Die letzte Walstatt - Covenant 03
sein ... nicht noch einmal. Es hat mich dazu gebracht – ich konnte es eben nicht ertragen! –, mich allein in die Nacht hinauszuschleichen und mich in Schlupfwinkeln zu verbergen, als müsse ich mich schämen ... Nie wieder.«
»Nie wieder«, flüsterte Covenant. Nun konnte er in ihrem alten Gesicht deutlich Elena erkennen, so schön und einsam, daß seine Liebe zu ihr sein Herz marterte. »Solang ich mit dieser Sache beschäftigt bin ... werde ich nirgends ohne dich hingehen.«
Aber sie schien nur seine Einschränkung, nicht sein Versprechen zu hören. »Mußt du einstmals wieder fort?« wollte sie erfahren, Besorgnis in der Miene.
»Ja.« Die Starre seines Mundes machte ihm das Reden schwer; er konnte nichts sagen, ohne seine noch frischen Narben neu aufzureißen. »Ich gehöre nicht in diese Welt.«
Sie keuchte unter seinen Worten auf, als habe er ihr Messerstiche versetzt. Sie senkte mit einem Ruck den Blick von seinem Gesicht. »Wieder!« stieß sie heiser hervor. »Ich kann's nicht ... kann's nicht ... O Atiaran, meine Mutter! Ich liebe ihn. Ich habe mein Leben ohne Bedauern hingegeben. Als ich jung war, sehnte ich mich danach, dir an die Schule der Lehre zu folgen ... so stolze Erfolge zu verzeichnen, daß du hättest sagen können: ›Hier in meiner Tochter sieht man den Sinn meines Daseins.‹ Mich verlangte danach, mich mit einem Lord zu vermählen. Aber ich habe ...« Unvermittelt ergriff sie das Vorderteil von Covenants Jacke mit beiden Händen, zog sich dicht vor ihn, heftete ihren Blick mit äußerster Eindringlichkeit in seine Miene. »Thomas Covenant, willst du mit mir die Ehe schließen?« Entsetzt stierte Covenant sie an. Das Erregende ihres Einfalls brachte sie vollends in Fahrt. »Laß uns die Ehe schließen! O mein Liebster, das vermöchte mich aufzurichten. Dann könnte ich jede Härte ertragen. Wir brauchen die Einwilligung der Ältesten nicht – ich habe viele Male von meinen Wünschen zu ihnen gesprochen. Ich kenne den Ritus, die feierlichen Gelübde ... ich kann dich unterweisen.«
Sie flehte ihn an, ehe Covenant irgendeine Kontrolle über sein Mienenspiel bekam. »Ach, Zweifler! Ich habe deine Tochter geboren. Ich habe die Ranyhyn geritten, die du mir geschickt hast. Gewartet habe ich ...! Sicherlich ist die Tiefe meiner Liebe zu dir zur Genüge bewiesen. Geliebter, nimm mich zur Gemahlin! Weise mich nicht ab!«
Ihre Bitte veranlaßte ihn dazu, sich innerlich zu winden, und er fühlte sich grotesk und unrein. In seiner Qual hätte er ihr am liebsten schroff den Rücken gekehrt, um davonzustapfen. Ein Teil seines Innern brauste bereits auf: Du bist verrückt, Alte! Deine Tochter ist es, die ich liebe. Aber er nahm sich zusammen. Die Schultern krampfhaft eingezogen wie ein Würger, um die Heftigkeit seiner insgeheimen Reaktionen zu meistern, packte er Lenas Handgelenke und löste ihre Hände von seiner Jacke. Er hielt sie so hoch, daß sich seine Finger in ihrer Augenhöhe befanden. »Sieh dir meine Hände an!« schnauzte er. »Schau dir die Finger an!« Wilden Blicks betrachtete Lena sie. »Schau dir die Krankheit an, die darin steckt! Sie sind nicht bloß kalt – sie sind krank, durch Erkrankung gefühllos, fast die ganzen Handflächen. Das ist meine Krankheit.«
»Du bist mir verschlossen«, antwortete sie verzweifelt.
»Das ist Lepra, sag' ich dir! Sie ist da, selbst wenn du dafür blind bist – sie ist da. Und es gibt nur eine Möglichkeit, wodurch auch du sie dir zuziehen kannst. Längerer Kontakt. Wenn du lange genug in meiner Nähe bleibst, kann sie dich auch befallen. Und Kinder ... Was wäre eine Ehe ohne Kinder?« Er konnte die Leidenschaftlichkeit seines Einspruchs nicht länger aus seiner Stimme fernhalten. »Kinder sind noch anfälliger. Sie bekommen sie leichter ... Kinder und ... alte Leute. Wenn ich das nächstemal aus dem Lande verschwinde, mußt du zurückbleiben, und die einzige Hinterlassenschaft, für die ich dir garantieren kann, wäre meine Leprose. Dafür wird Foul hundertprozentig sorgen. Zu allem anderen wäre ich zum Schluß auch noch für die Verpestung des ganzen Landes verantwortlich.«
»Thomas Covenant ... Geliebter ...«, wisperte Lena. »Ich flehe dich an. Weigere dich nicht!« Tränen überschwemmten ihre Augen, Ergebnis einer selbstquälerischen Anstrengung, sich so zu sehen, wie sie war. »Sieh, ich bin gebrechlich und voll des Makels. Weder bin ich's wert, noch besitze ich genug Mut, um mich allein zu bewahren. Ich habe alles gegeben ...
Weitere Kostenlose Bücher