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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Rufe von Eulen wider.
    Bald war er erschöpft. Sein Fleisch konnte nicht mehr. Als sein Heulen sich in seiner Kehle in heiseres Kreischen besessener Raserei verwandelte, flatterte aus dem Astwerk plötzlich ein großer, haariger Falter herab, trudelte unberechenbar näher – kaum kleiner als ein Kormoran, schien es Covenant – und prallte gegen ihn. Der Zusammenstoß warf ihn auf die Erde wie einen Haufen nutzloser Knochen. Zuerst schlug er matt um sich. Aber er schaffte es nicht, wieder zu Atem zu kommen, sich zusammenzureißen, aufzuraffen. Nach flüchtigen Zuckungen erschlaffte er am warmen Untergrund und ergab sich dem Wald.
    Für eine Weile schwebte der Helligkeitsschein über ihm, als sei er erstaunt über seine plötzliche Bewegungslosigkeit. Dann entfernte sich das Licht zwischen den Bäumen und verschwand in der Tiefe des Waldes, ließ ihn zurück, umfangen von traurigen Träumen.
    Während er schlief, begannen die Bäume immer stärker zu schimmern, bis sie mit ihrem Glanz nach ihm greifen zu wollen schienen, nach einer Möglichkeit suchten, um ihn aufzusaugen, den Waldboden von ihm zu reinigen, ihn aus dem Blickfeld ihres altersgrauen Zorns zu tilgen. Aber ihr Leuchten fügte ihm keinen Schaden zu. Nicht lange, und in Zweigen und Moos regte sich federleichtes Huschen. Diese Geräusche schienen die Bäume in die Schranken einer mit Groll erfüllten Unempfänglichkeit zu verweisen, ihre Drohhaltung fand ein Ende, als ein Schwarm von Spinnen haufenweise auf Covenants reglose Gestalt herabzufallen begann.
    Gelenkt von Glanzlichtlein, wimmelten die Spinnen auf ihm umher, als suchten sie nach einer entscheidenden Stelle, um ihm dort ihre Bisse beizubringen. Aber statt ihn zu beißen, sammelten sie sich an seinen Verletzungen; gemeinsam fingen sie an, überall, wo er Wunden aufwies, ihre Gewebe zu spinnen.
    Binnen kurzem waren seine beiden Füße dick mit perlgrauen Gespinsten umhüllt. Das Bluten seines Fußknöchels kam zum Stillstand, weiches Schutzgewebe bedeckte die aus der Bruchstelle ragenden Knochensplitter. Zwei Dutzend Spinnen belegten seine durchfrorenen Wangen und die Nase mit Schichten ihrer Fäden, während andere seine Hände umwickelten, wieder andere seine Stirn – obwohl daran keine offene Wunde erkennbar war – mit Spinngeweben bedeckten. Danach verschwanden sie so flink, wie sie sich eingefunden hatten.
    Covenant schlief weiter. In unregelmäßigen Abständen bebte er in seinen Träumen, aber jeweils nur ein paar Sekunden lang; die meiste Zeit jedoch lag er still da, so daß sein unruhiger Pulsschlag sich allmählich mäßigte, das hilflose Winseln aus seinen Atemzügen wich. In seinen grauen Gespinsten sah er aus wie ein Trümmerstück in einem Kokon, worin etwas neu erstehen sollte.
    Erheblich später im Laufe der Nacht rührte er sich und bemerkte – noch mit geschlossenen Lidern –, daß die hellen Glanzlichter wieder auf ihn herabstarrten. Er befand sich noch längst nicht wieder bei vollem Bewußtsein, aber die Töne jener fremdartigen Melodie weckten ihn weit genug, daß er durchs Gras Füße näher schlurfen hören konnte.
    »Ach, Erbarmen«, seufzte gleich darauf über ihm die Stimme einer alten Frau, »Erbarmen. Das wird nun aus Frieden und Stille. Jeden Gedanken an solches Werk hatte ich schon aufgegeben ... und das wird nun aus meiner Altersruhe. Erbarmen.« Hände strichen ihm den weichen Belag von Stirn und Gesicht. »Ja, ich seh's ... das ist der Grund, warum mich der Wald in meiner Zurückgezogenheit gestört hat. Verwundet ... von der Kälte übel dran. Und er hat Amanibhavam gegessen. Ach, Erbarmen! Wie zudringlich muß sich die Welt gebärden, wenn so ein Ding selbst Morinmoss beschäftigt. Nun, das Gras hat das Leben in ihm festgehalten, wie schädlich es ansonsten auch sein mag. Aber mir mißfällt's, was für Gedanken sich ihm ansehen lassen. Er wird eine schwere Prüfung für mich sein.«
    Covenant hörte die Worte, wenngleich sie nicht ins kalte Zentrum seines Schlafs vordrangen. Er versuchte die Augen zu öffnen, aber sie blieben geschlossen, als fürchteten sie das, was sie sehen mochten. Die Hände der Alten flößten ihm, während sie ihn nach weiteren Verletzungen abtastete, Abscheu ein; dennoch blieb er reglos liegen, wie in tiefstem Schlummer, gekettet an verrückte Träume. Er verfügte über keine Willenskraft, um sich widersetzen zu können. Also lag er nur in seinem eigenen Innern auf der Lauer, verbarg sich vor ihr, bis er aufspringen, sie

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