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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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hatte ihn betäubt. Er mußte aufstehen und fliehen. Irgendwohin fliehen. In den Wald fliehen.
    Er rappelte sich in eine Sitzhaltung hoch, riß die Augen auf. Er sah das herabgebrannte Lagerfeuer in der letzten, leblosen Helligkeit des Abends. Der Winter umfauchte ihn gallig. Er konnte das Bevorstehen von Schneefall riechen, schon ließen sich am Rande des Feuerscheins ein paar erste Schneeflocken sehen. Triock saß ihm mit überkreuzten Beinen gegenüber, musterte ihn aus glühenden Scheußlichkeiten von Augen.
    In der Luft vor Covenant tanzten schwache blaugrüne Lichter, Fragmente eines unhörbaren Liedes, das schrill war aus beharrlichem Drängen: Flieh! Flieh!
    »Was bedeutet das?« Er versuchte, die lästigen Hände des Schlafs abzustreifen. »Was treiben sie?«
    »Schick sie fort!« antwortete Triock mit einer Stimme voller Furcht und Widerwillen. »Sorg dafür, daß sie verschwinden! Er hat nicht länger Einfluß auf dich.«
    »Was ist das?« Covenant erhob sich umständlich, stand wacklig da, nur mit Mühe dazu imstande, die Panik in seinen Muskeln zu mäßigen. »Was ist hier los?«
    »Das ist eines Forstwärtels Stimme.« Triock sprach ohne Nachdruck, aber jeder Laut seiner Betonung verriet Abscheu. Er sprang auf und balancierte sein Körpergewicht aus, als wolle er, falls Covenant tatsächlich floh, sofort zur Verfolgung ansetzen. »Die Würgerkluft hat Caer-Caveral nach Morinmoss gesandt. Aber er kann dich nicht holen. Ich kann ...« Seine Stimme bebte. »Ich kann's nicht dulden.«
    »Holen? – Dulden?« Die Bedrohtheit umklammerte Covenants Herz fester, bis er keuchte. Irgend etwas in ihm, woran er sich nicht zu entsinnen vermochte, riet ihm eindringlich, den Lichtern zu vertrauen. »Du hast mich betäubt!«
    »Damit du nicht fliehst!« Triock war vor Furcht weiß und starr zusammengekrampft, und er stammelte über verzerrte Lippen. »Er drängt dich, mich zu vernichten. Sein Einfluß geht nicht weit über Morinmoss hinaus, aber er ... Das Weißgold ...! Ach ...!« Urplötzlich verfiel seine Stimme in schrilles Keifen. »Treib kein Spiel mit mir! Ich kann nicht ...! Vertilge mich und hab's vollbracht! Ich kann's nicht länger ertragen!«
    Sein Gezeter überlagerte Covenants eigenes Unbehagen. Seine Beunruhigung wich, und er bedauerte den Steinhausener. »Dich vertilgen?« meinte er heiser durch das Gaukeln der Lichter. »Weißt du nicht, daß du von mir nichts zu befürchten brauchst? Kapierst du nicht, daß ich keine gottverdammte Ahnung habe, wie ich das ... das Weißgold verwenden könnte? Ich kann dir nichts antun, selbst wenn das mein größter Herzenswunsch wäre.«
    »Was?!« heulte Triock auf. »Noch immer nicht? Habe ich dich umsonst gefürchtet?«
    »Umsonst«, stöhnte Covenant.
    Unter seiner Kapuze stierte Triock ihn an wie vom Donner gerührt, dann warf er den Kopf in den Nacken und fing zu lachen an. Boshafte Heiterkeit kläffte aus seinen Zahnreihen hervor, ließ die lautlose Musik erzittern, als verabscheue sie ihn ebenso wie er sie. »Machtlos!« Er heulte nun vor Gelächter. »Beim Mutwillen meines Meisters! Machtlos!«
    Mit wüstem Gekicher kam er auf Covenant zu.
    Sofort huschte das stumme Lied wie ein Funkenflug zwischen ihn und Covenant. Aber nun ging Triock gegen die Lichter vor. »Fort!« knurrte er. »Auch du wirst noch dafür büßen müssen.« In derbem Zugriff packte er mit jeder Faust ein Glanzlicht. Ihr Aufheulen durchflimmerte die Luft, als er sie zwischen seinen Fingern zermalmte.
    Mit einem Klirren wie von geborstenem Kristall verschwand der Rest der Musik.
    Covenant wankte, als sei er einer unsichtbaren Stütze beraubt worden. Er hob die Hände, als Triock näher kam, taumelte rückwärts. Der Mann berührte ihn jedoch nicht. Statt dessen stampfte er einmal mit dem Fuß auf den Erdboden. Unter Covenant bäumte sich die Erde auf und streckte ihn zu Triocks Füßen nieder.
    Da warf Triock seine Kapuze zurück. Sein Gesicht war ein Trümmerfeld zerstörter Möglichkeiten, gebrochenen Glaubens und zerrütteter Liebe, aber hinter den Gesichtszügen glomm sein Schädel von bleicher Bösartigkeit. Die Tiefe seiner Augen war so schwarz wie die Nacht, und er bleckte die Zähne, als giere er nach dem Geschmack von Fleisch. »Nein, Kriecher«, spottete er mit hämischem Grinsen. »Ich werde dich kein zweites Mal schlagen. Die Zeit für den Mummenschanz ist vorüber. Täte ich dir nun etwas an, mein Meister wollte wohl ungnädig die Stirn über mich runzeln.«
    »Meister?«

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