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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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und gerastet hatte, weitergewatschelt war. Bald erreichte er den nächsten Hügel und humpelte der Spur hinterdrein, die daran entlangführte. Er war verzweifelt – so allein und heruntergekommen wie nie zuvor bei einem Aufenthalt im Land.
    Aber endlich erkannte er die Wahrheit. Als die Fährte einen Knick machte, nach links führte, wieder hangabwärts verlief, ließ es sich nicht länger leugnen, daß er seinen eigenen Spuren gefolgt war, daß er diese Fährte hinterlassen hatte, er zwischen den Hügeln, die er nicht zu überwinden vermochte, im Kreis gelaufen war.
    Mit einem erstickten Stöhnen überschritt er die Grenze des Tragbaren. Die letzten Kräfte verließen ihn. Jenseits des schwarzen Abgrunds hinter seinen geschlossenen Augen glommen glitzrige Lichtlein, aber er fühlte sich dazu außerstande, noch irgend etwas darum zu geben. Er kippte hintenüber, rutschte die Anhöhe hinunter und in eine niedrige Schneewehe.
    Doch sogar nach dieser Prüfung ging das Dasein weiter. Sein Sturz entblößte etwas von Schnee. Während er hilflos dalag und keuchte, das Herz in seiner Brust zitterte, als müsse es im nächsten Moment stehenbleiben, drang ein Geruch an seine Nase. Trotz der Kälte forderte er ihm gebieterisch Beachtung ab; er stieg ihm pikant und verführerisch ins Gesicht, drängte sich mit jedem Atemzug auf, nötigte ihn zu einer Reaktion. Er stemmte sich wacklig auf seine Unterarme hoch und fegte mit tauben Fingern Schnee beiseite.
    Unter der Schneewehe wuchs ein Kraut. Irgendwie steigerte sich die kraftvolle Lebensfähigkeit in dem Gewächs, sich vom Winter abwürgen zu lassen; sogar einige kleine gelbe Blüten gediehen unterm Schnee. Und der scharfe Duft nahm ihn in seinen Bann. Seine Hände eigneten sich nicht länger zum Pflücken, also klopfte er Eis von seinem Mund; dann drückte er sein Gesicht in das Kraut, riß mit den Zähnen Halme ab und verzehrte sie.
    Als er das Grünzeug schluckte, schien dessen Saft ihm mit der Stärke von Wahnsinn direkt in die Muskeln zu schießen. Die Plötzlichkeit dieses Vorgangs überraschte ihn völlig unvorbereitet. Als er einen vierten Biß tun wollte, befiel ihn ein Krampf, und er krümmte sich zu einer starren Fötalhaltung zusammen, während pure Kraft durch seine Adern toste.
    Im ersten Moment schrie er vor Qual. Doch dann glitt er über sein Selbst hinaus in eine öde Wildnis, wo es nichts gab außer Winter, Wind und Bosheit. Er spürte Lord Fouls widernatürliche Attacke auf einer Wahrnehmungsebene, die kein Sehen, Hören oder Fühlen war, sondern eine kompakte Kombination aller seiner Sinne. Die Nerven seiner Seele schmerzten, als wären sie all dem aschgrauen Übel entblößt worden. Und da kam ihm im Kern seiner Wahrnehmung ein Gedanke, traf ihn wie ein Stich mit dem Spieß des Winters. Er erkannte die Sache, die er nicht verstand.
    Es war die Magie .
    Die Andeutung eines Schimmers von Erkenntnis begleitete den Gedanken, verblaßte sofort wieder. Magie – unheimliche Kräfte, Theurgie. So etwas gab es nicht, konnte es gar nicht geben. Aber es war Bestandteil des Landes. Ihm jedoch verwehrt. Der Gedanke kehrte wieder, quälte ihn, als drehten grausame Hände an dem Speer in seiner Seele.
    ›Du bist das Weißgold‹ , hatte Mhoram zu ihm gesagt. Was bedeutete das? Er verfügte über keinerlei Macht. Dies war sein Traum, aber er hatte keinen Anteil an dessen Lebenskraft. Die Lebensenergie seines Traums war selbst ein Traum für sich. Magie. Macht. Ihm selbst entsprungen, und doch außerhalb seiner Verfügung. Das war unmöglich. Während das Schicksal des Landes im unerbittlichen Weißgoldreif seines Eherings versiegelt war, blieb er dazu außerstande, sich selbst zu helfen.
    Gepackt von einer ansatzweisen Überzeugung, in der Prophetie und Wahnsinn sich ununterscheidbar vereinten, machte er sich über diesen Widerspruch her und versuchte ihn aufzunehmen, zu verinnerlichen, in seinem Innern zu einer Einheit zu schmieden.
    Aber da zerstob die keimhafte Einsicht in einem grellen Funkenflug fremdartigen Geflimmers. Er merkte, daß er auf den Füßen stand, ohne zu wissen, wie er sich erhoben hatte. Das Leuchten umtanzte ihn, umgaukelte seinen Kopf wie eine lautlose Melodie. Das wilde Licht des Grünzeugs, das er verzehrt hatte, spielte in seinen Adern und Muskeln, verlieh Kälte und Entkräftung den Rang von abgehärmten Priestern, die einem ungeheiligten Opfer beiwohnten. Er lachte angesichts seiner unermeßlichen Untauglichkeit. Die Dümmlichkeit seiner

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