Die letzte Walstatt - Covenant 03
zurückweichen zu wollen.
Der Stab des Gesetzes verwandelte sich in Elenas toten Händen in Asche.
Sofort sackte der Wind aus der Höhe herab, als habe der Ausbruch wilder Magie ihn wie ein Pfeil in die Brust getroffen. Mit Böen, Schlottern und stummen Schreien flatterte er sozusagen zur Erde, nahm ein Ende, als wäre der grausame Dämon des Winters mit einem einzigen Böllerschuß aus der Luft verscheucht worden.
Ein energetischer Wirbel schoß um Elena empor, erhob sich wie ein zerstörerischer Strudel mit ihr in der Mitte. Ihr Tod holte sie ein; sein Gesetz, das sie gebrochen hatte, verbot ihr das Leben erneut. Während Covenant zusah – wie versteinert und fassungslos, fast geblendet durch das Schauspiel seiner Rettung –, begann sie sich aufzulösen. Partikel um Partikel verschwand ihre Erscheinung im Energiewirbel, zerstob ins Nichts. Aber mitten in dieser Zersetzung und ihrem Verschwinden verlor sie das Übel ihrer verlängerten Existenz, blieb ihr einen Moment lang genug stoffliche Solidität für einen letzten Schrei.
»Covenant«, rief sie wie eine einsame Stimme der Trostlosigkeit. »Geliebter! Führ einen Schlag für mich!«
Dann war sie fort, heimgekehrt ins Reich des Todes. Der Energiestrudel verblaßte, zeigte sich immer fahler, bis er inmitten stiller Luft verschwand.
Covenant war allein mit seinen Opfern.
Unbeabsichtigt, durch Hilfsmittel, über die er keine Kontrolle besaß, hatte er sich gerettet – und geduldet, daß man seine Freunde niedermachte. Er fühlte sich geläutert, gebrechlich, bar jeglichen Sieges, als habe er die Frau, die er liebte, vorsätzlich und eigenhändig umgebracht.
So viele Menschen hatten sich geopfert.
Er wußte, daß Triock noch lebte, also raffte er sich umständlich auf und schlurfte zu dem niedergestreckten Steinhausener hinüber. Triocks Atem rauschte in seiner Kehle wie Blut; er würde bald tot sein. Covenant setzte sich auf die Erde und hob Triock so weit an, daß der Kopf des Mannes in seinem Schoß ruhte.
Triocks Gesicht war von der Gewalt, die ihn gefällt hatte, fürchterlich verunstaltet worden. Seine verkohlte Haut schälte sich stellenweise vom Schädel, seine Augen waren versengt. Aus dem schlaffen, schwarzen Loch seines Mundes stiegen schwache Rauchwölkchen, wie im Verwehen begriffene Schwaden seiner zum Aushauchen verurteilten Seele.
Covenant hielt Triocks Kopf mit beiden Armen und fing an zu weinen. Nach einer Weile spürte der Steinhausener anscheinend irgendwie, wer ihn hielt. Er bemühte sich, durch den nahen Tod, der ihm die Kehle zudrückte, zu sprechen. »Covenant ...«
Seine Stimme war kaum vernehmlich, aber Covenant bekämpfte seine Tränen, um antworten zu können. »Ich höre dich.«
»Du hast keine Schuld. Sie war ... befleckt von Geburt an.«
Das war das äußerste vorstellbare Maß der Barmherzigkeit. Nach einem letzten Aufwallen blieb der Atem aus. Covenant hielt Triock, obwohl er wußte, daß es in ihm nicht länger Pulsschlag oder Leben gab.
Er begriff, daß Triock ihm verziehen hatte. Der Steinhausener konnte nichts dafür, daß dies sein Geschenk ihm keinen Trost spendete. Zu allem anderen war Covenant auch für den Makel von Elenas Geburt verantwortlich. Sie war die Tochter eines Verbrechens gewesen, das niemals wiedergutgemacht werden konnte. Infolgedessen vermochte er jetzt nichts anderes noch zu tun, als dazusitzen und Triocks Kopf in seinem Schoß zu halten, dem sich nun keine Antwort mehr geben ließ, und weinen, während er auf die Beendigung seines Aufenthalts im Lande wartete, das Ende, das ihn des Landes enthob.
Aber das Ende kam nicht. In der Vergangenheit hatte er jedesmal aus dem Lande zu verschwinden begonnen, sobald sein Herbeirufer starb; doch diesmal blieb er an Ort und Stelle. Ein Moment um den anderen verstrich, aber er blieb. Allmählich erkannte er, daß er diesmal nicht wieder hinüberwechselte, daß er aus Gründen, die er nicht verstand, seine Chance nicht verlor.
Er mußte sich mit Elenas Schicksal nicht abfinden. Das letzte Wort war nicht gesprochen – noch nicht.
Als Bannor und Schaumfolger sich regten, stöhnten, die Besinnung wiederzuerlangen begannen, zwang er sich ebenfalls zu weiterem Handeln. Mit bedächtiger Vorsicht entfernte er seinen Ehering vom Ringfinger und steckte ihn an den Zeigefinger seiner Halbhand, um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, daß er abrutschte.
Dann erhob er sich inmitten all seines Grams und Bedauerns auf Gliedmaßen, die alles tragen zu können
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