Die letzten Dinge - Roman
wieder sinken. Es dauerte eine Viertelstunde. Der Pater betete stumm. Die Seele bewegte sich leicht hin und her, blieb aber vor den Knien der Frau Rittmeister.
Schließlich schlug diese die Augen auf, klatschte sich auf die Knie und wirkte seltsam erfrischt.
Ja.
Die Seele aber schien sich zu verflüchtigen, wurde dünner, durchscheinender und schließlich unsichtbar. Stumm starrte Ludolfus auf den klaren Vorhang und die säuberlich aufgehängten Oberhemden, vor denen das weiße Wesen verschwunden war.
Ist … ist sie weg?
Nun ja … sie ist nicht weg … nur …
Frau Rittmeister stellte sich noch einen Augenblick lang an das Fenster und sah hinaus, als folgte sie den Spuren der unsichtbaren Seele, die nun über die Dächer flog und ein par Kreise zog.
Sagen Sie … darf ich Sie zu einem Kaffee einladen?
- Ja … ja ein Kaffee wäre wunderbar.
Und Pater Ludolfus und Frau Rittmeister besuchten das sonnig gestrichene Seniorencafé voller Palmen, sie setzten sich und bestellten einen Milchkaffee und eine russische Schokolade und dann begann Frau Rittmeister zu erzählen.
Es handelt sich um den Geist einer verstorbenen Nonne und ihr Name war Schwester Konrada. Im Alter von vierundachtzig Jahren ist sie in dieser Kleiderkammer gestorben, aber sie weiß es nicht, verstehen Sie? Sie streitet es einfach ab.
Frau Rittmeister erhielt ihre russische Schokolade und bestellte noch einen Apfelkuchen dazu.
War sie denn … eine Näherin?
Sie war eine einfache Nonne, sie hat in dieser Kammer die Kleider geordnet und neue Namensschilder gestickt und die alten herausgetrennt …
Pater Ludolfus nickte und versuchte, sich an die Franziskanerinnen zu erinnern, die er kennen gelernt hatte, als er zu den Kapuzinern gekommen war. Eine Schwester Ignatia war da gewesen und eine Schwester Osmunda und eine Schwester Bernadette. Er konnte sich schwach entsinnen an eine Nonne mit sehr schwarzen, kräftigen Augenbrauen und blasser Haut. Aber von einer Dachkammer und einer Näherin wusste er nichts.
Schwester Konrada. Ein sogenanntes erdgebundenes Wesen.
Warum hat sie den Weg zu unserem ehrwürdigen Herrn nicht gefunden?
Frau Rittmeister schüttelte den Kopf.
Sie ist wohl eines Tages umgefallen, in dieser Kammer. War auf der Stelle tot. Aber sie hat es nicht registriert und wollte einfach weiternähen. Sie glaubt, sie muss helfen, immer weiter helfen. Sie glaubt, dass sie unentbehrlich ist. Jemand muss beten, hat sie gesagt. Sie sieht, dass die anderen Ordensfrauen gegangen sind, und sie hat Angst, dass nun niemand mehr mit den armen Menschen betet, die heimgehen.
Pater Ludolfus rührte seinen Kaffee um, sah den Spiralen der eingeflossenen Sahne zu.
Das ist natürlich wahr. Ich mache mir selbst Sorgen, dass die Sterbebegleitung nicht so funktioniert, wie sie funktionieren sollte …
Ja, in der Nacht geht sie von Bett zu Bett und betet. Dann schlafen die Menschen ruhiger und finden in den Träumen Trost.
Der Pater schluckte.
Unter diesen Umständen handelt es sich um ein sehr wichtiges Gespenst, dann sollten wir es vielleicht besser da lassen, wo es ist.
Frau Rittmeister legte den Kopf schief.
Meinen Sie?
Rings um sie her standen die Leute auf, Angehörige schoben ihre Mütter oder Großväter im Rollstuhl von den Tischen, es war fünf Uhr, gleich gab es Abendessen.
Pater Ludolfus, sie legte ihre Hand auf seinen Arm. Mit Verlaub, es wäre besser, wenn die gute Schwester Konrada ihre Mission auf Erden beendet. Es gibt viele, die … an ihrer Stelle … hilfreich wirken. Man sieht sie nur nicht. Aber sie sind da. Helfen wir doch der armen Schwester Konrada ein wenig, dass sie ihre Ruhe findet und da hingeht, wo sie nun hingehört.
Frau Rittmeister sah ihn an und aß ihren Apfelkuchen auf.
Tja, jemine … der Pater lehnte sich zurück und reckte sich. Jemine, oh Jesses. Was soll man da nur machen?
Sein Nacken schmerzte ein wenig, zur Dehnung legte er den Kopf mal links und mal rechts auf die Schulter. Die friedliche Stimmung, die von Frau Rittmeister ausging, verleitete ihn dazu, ihr das ganze Problem vollständig zu übertragen.
Sie haben sicher gesehen, dass ich mit ihr gesprochen habe?
Ja. Stumm. Aber man konnte es spüren.
Ja, und ich habe sie überzeugen können … dass der liebe Herrgott auf sie wartet. Schon seit vielen Jahren. Sie soll ihn fragen, ob er will, dass sie hierbleibt. Oder ob sie eine andere Aufgabe ausfüllen darf.
Und?
Schwester Konrada war sehr zögerlich. Sie hat Bedingungen
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