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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Nichts dergleichen mehr , vergegenwärtigte er sich dumpfen Sinnes, während er in seine Innenwelt gaffte. Nun war er auch dessen beraubt worden. Diese Grausamkeit empfand er härter, als er ertragen zu können glaubte.
    »Covenant?« fragte Schaumfolger sorgenvoll. »Mein Freund ...?«
    Covenant glotzte den Riesen an, und da erschütterte eine weitere Erkenntnis sein Gemüt. Schaumfolger war ihm nah. Aber er konnte – den ruhelosen Kummer ausgenommen, der hinter den Augen des Riesen saß – von Schaumfolgers innerer Verfassung nichts erkennen, nicht feststellen, ob sein Begleiter wohlauf war oder krank, recht oder schlecht. Sein sonst im Lande jedesmal vorhanden gewesenes Durchblickvermögen, seine geschärfte Sicht, war diesmal beeinträchtigt, wie verkrüppelt. Er hätte geradesogut in seiner eigenen, so blinden, oberflächlichen, undurchschaubaren Welt sein können.
    »Covenant?« wiederholte der Riese.
    Für eine Weile überstiegen diese Tatsachen Covenants Verstand. Er überprüfte seine Beobachtung – ja, er konnte das unausrottbare Verderben sehen, wie es sich in seiner schaurigen Abartigkeit zu seinen Handgelenken herauffraß, dem Herzen entgegen. Er meinte, er könne das potentielle Gangrän in seinen Füßen schon riechen. Er spürte die Reste des Gifts in seinen Lippen, das unterdrückte Fieber in seiner Stirn. Er konnte Anzeichen von Lenas Alter wahrnehmen, von Schaumfolgers Trauer. Er schmeckte die Bosheit, die diesen Winter übers Land fegte. All das war er fraglos festzustellen imstande. Und zweifelsfrei hatte er die Übelkeit der Marodeure im Steinhausen Mithil gesehen. Doch das war keine besondere Leistung. Das alles war so deutlich ausgeprägt, daß selbst ein Kind es bemerken konnte. Alles andere jedoch blieb ihm im wesentlichen unzugänglich. Er konnte nicht Schaumfolgers Stimmung ersehen, nicht Lenas Wirrnis. Die Beharrlichkeit, die in den steinigen Hängen über ihm hätte offenkundig sein müssen, blieb für ihn unerkennbar. Sogar dies einzigartige Geschenk, das er schon zweimal vom Land empfangen hatte, war ihm diesmal versagt worden.
    »Schaumfolger ...« Er konnte nur mit Mühe verhindern, daß er stöhnte. »Es kommt nicht wieder. Ich kann nicht ... in diesem Winter ... Es kommt nicht wieder.«
    »Sei getrost, mein Freund. Ich vernehme deine Worte. Ich ...« Ein verzerrtes Lächeln kräuselte seine Lippen. »Ich habe gesehen, welche Wirkung dieser Winter auf dich hat. Vielleicht solltest du froh sein, weil du nicht zu erkennen vermagst, welche Wirkung er auf mich ausübt.«
    »Welche denn?« krächzte Covenant.
    Schaumfolger zuckte die Achseln, als wolle er eine Bürde abschütteln. »Bisweilen ... wenn ich mich zu lang ungeschützt in diesem Wind aufhalte ... dann merke ich, daß ich mich nicht länger auf diese oder jene ungemein bedeutsamen Riesen-Erzählungen besinnen kann. Mein Freund, Riesen pflegen gewöhnlich keine Geschichten zu vergessen.«
    »Hölle und Verdammnis ...« Covenants Stimme zitterte krampfhaft. Aber weder begann er zu schimpfen, noch befreite er sich von seinen Decken. »Sieh zu, daß das Essen fertig wird«, brabbelte er. »Ich muß was in den Bauch kriegen.« Er mußte Nahrung zu sich nehmen, weil er Kraft brauchte. Seine Absichten erforderten Kraft.
    Für ihn war es keine Frage, was er zu tun hatte. Er war darauf festgelegt, als sei seine Leprose ein eisernes Geschirr. Und die Hände, welche die Zügel hielten, waren in Fouls Hort daheim.
    Er aß den Eintopf, den Schaumfolger ihm reichte, zwar zittrig, aber mit festem Vorsatz. Danach lehnte er sich in den Decken zurück, als strecke er sich auf einer Totenbahre aus, zwang sich zur Ruhe, zum Stillsein und Kräftesammeln. Als die warme Mahlzeit und der erhebliche Rückstand an Schonung, den er sich schuldete, ihn dem Schlaf entgegendösen ließ, schlummerte er bald ein, den düsteren, grimmigen Blick noch an den trostlosen, grauen, von Wolken verhangenen Himmel gerichtet.
    Gegen Mittag erwachte er von neuem und sah, daß Lena noch immer schlief. Aber sie lag nun an ihn gedrängt, lächelte schwächlich ihre Träume an. Schaumfolger hielt sich nicht länger in der Nähe auf.
    Covenant spähte umher und bemerkte den Riesen weiter oben, fast am Ende des Hohlweges, wo er Wache hielt. Er winkte, als er Covenants Blick sah. Covenant löste sich umständlich von Lena und stieg aus seinen Decken. Er befestigte die Sandalen sicher an seinen tauben Füßen, rückte seine Jacke zurecht und gesellte sich zum Riesen.
    Er

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