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Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly McCreight
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war gerade eingeschlafen, als die erste SMS kam. Ich bin wie von der Tarantel gestochen hochgefahren, als ich das leise Ping hörte, und hab mein Handy angestarrt. Das war schlau von ihnen gewesen, mich den ganzen Tag in Ruhe zu lassen. Nachdem ich gedacht hatte, es wäre vorbei, war es viel schlimmer, als es wieder losging.
    Die SMS kamen eine nach der anderen, es hörte überhaupt nicht mehr auf. Eine war gemeiner als die andere, und es war immer dasselbe Foto angehängt– eins, das ich noch nie gesehen hatte. Es zeigte Dylan und mich beim Knutschen. Aber man konnte Dylan nicht erkennen. Nur mich. Wie ich mit einem Mädchen knutschte.
    » Können wir die erste Stunde ausfallen lassen? « , fragte ich Sylvia am nächsten Morgen auf dem Schulweg. Wir waren noch vier Blocks von der Schule entfernt. Weit genug, um uns unauffällig zu verdrücken. » Wir könnten irgendwo einen Muffin essen gehen oder so. «
    » Hat Amelia Baron gerade allen Ernstes vorgeschlagen, die Schule zu schwänzen? « Sylvia schlug sich theatralisch eine Hand vor die Brust. » Womit willst du mich als Nächstes schockieren? Mit einem Striptease? «
    » Ich mein es ernst, Sylvia. Ich… « Ich schaute zur Schule hin. » Ich bin einfach schlecht drauf. Außerdem würde ich nur Kunst verpassen. Das zählt nicht mal als Schwänzen. «
    » Ich würde Spanisch verpassen, aber wenn ich mir überlege, dass ich sowieso keinen Ton von dem verstehe, was da geredet wird, gilt das bestimmt auch nicht als Schwänzen. « Sie hakte sich bei mir ein. » Das ist hoffentlich kein Trick, um mit mir allein zu sein, damit du mir an die Wäsche gehen kannst, oder? « , sagte sie mit rollenden Augen. Dann machten wir kehrt und gingen Richtung Seventh Avenue. » Wo du doch jetzt lesbisch bist und alles. «
    » Du glaubst es mir also immer noch nicht? «
    Nachdem ich ihr erzählt hatte, dass ich lesbisch bin, hatte Sylvia mir mehrere SMS mit WTF ! geschickt. Aber ich hatte das Thema seitdem gemieden. Was kein Problem war. Sie war dermaßen mit Ian beschäftigt, dass sie gar nicht auf die Idee kam, mich danach zu fragen, wenn wir allein waren.
    » Ich glaube dir, dass du es glaubst « , sagte Sylvia. Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter, um zu sehen, ob uns jemand folgte. Es gab Aufpasser der Schule im Viertel, aber die waren meist ziemlich rassistisch. Die würden zwei weiße junge Mädchen tunlichst übersehen, weil sie wussten, dass ihnen das nur Ärger mit deren Eltern einbringen würde. » Bloß weil du dich Jungs gegenüber nicht normal benehmen kannst, heißt das noch lange nicht, dass du nicht auf sie stehst. Vielleicht bist du nicht lesbisch, sondern einfach nur komisch. «
    » Vielen Dank auch. «
    Ohne dass wir es abgesprochen hatten, steuerten wir beide das Connecticut Muffin gegenüber der William Penn Elementary an. Da gingen wir immer hin, wenn unsere Schule einen Tag frei hatte, die staatlichen Schulen aber nicht. Wir machten uns einen Spaß daraus, dazusitzen und zuzusehen, wie all die anderen Schüler draußen in der Menge herumwuselten. Das Gewimmel auf den Gehwegen gefiel uns. Im Vergleich dazu war der allmorgendliche Wahnsinn in unserer Schule gar nichts.
    » Wie sieht’s denn nun mit Ian aus? « , fragte ich, nachdem wir unsere Muffins hatten– Zitronen-Mohn für mich, Blaubeer für Sylvia– und auf Barhockern am Tresen vor dem Fenster saßen. Auf Dylan und die Maggies würde ich später kommen, zuerst musste ich mich ein bisschen in Fahrt bringen.
    » Keine Ahnung. « Sylvia zuckte die Achseln. » Susan Dolan hat anscheinend einen Freund. Ich hab sie mit ihm knutschen sehen, und die beiden wirkten echt verliebt. Ian sagt, zwischen uns ist alles in Ordnung, aber trotzdem benimmt er sich komisch. Irgendwas läuft da. Wenn es nicht Susan ist, dann eben eine andere. «
    Ich zweifelte nicht mehr daran, dass sie recht hatte.
    » Wer könnte es denn sein? «
    Sylvia hob die Schultern. » Allmählich ist es mir fast egal. « Dann schaute sie mich an. » Und was ist mit dir? Dass du angeblich am anderen Ufer grast, ist viel spannender als Ian. «
    Einen Moment lang hielt ich die Luft an. Das war die Gelegenheit. Ich musste reinen Tisch machen, komplett. Ich brauchte dringend eine Verbündete, genau wie Dr. Lipton gesagt hatte, und Sylvia war die beste Kandidatin, im Grunde die einzige. Sie würde wütend auf mich sein wegen der Maggies und wegen meiner Lügen, das war klar. Doch wie wütend sie sein würde, konnte ich nur rausfinden, wenn ich

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