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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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die ihm Schaumfolger und Lena entgegenbrachten, schritt er zwischen ihnen in mürrischer Insichgekehrtheit aus. Bannors Äußerungen hatten sein Herz beklommen gemacht. Und am Abend schlief er auf dem Rücken ein, die Augen himmelwärts, als bezweifle er, jemals wieder die Sonne zu sehen.
    Aber am darauffolgenden Morgen besann er sich. Kurz nach Anbruch der Helligkeit begegnete Mähnenhüter Kams Gruppe einem anderen Seilträger. Der Mann war unterwegs zum Rand der Ebenen und trug in seinen Händen zwei kleine Sträuße gelber Blumen. Der graue Wind ließ ihre zarten Blütenblätter bemitleidenswert schlottern.
    Nachdem er Mähnenhüter Kam begrüßt hatte, entfernte er sich ein Stück weit ins Flachland, rief in einer Sprache, die Covenant nicht verstand, irgend etwas schrill in den Wind. Er wiederholte den Ruf, dann wartete er mit ausgestreckten Händen, als böte er die Blumen dem Wind an.
    Kurz darauf kamen aus der Deckung von dürrem Gesträuch am Rande eines gefrorenen Wasserlaufs zwei Ranyhyn, ein Hengst und eine Stute. Der Hengst trug zahlreiche, noch frische Kratzwunden von Klauen an seiner Brust, und die Stute erweckte einen erschlafften, ausgehöhlten Eindruck, als habe sie ein Fohlen verloren. Beide waren fast bis aufs Skelett abgemagert; Hunger hatte den Stolz aus ihren Schultern und Hinterbeinen verdrängt, ihre Rippen hervortreten lassen, ihren ausgelaugten Muskeln ein jämmerlich nacktes Aussehen verliehen. Sie wirkten, als seien ihnen schon die eigenen Köpfe zu schwer. Doch sie wieherten dem Seilträger zu. In unsicherem Trab kamen sie heran und begannen die Blumen, die er ihnen anbot, unverzüglich zu verzehren. Mit drei Bissen waren sie fort. Rasch tätschelte der Mann die Pferde, dann wandte er sich mit Tränen in den Augen ab.
    Wortlos händigte Mähnenhüter Kam dem Seilträger das zerzauste Kränzchen von seinem Kopf aus, so daß jeder der beiden Ranyhyn noch einen Bissen mehr bekam. »Das ist Amanibhavam , das heilsame Kraut der Ebenen von Ra«, erläuterte er Covenant in barschem Ton. »Es ist ein zähes Gewächs, auch dieser Winter erwürgt's nicht so leicht, wie's dem Reißer recht wäre. Es wird ihr Leben bewahren ... für einen weiteren Tag.« Während er sprach, starrte er Covenant voller Groll ins Gesicht, als sei das Elend dieser zwei Pferde die Schuld des Zweiflers. »Er ist zehn Längen weit gewandert«, fügte er mit eckigem Nicken hinüber zum Seilträger hinzu, »um ihnen dies bißchen Nahrung zu verschaffen.« Wieder beherrschte die gehetzte Zerrüttetheit seine Miene; er sah aus wie das Opfer eines Fluchs. Kummervoll drehte er sich um und setzte den Weg nordwärts fort, am Rande der Ebenen entlang.
    Covenant hatte sich besonnen; er hatte keinerlei Mühe, sich seine Absichten zu vergegenwärtigen. Als er sich dem Mähnenhüter anschloß, schritt er aus, als bekämpfe er die Gefühllosigkeit seiner Füße mit Zorn.
    Im Laufe des Tages sahen sie einige weitere Ranyhyn. Zwei davon waren unverletzt, aber alle mager, schwach, entmutigt. Sie alle hatten auf dem Weg zum Hungertod schon eine weite Strecke zurückgelegt.
    Ihr Anblick belastete Lena sehr schwer. In dieser Beziehung gab es in ihren Sinneswahrnehmungen keinerlei Unregelmäßigkeiten, keine Verzerrung, keine Unrichtigkeit. Der Anblick zehrte an ihr. Während die Zeit verstrich, sanken ihre Augen unter den Brauen ein, als ob sie versuchte, sie in ihren Höhlen zu verbergen, und rundherum entstanden dunkle Ringe, Blutergüssen ähnlich. Sie schaute spröde drein, als sei sogar Covenant in den Hintergrund ihrer Sicht gerückt – als sähe sie nichts als die hervorstehenden Rippen und fleischlosen Gliedmaßen von Ranyhyn.
    Covenant hielt während des Marschs ihren Arm, führte und stützte sie, so gut er dazu imstande war. Nach und nach verlor die Müdigkeit für ihn ihre Bedeutung; selbst der schneidend scharfe Wind, der durch die Ebenen direkt auf ihn zuwirbelte, schien nicht länger wichtig zu sein. Er stapfte hinter Kam dahin wie ein entfesselter Prophet, zum Zwecke gekommen, die Ramen nach seinem Willen zu lenken.
    Im Verlauf des Nachmittags trafen sie auf erste Vorposten ihres Ziels. Urplötzlich traten vor ihnen zwei Seilträger aus einem verdorrten Gestrüpp von Akaziensträuchern und grüßten Mähnenhüter Kam in der den Ramen eigenen Art, indem sie beide Hände ohne Waffen in Kopfhöhe hoben und die offenen Handteller vorzeigten. Kam erwiderte ihre Verbeugung und besprach sich in gedämpftem, zum Teil geflüstertem

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