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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Bemühungen, allein zu überleben, amüsierte ihn plötzlich.
    Er würde den Tod eines Leprakranken sterben.
    Sein Gelächter schwoll in ihm zu schrill hinausgekreischter Albernheit empor. Er torkelte dahin, humpelte, fiel, raffte sich auf und hinkte weiter, und auf diese Weise folgte er der Musik in die Richtung der finsteren Bäume.
    Er lachte jedesmal, wenn er niedersackte, völlig unfähig, die insgeheime Lustigkeit seiner Not zu mäßigen; die starrgefrorene Qual, die in seinem Fußknöchel schabte, entlockte ihm schrilles Gelächter, das Schreien ähnelte. Aber obwohl er nun ungeduldig aufs Ende wartete, nach jedem verwerflichen Frieden des Nichtseins nur so gierte, ließ er sich weiter von dem hellen Glitzern leiten. Indem das Gefunkel sich unablässig näherte und wich, ihn zum Mitkommen drängte, ihm vorausschwebte wie mit weißlichem Schmelz überzogene Blütenblätter aus Ambra, bewog es ihn nach jedem Sturz zum abermaligen Aufstehen und Fortsetzen des Weges zum Waldrand.
    Nach einer Weile gelangte er zu der Auffassung, die Bäume sängen ihm etwas vor. Die Leuchterscheinungen, die durch die Luft tanzten, umschwirrten ihn in fremdartigen Intervallen, wie feuchter, blaugrüner Glanz eines Holzgesangs. Aber er konnte sie weder sehen noch hören; nur der ruhelosen Kraft in seinen Adern waren sie offenbar. Als er in seiner Wildheit nach ihnen grapschte, als ob sie Aliantha seien, verstreuten sie sich außerhalb seiner Reichweite, lockten ihn nach jedem Sturz von neuem ihnen nach, bis er sich zwischen den ersten vom Winter geschwärzten Baumstämmen befand.
    Indem er sich einen verwundenen Weg durch den Waldrand suchte, spürte er ein unvermutetes Nachlassen der Kälte. Hinter ihm wich das Tageslicht vom aschgrauen Himmel, und voraus lag nichts als das düstere Holz der Waldestiefen. Aber mit dem Anbruch der Nacht schien der Winter, statt stärkere Wirkung zu zeigen, an Härte zu verlieren. Er schlurfte weiter und stellte fest, daß die Schneedecke um so dünner war, je weiter er zwischen die Bäume vordrang. An einigen Stellen sah er sogar Laub, lebendige Blätter. Sie klammerten sich grimmig an die Zweige, und die Bäume stützten einander, das Geäst miteinander verflochten, einer auf des anderen Schulter gelehnt wie stämmige, breitrückige, mit schwarzen Wunden bedeckte Kameraden, die sich gemeinsam auf den Beinen hielten. Die Fährten von Getier verzierten die immer dünnere Schneeschicht mit oberflächlichen Schnörkeln, die vor seinen Augen verschwammen, wenn er versuchte, ihrem Verlauf zu folgen. Und auch die Luft erwärmte sich merklich.
    Ganz allmählich breitete sich rings um ihn ein trübes Licht aus. Einige Zeitlang fiel es ihm nicht auf, und er kam nicht dazu, sich darüber Gedanken zu machen, worum es sich handeln könnte; er geisterte wie ein Wrack zwischen dem Flitter des Waldes dahin, und ihm entging, wie sich der gespenstisch fahle Helligkeitsschein erweiterte. Aber als ein feuchter Strang von Moos sein Gesicht streifte, schrak er auf und nahm seine Umgebung schlagartig wieder wahr.
    Die Baumstämme glommen schwach, als sei auf rätselhafte Weise Mondschein vom blinden Himmel in den Wald versetzt worden. Sie umdrängten ihn in dichten Beständen, langgezogenen Gehölzen, bildeten Gassen aus seidenweichem Glanz; an allen Seiten umgaben sie ihn wie weiße Augen, beobachteten ihn. Und überall in ihren Ästen hingen verschlungene, ineinander verwobene Vorhänge, baumelten Schwaden von feuchtem, schwarzen Moos.
    Da befiel ihn in seinem Wahnsinn Furcht wie mit einem Aufschrei uralter Waldeswut, dem ungerächten Hinschlachten von Bäumen entsprungen; er wandte sich zur Flucht. Mit verzweifeltem Aufheulen schlug er das Moos zur Seite und versuchte fortzulaufen. Aber bei jedem Schritt knickte sein Fußknöchel unter ihm um. Und die Musik behielt ihn in ihrem Bann. Ihre vorherige Verlockung steigerte sich zu einem Befehl, schwang ihn gegen seinen Willen herum, so daß seine Panik, sein Fluchtversuch, ihn noch tiefer zwischen Bäume, Moos und Lichtschein jagte. Er besaß keinerlei Gewalt über sich. Die Kraft aus dem Gras, das er verzehrt hatte, wütete in ihm wie Gift; die Glanzlichter durchtanzten ihre blaugrünen Intervalle, führten ihn. Er floh wie ein Gehetzter, prallte und torkelte gegen Baumstämme, verhedderte sich im Moos, raufte sich vor Entsetzen die Haare. Tiere sprangen ihm fluchtartig aus dem Weg, während er mit lautem Geheul dahinpreschte, und in seinen Ohren hallten die trostlosen

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