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Die letzten Dinge - Roman

Die letzten Dinge - Roman

Titel: Die letzten Dinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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fehlt irgendwas … da verschwindet was … von mir aus jetzt.
    Aber wir können doch über alles noch mal quatschen, wir machen einen Wein auf und reden mal in Ruhe … ich habe ja auch noch einiges dazu zu sagen …
    Ivy überlegte. Dann schüttelte er den Kopf.
    Nee, Fredderik. Ich muss jetzt schlafen. Ich habe morgen Frühdienst und ich will mal besonders früh anfangen. Das ist mir echt wichtig. Weißt du, wir sind vielleicht nur zu zweit. Kann sein, dass ich morgen den Laden allein schmeißen muß, weißt du, die verlassen sich auf mich.
    Danach hast du früher auch nicht gefragt.
    Früher nicht, das stimmt … Aber ich hab einfach gemerkt, dass die ohne mich nicht klarkommen. Es ist so was … ich weiß nicht. Die brauchen mich, ich bin da schon derjenige, der den Karren … Sorry, sagte Ivy. Klatschte eine Hand auf die Faust. Tja, ich bin so. Ja, tut mir leid, Fredderik, war ’ne geile Nummer, aber … ist jetzt nicht.
    Ivy war selbst verwundert.
    Und du meinst nicht …?
    Nee, Fredderik. Mach’s gut, du!
    Aber du kannst mich doch hier nicht einfach so stehen lassen?, rief Fredderik. Sieh mal, ich blute am Mund!
    Das hört von selber wieder auf. Geh zum Arzt, Fredderik.
    Ich weiß nicht, sagte Fredderik seltsam ratlos. Ivy, was hast du denn? Du warst doch sonst immer … du bist doch nicht in Jeff verliebt oder?
    Nein, Fredderik, das bin ich nicht.
    Also bist du böse auf mich? Ivy lachte. Dann fing er an zu singen:
    Du kannst nicht treu sein, nein, nein, das kannst du nicht.
    Wenn auch dein Mund mir wahre Liebe verspricht.
    In deinem Herzen hast du für viele Platz
    und drum bist du auch nicht für mich der richtge Schatz!
    Er fasste Fredderik noch mal am Kinn. Fredderik sah stumm und ungläubig daher.
    Sowas passiert mir jetzt andauernd, entfuhr es ihm.
    Mach dir nichts draus, sagte Ivy. Dann lachte er wieder. Drehte sich um und ging davon. Von Fredderik hörte er nichts mehr, es war, als rührte er sich nicht mehr und sah ihm nur stumm hinterher, aber Ivy scherte es nicht.
    Und wenn er schon hier in dieser zwielichtigen Gegend war, dann konnte er auch noch mal am Strich vorbeigehen und sehen, ob er Shoushou Wollweber traf, wegen ihres anstehenden Hausbesuchs.

Fünfzehn Tropfen   für das Herzeleid. Und zweiundzwanzig Pillen gegen die Traurigkeit. Und fünfundzwanzig Tropfen, um die Augen aufzumachen und einen neuen Tag zu sehen. Rosalinde zählte die Tropfen mit den Lippen.
    Siebzehn, achtzehn, neunzehn … Moment, das sind doch zu viel, flüsterte Rosalinde vor dem Fenster mit dem nachtschwarzen Himmel. Sie starrte das Töpfchen an: Für wen war es noch mal? Frau Sturm? Ach nein, Frau Wilhelm, fünfzehn Tropfen Tramal für Frau Wilhelm gegen die Schmerzen im Bein. Sie musste sich besser konzentrieren. Zwanzig Tropfen für den Darm. Zehn Tropfen für die Nieren. Fünfzehn Tropfen für die Nerven.
    Dreizehn, vierzehn, fünfzehn. Jawoll.
    Rosalinde schraubte das Deckelchen zu und steckte das Töpfchen in die Medikamentenschale. Was sollte sie nach dem Medikamentenverteilen tun?
    Wickerts Stinkbeine natürlich.
    Aber Brucks hatte auch gesagt, sie solle besser organisieren. Sollte sie sich jetzt hinsetzen und den Tag genau durchplanen? Mit einem Blatt Papier? Sollte sie sich setzen? Jetzt? Im Medikamentenzimmer? Oder im Schwesternzimmer? Oder im kleinen Büro? Sollte sie vorher noch einen Kaffee kochen?
    Was wollte sie zuerst machen? Plötzlich liefen die Gedanken nicht mehr in der Spur. Ihre Hände zitterten und ihre Augen zwinkerten immerzu. Die vielen Gedanken in ihrem Kopf liefen zu einem Knotenpunkt zusammen und verhedderten sich ineinander. Es wurde zunehmend schwierig, die Gedanken zu entwirren. Die Nervosität. Es war die Nervosität.
    Vita Geistlich, dachte Rosalinde. Irgendwo war noch ein Fläschchen für das Gehirn. Für Merkfähigkeit und Konzentration. Dann gab es noch Lecitin, auch für das Gehirn. Oder Knoblauch, sollte auch gut sein. Vitamin B. Auch Eisen für die Sauerstoffversorgung im Blut, denn je mehr Sauerstoff in das Gehirn wanderte, umso besser wurde das Gehirn versorgt und auch das half beim Denken.
    Denken musste sie, denken, denken, denken! Es war, als ob der Kopf nicht mehr wollte und der Verstand nicht mehr lief wie ein geöltes Maschinchen.
    Fünfundzwanzig, sechsundzwanzig, siebenundzwanzig, Blödsinn.
    Sie schüttete die Tropfen in den Ausguss. Sie konnte ja jemanden vergiften, wenn sie nicht richtig zählte. Noch mal von vorne.
    Und während sie die Töpfchen aufs Neue

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