … äh, Seattle.«
»Cool. Mit euren Eltern hier?«
» Ja …«
»Wir suchen nach unserem Dad«, schaltete Callie sich ein. »Wir sind ihm gestohlen worden.«
Danny warf ihr einen besorgten Blick zu. Was war
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