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Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly McCreight
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eigentlich war. » Aber ich habe heute eine SMS erhalten, in der mir mitgeteilt wurde, dass meine Tochter nicht gesprungen ist. Wie Sie sich vorstellen können, wirft das Fragen auf, auf die ich gern ein paar Antworten hätte. Und zwar jetzt. «
    » Ach ja? « , erwiderte Molina. » Von wem kam die SMS denn? «
    » Das weiß ich nicht. Die Nachricht war anonym. «
    » Anonym, soso. « Seine Worte trieften vor Sarkasmus.
    » Ja, anonym. Was nicht bedeutet, dass es nicht stimmt « , entgegnete Kate und hoffte, dass sie selbstbewusst klang. Sie würde sich von Molina nicht ins Bockshorn jagen lassen. Diesmal nicht. » Ich möchte, dass die SMS überprüft wird. Und ich möchte eine Schriftanalyse des einen Worts, das an die Wand geschrieben wurde. Ich nehme doch an, Sie haben es fotografiert? Denn das war keine Abschiedsbotschaft, und Amelia hat es nicht geschrieben. Das war mir von Anfang an klar. Und sie hat sich auch nicht umgebracht. Das habe ich von Anfang an gewusst. «
    Erst als sie es aussprach, wurde Kate bewusst, dass es die Wahrheit war. Amelia hatte sich nicht selbst umgebracht. Amelia war nicht gesprungen. Daran bestand nun kein Zweifel mehr.
    » Es spielt also für Sie keine Rolle, dass der Gerichtsmediziner zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt ist? « , fragte Molina.
    » Ich habe meine Tochter gekannt. Ich weiß, dass sie sich nicht umgebracht hat « , sagte Kate, verzweifelt bemüht, mit sicherer Stimme zu sprechen. Aber die Schleusen waren jetzt weit offen, und alle Zweifel, die sie so fest unter Verschluss gehalten hatte, sprudelten heraus. » Ich werde herausfinden, wer oder was sie umgebracht hat, Detective. Sie können mir dabei helfen, oder Sie können mir aus dem Weg gehen. Aber ich schwöre Ihnen, dass ich diesmal nicht stillhalten werde, bloß weil Sie das so wollen. Die Zeiten sind vorbei. «
    » Tatsächlich? « Molina klang, als lächelte er. » Dann kann ich Ihnen nur raten… «
    Kate brach das Gespräch ab und warf das Telefon so heftig auf den langen Holztisch, dass es bis ans Ende rutschte, auf den Boden flog und zerschellte.
    » Mist « , fluchte Kate mit Tränen in den Augen und ließ sich auf die Küchenbank sinken. Sie vergrub das Gesicht in den Händen. » Verdammt, verdammt. «
    Was hatte sie sich dabei gedacht? Mit ihrer harten Tour hätte sie Molina besser verschonen sollen. Sie brauchte ihn. Er hatte schließlich Amelias Fallakte. Nur er wusste, was er herausgefunden hatte und was nicht. Und jetzt hatte sie sich seine Unterstützung verspielt. Kate legte die Unterarme auf die raue, hölzerne Tischplatte und schmiegte die Wange an ihre Hand.
    Von dieser seitlichen Perspektive aus betrachtete sie die Küche mit den Backsteinwänden, den Designer-Einbauschränken, der Arbeitsfläche aus poliertem Granit und den Wasserhähnen aus Edelstahl. Kate kochte eigentlich nie, aber der riesige Herd und die große Spüle hätten einem kleinen Restaurant Ehre gemacht. Sie hatte das alles für Amelia angeschafft. Amelia, die keinen Vater und nicht viel von ihrer Mutter hatte. Da sollte ihr wenigstens sonst an nichts fehlen, hatte Kate sich gesagt. Was für ein Blödsinn! Was hatte Amelia von einem 4000-Dollar-Herd? Den konnte Kate jetzt bis ans Ende ihres Lebens anglotzen, während sie in der Küche saß und Fertiggerichte aß. Wie aufs Stichwort stieg ihr wieder die Säure in den Hals.
    Kate schluckte mühsam, drückte sich vom Tisch ab und ging wieder nach oben. Zu Amelias Zimmer. Sie hatte sich etwas vorgenommen, und sie würde es tun. Das war sie Amelia schuldig.
    Vor der Zimmertür holte sie tief Luft, dann drückte sie sie auf. Sie trat ein und schaltete das Licht an. Die Luft roch abgestanden. Nach Tod. Als wäre Amelia hier gestorben, hier in diesem Zimmer, und als würde sie da liegen und verfaulen.
    Ein plötzlicher Brechreiz ließ Kate ans Fenster stürzen, es aufreißen und den Kopf nach draußen strecken, um nach Luft zu schnappen.
    Sie hatte sich den Geruch nur eingebildet. Kates Verstand registrierte das, aber es half nicht. Sie musste mindestens ein Dutzend Mal die frische Luft einatmen, bis die Übelkeit nachließ. Schließlich drehte sie sich um und setzte sich auf die Fensterbank. Die kalte Novemberluft stach ihr in die Arme.
    In Amelias Zimmer zu sein war noch schlimmer, als Kate befürchtet hatte. Als sie dort saß, fehlte ihr ihre Tochter so sehr, dass ihr alles wehtat– die Beine, die Hände, die Augenlider. Sie fühlte sich, als wäre sie am ganzen Körper von

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