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Die Letzte Spur

Die Letzte Spur

Titel: Die Letzte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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andere nicht. Sie sind unsicher, grübeln. Dann rät ihnen irgendjemand dazu, zur Polizei zu gehen und den Verdacht zu äußern. Sie überlegen wieder hin und her, aber schließlich fassen sie sich ein Herz und tun es. Bis dahin kann gut und gern eine volle Woche verstrichen sein.«
    »Sie halten mich auf dem Laufenden?«, fragte Angela.
    »Selbstverständlich«, sagte Fielder sofort. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Ihre Entdeckung war wichtig, Miss Biggs. Gut, dass Sie mich angerufen haben. Bitte melden Sie sich, wenn Ihnen wieder etwas auffällt.«
    Sie versprach, dies zu tun, dann verabschiedete sie sich und legte den Hörer auf. Sie hatte nicht den Eindruck, ihrer toten Schwester auch nur um einen einzigen Schritt näher gekommen zu sein. Wenn das überhaupt dadurch gelingen würde, dass man herausfand, wer ihr Mörder war. Die ganze Zeit über dachte sie, sie würde leichter atmen, wenn sie erst wusste, wer Lindas schweren Tod zu verantworten hatte.
    Plötzlich war sie nicht mehr sicher. Vielleicht wurde gar nichts besser dadurch.
    Vielleicht gab es für den Schmerz, den sie empfand, nie mehr eine Heilung.
     
    4
     
    Es war fünf Uhr am Nachmittag, als Dennis Hamilton vom Büro zurückkam, ungewöhnlich früh für ihn, und er hätte auch noch mehr als genug zu tun gehabt. Aber er fühlte sich nicht wohl, litt schon den ganzen Tag unter heftigen Kopfschmerzen und mutmaßte, dass er eine Grippe bekommen würde. Daheim nahm er als Erstes zwei Aspirin und hoffte, das mörderische Hämmern hinter seiner Stirn würde sich beruhigen.
    Er war fast nie krank. Vielleicht kein Zufall, dass er es jetzt wurde.
    Valentinstag. Und er hatte sich nicht bei Rosanna gemeldet. Er wusste, dass es an ihm gewesen wäre, das zu tun; nach dem letzten Gespräch, das sie miteinander geführt hatten, wäre ganz klar er an der Reihe gewesen. Er wusste, dass es nicht richtig gewesen war, sie wegen des beruflichen Auftrags in England derart zu attackieren. Er wusste eigentlich meistens, wann er sich falsch verhielt, auch gegenüber seinem Sohn. Trotzdem schien es, als könne er nichts daran ändern. Was ihn trieb, waren Ängste, die sich zu tief in ihm verankert hatten, als dass er ihrer hätte Herr werden können.
    Er ging in die Küche, schenkte sich einen Weißwein ein und wanderte, das Glas in der Hand, durch die unteren Räume des Hauses. Der Alkohol mochte für seine Kopfschmerzen nicht gut sein, für seine Psyche war er es bestimmt. Das Haus symbolisierte für ihn so sehr Rosanna, dass ihn der Schmerz wegen ihrer Abwesenheit wieder einmal unerwartet heftig packte. Sie hatte die Bilder ausgesucht, die an den Wänden hingen, sie hatte die spanischen Teppiche gekauft, die auf den roten Terrakottafliesen lagen. Die gerahmten Familienbilder auf dem weiß gekalkten Kaminsims waren von ihr liebevoll dort angeordnet worden. Die gemütlichen Sofas mit den bunten Kissen, die schlichten weißen Vorhänge an den Fenstern, das alles war ihr Werk. Sie hatte dem Haus einen sehr ausgewogen gemischten Stil aus spanischen und englischen Elementen verliehen. Und die blühenden Beete draußen im steinernen Innenhof waren ebenfalls von ihr angelegt und gehegt und gepflegt worden. Sie hatte alles darangesetzt, für ihn, Robert und sich selbst ein gemütliches Nest zu schaffen. Und das, obwohl sie alles andere als glücklich war in Gibraltar. Er kannte ihr Heimweh nach England. Nur – was hätte er tun sollen?
    Er blieb am Fenster stehen, starrte hinaus. Hier in Gibraltar war der Frühling Mitte Februar schon weit fortgeschritten. Die Bäume standen in schönster Blütenpracht. Er liebte das. Er mochte Spanien, die Wärme, die üppige Vegetation. Das englische Klima hatte er immer gehasst. Aber natürlich konnte er nicht erwarten, dass Rosanna ebenso empfand. Er konnte sich nur darauf berufen, dass sie gewusst hatte, wo er lebte, wo er seinen Beruf hatte. Dennoch hatte sie ihn geheiratet.
    An jenem 11. Januar 2003. Jenem verrückten Tag vor fünf Jahren.
    Der sie jetzt in gewisser Weise wieder einholte. Denn vielleicht wäre diese Elaine Dawson – die er selbst überhaupt nicht kannte – niemals verschwunden, hätte Rosanna sie nicht zu ihrer Hochzeit eingeladen. Oder wenn am Vortag nicht solch ein Nebel in London geherrscht hätte. Oder, oder … Auf jeden Fall hätte Nick Simon dann keinen Grund gehabt, ausgerechnet Rosanna mit dem Schreiben dieser blöden Serie über Verschwundene zu beauftragen, und sie wäre zwar zum Geburtstag ihres

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