Die Letzte Spur
gezeigt: Als Marc sie gefragt hatte, ob man sie nach Hause bringen könne, hatte sie entsetzt aufgeschrien. »Nein! Nein, um Gottes willen! Nein! Ich muss hier weg!«
»Aber Ihre Sachen«, hatte Rosanna eingewandt. »Sie müssen doch …«
»Ich will weg! Bitte bringen Sie mich hier weg!«
»Dann nehmen wir Sie mit nach London«, hatte Marc schließlich entschieden, »aber dort müssen Sie uns ein paar Dinge erklären, Miss Luke. Die Sache ist wirklich wichtig für uns.«
Pamela hatte den Kopf gegen die Autofensterscheibe gelehnt und sich in undurchdringliches Schweigen gehüllt.
Sie waren durch die Nacht gefahren, hatten nichts als Dunkelheit erkannt und die Lichter entgegenkommender Autos. Rosanna und Marc hatten ebenfalls geschwiegen. Irgendwann war Marc auf einen Rastplatz gefahren.
»Ich brauche eine kurze Pause. Ich will nicht am Steuer einschlafen.«
Er und Rosanna waren in die zu dem Rastplatz gehörende Gaststätte gegangen, die über Nacht geöffnet hatte. Pamela reagierte nicht auf ihre Bitten und Aufforderungen, sie zu begleiten. Sie blieb einfach sitzen, den Kopf noch immer an die Scheibe gepresst. Aber sie schlief nicht. Ihre Augen waren weit aufgerissen.
Rosanna äußerte die Sorge, sie könne die Gelegenheit nutzen, sich aus dem Staub zu machen, aber Marc hielt das für unwahrscheinlich.
»Sie ist viel zu erschöpft. Und sie weiß auch, dass sie von hier aus nirgendwohin kommt. Lass sie einfach in Ruhe. Wahrscheinlich braucht sie den Abstand zu uns und überhaupt zu allem und jedem.«
Die Gaststätte war leer, schlecht beleuchtet, und die Frau hinter der Theke hatte ein Pferdegebiss und war äußerst mürrischer Laune. Immerhin gab es einen ganz anständigen, recht starken Kaffee. Rosanna und Marc setzten sich an einen der Plastiktische. Jemand hatte I love Jeremy forever mit grünem Filzstift auf die Platte geschrieben.
Rosanna hatte Elaines Ausweis nicht an Pamela zurückgegeben. Sie zog ihn aus ihrer Tasche. »Umsonst war der Weg nach Langbury nicht«, sagte sie, »denn nun haben wir eine echte Spur. Elaines Pass. Es ist nicht zu glauben. Allerdings bin ich, ehrlich gesagt, verwirrter als zuvor!«
»Bist du denn ganz sicher, dass es sich wirklich um Elaines Pass handelt?«, fragte Marc. Er war blass und hatte gerötete Augen vor Müdigkeit, aber in seiner Stimme schwang ein Vibrieren, das verriet, wie angespannt und zugleich erregt er war.
Sie schlug ihn auf. »So viele zufällige Übereinstimmungen kann es nicht geben. Elaine Susan Dawson. Das ist ihr vollständiger Name. Geboren am 1. August 1979. Auch das stimmt. Geboren in Taunton, Somerset. Ebenfalls ein Treffer.« Sie schloss das Dokument. »Noch Zweifel? Und das Foto zeigt ebenfalls einwandfrei meine Elaine. Nein, Marc, es ist gar keine Frage, wir haben hier ihren Pass vor uns liegen. Wenn wir jetzt noch herausfinden, wie er in den Besitz dieser seltsamen Pamela Luke geraten ist, dürften wir der Lösung des Rätsels schon wesentlich näher sein.«
»Sie wird es uns erzählen«, meinte Marc, »die Frage ist nur, wie bald? Sie scheint mir vollkommen traumatisiert zu sein. Vor irgendetwas hat sie entsetzliche Angst, und das lässt sie immer wieder verstummen. Eigentlich müssten wir mit ihr und diesem Ausweis sofort zur Polizei gehen.«
»Wir dürfen ihr nicht das Gefühl geben, sie könne uns nicht vertrauen. Sonst sagt sie nie wieder ein Wort. Wir sollten sie erst einmal irgendwohin bringen, wo sie sich ausruhen kann.«
»Dann schlage ich vor, wir fahren zu mir«, sagte Marc. »Meine Wohnung ist still und leer, und sie kann dort zu sich kommen. Aber unser Rückzug mit ihr kann nur vorübergehend sein, hörst du? Die Sache muss zur Polizei. Ich will nicht am Ende noch den Verdacht an mir kleben haben, ich hätte versucht, irgendwelche Beweise oder Spuren zu unterschlagen. Ich will mit absolut offenen Karten spielen.«
Sie nickte. »Natürlich. Das ist doch klar. Ich finde es nur nicht geschickt, jetzt mit ihr ohne Umweg in ein Polizeirevier zu marschieren. Ich könnte mir vorstellen, dass sie unter der Befragung eines Beamten keinen Ton mehr von sich gibt.«
»Und dann würde ich wirklich gern herausfinden, wer Lee Pearce auf uns gehetzt hat«, sagte Marc. »Dieser Tony Harper könnte ein Zeitproblem für uns darstellen, Rosanna. Wenn seine Geschichte – wie auch immer aufbereitet – öffentlich wird, bevor wir bei der Polizei waren, haben wir schon schlechte Karten.«
»Also dann«, sie schob ihren Becher weg und stand
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