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Die Letzte Spur

Die Letzte Spur

Titel: Die Letzte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Schritt getan war, hatte Pamela ihre ganze Geschichte erzählt. Mit einer monotonen Stimme, mit einem seltsam abwesenden Ausdruck in den Augen.
    Sie erzählte Ungeheuerliches, und als sie fertig war, sprachen minutenlang weder Marc noch Rosanna auch nur ein Wort. Rosanna war wie vor den Kopf geschlagen. Sie fühlte sich wie in einem schlechten Traum und dachte, dass jeden Moment jemand kommen und sie aufwecken müsse.
    Schließlich war es dennoch sie gewesen, die das lastende Schweigen brach.
    »Ich brauche jetzt unbedingt eine Dusche«, hatte sie gesagt, und irgendwie hatte dieser Satz, der so gar nicht zu dem zuvor Gehörten passen wollte, den Bann gebrochen, der über allen dreien lag.
    Marc hatte angeboten, Rosanna zu ihrem Hotel zu bringen, aber sie hatte den Kopf geschüttelt. »Bleib du bei Pamela. Ich nehme ein Taxi.«
    Natürlich hätte sie auch bei Marc duschen können, aber sie brauchte unbedingt frische Wäsche, neue Kleider, ihr Make-up. Es waren achtundvierzig Stunden vergangen, in denen sie sich nicht hatte zurechtmachen können und in immer denselben Sachen gesteckt hatte – sogar während der Nächte. Sie wäre notfalls zu Fuß zu ihrem Hotel gelaufen, nur um endlich aus ihren Klamotten herauszukommen.
    Sie hatte Pamela angeboten, sie mit zu sich zu nehmen, aber bei dem Gedanken an ein großes Hotel und an eine Lobby voller Menschen war Pamela schon wieder zurückgezuckt. »Nein. Nein, lieber nicht. Ich bleibe hier.«
    In Marcs stiller Wohnung schien sie ein wenig Sicherheit zu empfinden.
    Es war Marc gelungen, zwei Termine vom Vormittag auf den Nachmittag zu verschieben, aber er sagte, dass er spätestens um halb zwölf in sein Büro würde fahren müssen. Seine Sekretärin war noch immer krank, und es warteten Berge von Arbeit auf ihn.
    »Bis dahin bin ich zurück«, sagte Rosanna, »entweder gelingt es mir dann, Pamela mitzunehmen, oder ich bleibe hier bei ihr. Nur allein sollte sie im Moment nicht sein. Am Ende taucht sie sonst irgendwo in London unter oder springt in die Themse, oder tut sonst etwas Unberechenbares. Es geht ihr psychisch sehr schlecht – und das ist, weiß Gott, kein Wunder!«
    Marc hatte sie hinunter auf die Straße begleitet, nachdem sie das Taxi bestellt hatten.
    »Aber du weißt, dass wir zur Polizei müssen«, sagte er, als sie unter vier Augen sprachen, »sie kann jetzt nicht tagelang entweder in meiner Wohnung oder in deinem Hotel sitzen, und wir halten all das zurück, was sie uns erzählt hat. Ich kann mir so etwas schon allein wegen meines Berufs nicht leisten. Sie muss eine Aussage machen, es bleibt ihr nichts anderes übrig.«
    Rosanna nickte. »Ich werde mit ihr sprechen, wenn ich zurück bin. Sie wird es schon verstehen.«
    Sie standen einander gegenüber. Der Tag war noch kalt, aber wieder ging eine strahlend helle Sonne auf.
    Marc streckte die Hand aus, berührte sacht mit dem Finger Rosannas Wange. »Es war etwas sehr Besonderes mit dir in Northumberland«, sagte er leise. »An diesem Strand. Es war ein sehr besonderes Gefühl.«
    Sie wusste, dass sie mit dem Feuer spielte, wenn sie sich auf ein Gespräch dieser Art überhaupt einließ, aber sie fragte dennoch zurück: »Und jetzt? Jetzt, hier in London, ist kein besonderes Gefühl mehr da?«
    Er überlegte. Sie hatte nicht den Eindruck, dass er seine Antwort einfach nur so dahinsagte. Es war kein Geplänkel, das zwischen ihnen stattfand.
    »Mein Gefühl hat sich nicht verändert«, sagte er schließlich, »aber ich versuche, gut darauf aufzupassen. Ich weiß nicht, was sein wird. Ich weiß nur, dass die Umstände ungünstig für mich sind. Ich will mich nicht verstricken.«
    Sie hob hilflos beide Arme. »Ich wünschte, ich könnte irgendetwas …«
    »Bitte fühl dich nicht unter Druck gesetzt«, unterbrach er sofort. »Wir beide stecken ohnehin gerade in einer komplizierten Situation. Ich schlage vor, wir lösen erst einmal das Rätsel um Pamela und Elaine – wenn uns das überhaupt gelingt. Alles andere … sehen wir später.«
    Rosanna musste lächeln, obwohl sie sich kein bisschen glücklich fühlte. »Das ist sehr vernünftig.«
    »Wir können im Augenblick auch nur versuchen, vernünftig zu sein«, sagte er.
    Das Taxi bremste neben ihnen. Marc öffnete die Wagentür. »Es ist gut zu wissen, dass ich dich nachher wiedersehe«, sagte er.
    Alles andere wäre auch schwer erträglich, dachte Rosanna, und über diesen Gedanken erschrak sie so sehr, dass sie nicht einmal zurückblickte, um festzustellen, ob

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