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Die letzte Visite

Die letzte Visite

Titel: Die letzte Visite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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gerne. Hm.
    Pinkus’ sonniger Schädel, sein Haar über
den Ohren und sein Durst. Edeltraud mit roten Bäckchen und Haarnadeln im Dutt.
Wer konnte in wen hineingucken?
    »Tja«, seufzte ich und gab ihr ein
neues Gänseblümchen, »eine Schwester käme auch in Betracht. Oder eine
technische Assistentin. Zu dem Einfall braucht man nicht unbedingt das
Staatsexamen mit Summa cum laude hinter sich gebracht haben. Bißchen Chemie und
Pharmakologie genügen vollkommen. Gerade die ärztlichen Hilfskräfte sind
nachgewiesenermaßen häufig in nette, kleine Mordfälle...«
    Petras Augen funkelten.
    »Die ärztliche Hilfskraft wird Sie
gleich im Teich ersäufen!«
    Sie wußte nicht, daß sie bald das
Gegenteil würde tun müssen, und ich wußte es Gott sei Dank auch nicht.
    »Das ist eine feine Idee. Springen wir
wieder hinein, Petrine. Ich komme mir vor, als läge ich mit dem Bauch auf dem
Äquator.«
    Ich nahm sie bei der Hand, und wir
gingen langsam auf das Wasser zu. Es war herrlich kühl an den Waden. Petra
schoß im Schmetterlingsstil fünfzig Meter hinaus. Ich versuchte zu folgen,
gedachte dann aber meines Kreislaufs und gab es auf. Dabei hätte mir Übung sehr
gut getan.
    Als ich auf dem Rücken lag und neben
Petra hertrieb, nur leicht mit den Händen paddelnd, überlegte ich mir, ob ich
nachher versuchen sollte, sie zu küssen. Mut war nötig. Aber schließlich war
genügend Zeit. Es war wohl auch besser, so lange zu warten, bis Nogees die
Morde aufgeklärt hatte.
    Wir ließen uns noch zweimal von der
Sonne trocknen und gingen noch zweimal ins Wasser. Nach dem letzten Mal zog ich
meine Textilien über die nasse Haut, um die Kühle noch eine Weile zu speichern.
Petra vollführte Verrenkungen hinter ihrem Bademantel. Der Übergang vom
Badeanzug zum Kleid hatte seine Schwierigkeiten. Ich sah natürlich nicht hin,
wie es sich gehörte.
    Während wir heimwärts wanderten, erzählte
ich Petra ein bißchen von mir, zunächst nur das Vorteilhafte. Der Vortrag
endete, als wir an Klärchens Kneipe vorbeikamen. Zu meiner Freude gelang es mir
mühelos, Petra ins Innere zu ziehen. Das Bier war die reine, filtrierte Wonne.
    »Ich hab’ gar keine Lust mehr, da oben
hinauf zu gehen«, sagte sie. »Es wird langsam unheimlich. Ob noch was
passiert?«
    »Glaube ich eigentlich nicht. Das
Klassenziel ist erreicht. Bergius ist tot. Natürlich kann...«
    »Was kann?«
    »Na, der Mörder kann ins Gedränge
geraten. Und dann wird er nervös und macht vielleicht Dummheiten — beißt um
sich, wie ein Tier in der Falle. Aber meistens ist das nur in Krimis so. Im
wirklichen Dasein gibt es eine schlichte, kühle Verhaftung, und der Bart ist
ab. Ich würde mir also keine übertriebenen Sorgen machen.«
    Als ich bezahlte, fragte die Wirtin:
»Was hatte der Herr Oberarzt denn neulich?«
    »Ach, dem war nur was eingefallen«,
antwortete ich. »Der hat oft so plötzliche Einfälle, wo er wieder was umbauen
kann und so. Und da schlägt er dann vor Freude die Biere von der Tafel.«
    Klara beugte sich herunter und
flüsterte.
    »Gibt’s denn oben schon was Neues?«
    »Nichts«, sagte ich.
    »Und die Polizei hat gar keinen
Verdacht?«
    »Verdacht vielleicht. Nur keinen
Mörder.«
    Die Wirtin schüttelte sich.
    »Nicht um alles in der Welt möchte ich
jetzt dort oben sein!«
    »Auch wir wüßten Schöneres. Deswegen
kommen wir so oft zu Ihnen.«
    Sie sah uns nach, als wir hinausgingen,
im Blick halb Mißtrauen, halb Mitleid.
    Oben war alles ruhig. Einer der
Polizisten stand am Tor und grüßte uns mit verdrossener Nachlässigkeit. Man
sah, daß er dabei ›Mörderbande‹ dachte. Es focht uns weniger an, als er
vielleicht hoffte.
    Ich verabschiedete mich gemessen und
mit Dank für den schönen Ausflug von Petra. Sie machte einen Knicks und schritt
auf braunen Beinen davon. Ich sah hinterher, bis es nichts mehr zu sehen gab.
    Auf meinem Zimmer blieb nur übrig, die
Zeit vor dem Abendessen irgendwie zu vertrödeln. Ich schaffte das mühelos und
ging dann ins Kasino.
    Pinkus war schon da, lehnte an einem
Fensterbrett und starrte hinaus. Ich lehnte mich daneben. Er sah meine Bräune
und nickte sorgenvoll.
    »Am Weiher gewesen, was? Mit Petra,
wie?«
    Ich gab es sofort zu.
    »Natürlich. Der Zusammenbruch der
Zweigstelle steht unmittelbar bevor, und Sie gehen schwimmen mit den
Hilfskräften.«
    »Warum steht der Zusammenbruch
unmittelbar bevor?«
    »Nun, zunächst werde ich verhaftet und
hingerichtet. Dann stellt sich heraus, daß man sich geirrt hat. Danach

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