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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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kämpfen und auch nichts anderes taten; deshalb hatten sie bei ihren zahlreichen Kriegen einen weiteren Trick abgekupfert: Sie zogen die neuen Schwerter, die sie den Strouds abgenommen hatten. Die Waffen waren fast vierzig Zoll lang und am Ende scharf gebogen. Damit konnten sie recht leicht über die Schilde der Erlöser hinweg schlagen und sie mit entsetzlicher Kraft auf die Helme der Männer hinter den Schilden niedergehen lassen. Die Helme konnten zwar einen leichten Hieb aushalten, nicht aber den Schlag mit einer solchen Waffe, die sie mit der Gewalt einer riesigen Axt in zwei Teile spaltete. Der Anblick der furchtbaren Verletzungen durch die vernichtenden Hiebe der geschwungenen Schwerter erschütterte die Reihen der Schwarzen Cordelias. Dann brachten die Lakonier auch noch ihren letzten Trumpf ins Spiel: ihre geradezu grausame Leichtfüßigkeit im Kampf. Die hinteren Reihen der mittleren Sektion ihrer Kampflinien waren inzwischen sicher, dass die Reihen der vor ihnen kämpfenden Kameraden keine Unterstützung brauchten; deshalb wichen sie weiter nach rechts aus und verstärkten die Reihen dort, wo ohnehin die stärksten Kämpfer standen. Die Erlösertruppen im Zentrum und zur Rechten mussten langsam zurückweichen, als die mittleren Ränge der Schwarzen Cordelias unter den geschwungenen Schwertern fielen und durch schwächere oder schlechter bewaffnete Soldaten ersetzt wurden. Auf ihrer Linken brach die Front der Erlöser unter dem gewaltigen Druck völlig zusammen, den die stärksten Lakonier zusammen mit den geschwungenen Schwertern und den schnell nachrückenden Verstärkungstrupps ausübten. » WAS SOLL DAS ? WAS ? WARTET ! NICHT ZURÜCKWEICHEN ! STANDHALTEN !« In dem ganzen heillosen Durcheinander hatten die meisten Kämpfer auf beiden Seiten nicht die geringste Ahnung, ob ihnen der Sieg oder der Tod bevorstand.
    Und während all dem Lärmen, Schreien, Brüllen, den Trompeten, die Befehle hinausposaunten, und dem Jammern der Sterbenden und Verwundeten geschah es irgendwann: Die Lakonier brachen den Widerstand ihrer Gegner. Wer noch laufen konnte, lief davon; wer nicht, wurde auf der Stelle niedergemäht. Nur die von Blut und Exkrementen schmierig gewordenen Leichenberge bremsten den Vormarsch der Lakonier noch ein wenig ab: Die Söldner rutschten auf den schlaffen Gliedern der Toten aus, blutverschmierte Hände der lauthals jammernden Verletzten oder Sterbenden klammerten sich an ihre Beine, manche versuchten sogar noch, den stolpernden Söldnern Messer in den Rücken zu stoßen, die nun plötzlich zu einem ungeordneten und angreifbaren Haufen wurden. In dieser entscheidenden, aber chaotischen letzten Phase der Schlacht starben mehr Lakonier als in all ihren Kriegen der vergangenen zehn Jahre zusammen. Und auch als das vorüber war, war zwar die Schlacht, nicht aber das Töten zu Ende. Van Owen musste das alles von seinem Kommandostand in hilflosem Entsetzen mit ansehen und konnte nichts anderes mehr tun, als seine kleine Reservetruppe in das Gemetzel zu schicken, das sie nicht mehr aufhalten und in dem sie deshalb nur noch sterben konnte. Während die Erlösermönche im Zentrum der Reihen und auf der rechten Flanke noch weiterkämpften, griffen die Lakonier von der Seite her an und rollten die Erlöserfront einfach und blutig auf wie eine Wolldecke am Ende eines Picknicks.
    Zum zweiten Mal hintereinander mussten Cale und Vague Henri ein Massaker mit ansehen. Die Purgatoren, von denen sie umgeben waren, hatten ihre Kameraden auf dem Feld angefeuert und waren dabei so laut geworden, dass Henri ihnen wütend befohlen hatte, leiser zu sein. Er wollte ihnen gerade erklären, dass sie Männer anfeuerten, die noch vor Kurzem ihrer Hinrichtung begeistert beigewohnt hätten und die die Purgatoren als »Lebendige Tote«, als Männer ohne Seele, ansahen. Aber Cale wurde klar, was Henri sagen wollte, und legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm, um ihn zum Schweigen zu bringen. Im Unterschied zum Fiasko am Silbury Hill hatte Cale dieses Mal genug Verstand, sich nicht zu sehr in die Sache hineinziehen zu lassen. Lange bevor das furchtbare Gemetzel endete, zog er sich mit seinen Begleitern zurück.
    Aber im Gegensatz zu den Erlösern hatte Cale an diesem Tag ein wenig Glück.
    Einige der Purgatoren brachen in Tränen aus, andere beteten laut für die Toten und Sterbenden.
    »Tod, Gericht, Himmel und höllische Leiden«, sang der Purgator Giltrap vor, der früher Vorbeter von Meynouth gewesen war, bis man ihn

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