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Die letzten Dinge - Roman

Die letzten Dinge - Roman

Titel: Die letzten Dinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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meine, wenn der will, kann er auch vorbeikommen und sich noch was aussuchen für die Wohnung, die Musiktruhe da vielleicht. Man muss ja dankbar sein.
    Er will nichts, hat er gesagt.
    Er will nichts?? So etwas konnte Nora nicht begreifen. Gar nichts??
    Nein, sagte Rosalinde und betrachtete noch einmal die Brille der Frau Eisbrenner.
    Er sagt, das Geschäft reicht ihm und das war überaus großzügig und was Sie sonst haben wollen, sollen Sie sich einfach mitnehmen, darauf legt er keinen Wert. Im Übrigen will er heute mit niemandem reden, er ist so unendlich traurig.
    Nora Eisbrenner traute ihren Ohren nicht.
    Wie – das Geschäft? Was soll das heißen, das Geschäft reicht ihm?
    Rosalinde stützte die Hände in die Hüften und sah sie geradeaus an:
    Wussten Sie das denn nicht?
    Was denn??, schrie Nora außer sich.
    Ihre Tante, Frau Klara Eisbrenner, hat ihrem Schreiner, dem Herrn Siegmund Brecht, alles vermacht, was sie besaß. Das Geschäft, das Haus, das Grundstück und das gesamte Vermögen.
    Nein!! Nora erbleichte.
    Er war wie ihr eigener Sohn, hat sie gesagt. Und er soll alles haben, denn sie weiß, dass er das Geschäft und die Möbel genauso geliebt hat wie sie selbst. Die anderen …
    Was ist mit den anderen?
    Die anderen, hat sie gesagt, seien ja doch alles nur Erbschleicher. Einer so schlecht wie der andere. Das hat sie gesagt.
    Ach.
    Nora Eisbrenner fasste sich ans Herz und sank leichenblass auf einen Sessel am Flurfenster. Daneben saß bereits Alwis und krümelte an einem trockenen Brötchen.
    Deddeddei, sagte er.
    Ach, halten Sie doch den Mund!
    Das nützt nichts, sagte Rosalinde.
    Alwis krümelte ungerührt weiter und sagte:
    Deddeddeddei.

Shoushou Wollweber   wackelte in einem karierten Flanellminirock, Netzstrumpfhosen und Schnürstiefeln die Stufen zum Abendrot hinauf und knatschte Kaugummi. Eine hüftkurze Felljacke wärmte ihr leidlich den Bauch und ihre Haare hatte sie mit einem federigen Band zu einem antoupierten Pferdeschwanz gebunden. Die Schminke war ein wenig abgebröckelt und der Lippenstift verschmiert, aber sie dachte: Pflegeheim, ou Mann, das reiße ich so runter, ist ja eigentlich ein Horror, aber vielleicht ist dieser Pfleger da. Wenigstens ein anständiger Kerl; wenn der nicht gefragt hätte, wäre ich gar nicht gekommen, Mensch, was wird das für ein Knabe sein. Aber immer noch besser als ein besoffener Freier, der hinterher gelbe Pfützen kotzt. Hauptsache, das Geld stimmte. Vielleicht wurde das kein schlechtes Geschäft, hier gab es doch bestimmt einige alte Knaben, die immer dankbar waren, da konnte sie an einem Tag gut mal drei, vier erledigen und hatte zwohundert Euro … Wenn sie erst wieder flüssig war, dann nahm sie sich im Laufhaus ein schönes Zimmer. Also jetzt: Augen zu und durch.
    Shoushou stolperte in das Heim und drückte auf den Fahrstuhlknopf. Der sei gar nicht so alt, hatte der schöne Pfleger gesagt. Um die Fünfzig. Allerdings ein wenig buckelig. Nicht so toll. Und sehr temperamentvoll. Wenn er mal schreien sollte, dann stehe er, Isy oder so hieß der, stehe er vor der Tür und käme ihr zu Hilfe.
    Shoushou beherrschte keine Gangart, die zu ihren Schnürstiefeln und dem Minirock passte. Aber das interessierte hier keinen. Als die Fahrstuhltür aufging, marschierte sie schnurstracks auf das Schwesternzimmer zu und sah durch das Glasfenster.
    Darin saß eine Frau um die Fünzig mit grauen Löckchen und die Frau weinte bitterlich.
    Ich schulde, Frau Eisbrenner gestorbe … Ich bin schulde!
    Und eine andere, recht stabile Schwester mit kurzen braunen Haaren und goldgrünen Ohrringen redete auf sie ein.
    Ich gesagt: Mache Bettgitter dran!
    Jaa … heulte Gianna. Aber vielleicht Geist von Frau Wissmar atte aus die Bett geworfe. Wenn Frau Wissmar atte so lange gewohnt in Zimmer, dann de Geist will keine andere in Zimmer aben, Nadjeschda!
    Die Frau, die Nadjeschda hieß, starrte die Frau mit den grauen Löckchen an. Dann sagte sie laut:
    Das Quatsch. Frau Eisbrenner ist aus Bett gefalle, weil verwirrt und weil keine Gitter an Bett. Aber vielleicht auch Zeit von Frau Eisbrenner vorbei. Dann stirbt sowieso. In Bett oder in Stuhl oder in Garten, dann stirbt einfach. Nur so. Nur so! Kommst du, wir bringe Frau Wilhelm in Bett, sie schon zu lange auf.
    Nadjeschda kam heraus und begegnete Shoushou Wollweber.
    Entschuldigung, ich suche einen Pfleger namens Isy oder so.
    Ou Ivy. Hat schon Feierabend, aber guckst du! Da vorne in Ziemer mit Fernseher, da sitzt und raucht

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