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Die Letzte Spur

Die Letzte Spur

Titel: Die Letzte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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auf, »lass uns weiterfahren. Wir sollten schnellstens in London ankommen.«
    Sie hatten die Außenbezirke der Hauptstadt in den frühen Morgenstunden erreicht, waren trotzdem bereits in zahlreiche Staus geraten. Es wurde acht Uhr, bis sie Marcs Wohnung, die sich in einem modernen, fantasielosen Mehrfamilienhaus befand, betraten. Alle drei waren sie übernächtigt, hatten steife Gelenke und brennende Augen. Rosannas Sehnsucht nach einer Dusche wurde fast übermächtig. Sie hatte sich selten so schmuddelig, ungepflegt und unattraktiv gefühlt. Marcs Anwesenheit und die beklemmenden Gefühle, die er in ihr auslöste, vergrößerten noch ihr Unbehagen.
    Er kam aus der Küchenecke mit einem Tablett, auf dem eine große Kaffeekanne, drei Tassen, eine Zuckerdose und ein Milchkännchen standen. »Eine erste Stärkung«, sagte er. »Wie ist es, soll ich rasch über die Straße zum Bäcker gehen und ein paar Muffins holen?«
    Rosanna löste sich von der Betrachtung der Wohnung und von dem Versuch, aus ihrer Einrichtung Rückschlüsse auf den Charakter ihres Bewohners zu ziehen. »Ich gehe. Bleib du bei Pamela und flöße ihr ein bisschen Kaffee ein, wenn es geht!«
    Als sie mit einer großen Tüte voll frischer und köstlich duftender Blaubeermuffins zurückkehrte, hatte sich Pamela immerhin aus ihrer Sofaecke bis zum Esstisch bewegt, dort niedergelassen und begonnen, an ihrem Kaffee zu nippen. Ihre Wangen hatten einen Hauch von Farbe bekommen.
    Marc saß ihr gegenüber. Es sah nicht so aus, als hätten die beiden in der Zwischenzeit einen regen Gedankenaustausch gepflegt, wie Rosanna frustriert feststellte. Sie hoffte, dass Pamela sich ihnen nun schnell anvertrauen und vor allem dabei mit offenen Karten spielen würde.
    Sie legte die Muffins in einen dafür bereitstehenden Korb, setzte sich ebenfalls an den Tisch und rührte einen Löffel Zucker in ihren Kaffee.
    Dann sah sie Pamela sehr ernst an.
    »Pamela, wir wollen Sie nicht bedrängen. Aber es ist ungemein wichtig für uns, dass Sie uns erklären, wie Sie an den Pass meiner Freundin Elaine gekommen sind. Bitte. Und leider haben wir für all das nicht allzu viel Zeit.«
    Pamela setzte ihre Kaffeetasse ab.
    »Nein«, bestätigte sie, »wir haben nicht allzu viel Zeit. Wenn dieser Reporter mein Foto veröffentlicht, wird Pit alle Hebel in Bewegung setzen, um mich zu finden. Und dann wird er mich umbringen.«
    Sie sagte dies voller Angst, aber zugleich mit einer ungeheuren Selbstverständlichkeit, die angesichts des Inhalts ihrer Aussage schockierend wirkte.
    Rosanna und Marc starrten sie entsetzt an.
    »Umbringen?«, fragte Rosanna, während Marc gleichzeitig wissen wollte: »Wer ist Pit?«
    Pamela beantwortete Marcs Frage zuerst.
    »Er ist ein Psychopath. Ein Killer. Der gefährlichste Mensch, den ich kenne. Er hat bereits eine Frau ermordet. Und mit mir wird er das auch machen. Er ist krank.«
    »Er hat eine Frau ermordet?«, wiederholte Marc. »Und er will Sie töten? Warum, um Himmels willen, sind Sie denn nicht zur Polizei gegangen? Ich meine, mit diesem Wissen …«
    Pamela unterbrach ihn. Sie lächelte. Das Lächeln war zwar nicht glücklich, aber es enthüllte die Tatsache, dass es sich bei Pamela Luke um eine ungewöhnlich attraktive Frau handelte – wie Rosanna verwundert bemerkte. Anders zurechtgemacht, hätte sie als Fotomodell arbeiten können. Sie hatte nur all ihre Energie darauf verwandt, wie eine graue Maus auszusehen.
    »Bei Männern wie Pit«, sagte sie, »kann einem die Polizei nicht helfen.«
    »Wenn ihm ein Mord nachzuweisen ist, wird er zumindest auf Jahrzehnte weggesperrt«, sagte Marc.
    »Und wenn ihm der Mord nicht nachzuweisen ist?«, gab Pamela zurück. »Mr. Reeve, Sie wissen doch, wie die Dinge laufen. Das Opfer interessiert niemanden. Das mögliche nächste Opfer erst recht nicht. Verständnis und Interesse gebühren stets dem Täter. Selbst wenn sie einen Mörder wegsperren, dann kommt er frühzeitig wieder nach draußen, weil sich garantiert irgendein Psychologe findet, der ihm völlige Resozialisierung bescheinigt. Er macht sich durch die sogenannte gute Führung beliebt, und niemand kann in ihn hineinschauen und wissen, ob das nicht alles nur eine perfide Strategie ist. Vor Pit wäre ich in meinem ganzen Leben nicht mehr sicher gewesen. Es konnte für mich nur ein Untertauchen geben, sonst nichts.«
    »Diese Frau, von der Sie sagen, Pit habe sie umgebracht«, begann Rosanna, »könnte es sein, dass …«
    »Was?«
    »Dass es sich um

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