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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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innerhalb von drei Minuten wie aus dem Nichts zu einer lockeren Reihe von unregelmäßig karreeförmigen Angriffstrupps. Doch dann schienen sie plötzlich wieder das Interesse zu verlieren, denn sie blieben in ihren ungeordneten Formationen stehen und ordneten sich nicht zu präzisen Trupps, welche die militärische Disziplin eigentlich erfordert hätte. Still beobachteten sie den Aufmarsch der zweiten Armee der Erlöser– eine lange Reihe von Schwarzen Cordelias an der Front und dahinter weitere sechs Reihen, wobei die am leichtesten bewaffneten und daher mobilsten Soldaten ganz hinten standen. Tausend Mann Reservetruppen standen in gedrängter Formation eine halbe Meile hinter den Frontsoldaten. Dann unterbrach ein Trompetenstoß die wirbelnde Musik der sechs Dudelsäcke. Der Wind trug den Ton wie das letzte Aufstöhnen eines großen, verwundeten Tiers herüber.
    Eine Minute lang herrschte fast völlige Stille, nur gelegentlich war ein gebrüllter Befehl oder das Schnauben eines der fünfhundert Pferde der Kavallerie zu hören, die an der rechten Flanke des Erlöserheeres in Stellung gegangen war.
    Jetzt war vor dem Aufmarsch der Lakonier eine Bewegung zu sehen: Acht Männer rannten mit zwei Bannern aus der Front heraus und liefen zu den beiden Enden ihrer locker formierten Armee.
    Dort angekommen hoben sie die Flaggen hoch und gaben damit ihr Zeichen. Und wie ein faules Pferd, das plötzlich beim Durchqueren der Furt von einem Zitteraal gestreift wird, zuckte Leben durch die Lakonier– die sechs ungeordneten Rechtecke formierten sich blitzschnell zu messerscharfen Angriffstrupps. Wieder ein Flaggenzeichen, und sie marschierten auf die Erlöser zu, die fast eine Meile entfernt standen, in perfektem Gleichschritt wie eine Tanztruppe.
    Dann erneut ein Flaggenzeichen: Wie ein Mann blieben die sechs Trupps stehen. Ein Trommelschlag, weitere Flaggenzeichen. Ein lauter Befehl, eine einzige Stimme für achttausend Mann, gefolgt von dem metallischen Schlag eines Schwerts auf den Schild. Die innen stehenden Trupps kamen nun rasch auf die Feinde zu. Ein gewaltiges Farbenspiel von gelb und rot. Jede Abteilung löste sich nach rechts und links auf, sodass die Karreeformationen zu langen Linien wurden, die sich über das gesamte Feld erstreckten, wobei sich die Formationstiefe von dreißig auf zehn Reihen verringerte. Wieder schlugen sie mit den Schwertern auf die Schilde. Die sechs Reihen schoben sich ineinander, sodass sich eine Wand von tausend Schritt Länge und sechs Reihen Tiefe bildete. Von Van Owens Kommandoposten schmetterten die Trompeten ihre Befehle, und jeder einzelne Erlösermönch brüllte den Schlachtruf zum Himmel empor.
Tod, Gericht, Himmel und höllische Leiden
Sind die Vier Letzten Dinge, die uns noch bleiben.
    Selbst in der sicheren Entfernung auf ihrem Hügel und mit ihrer neutralen Boshaftigkeit, die Cale und Vague Henri beiden Seiten gleichermaßen entgegenbrachten, lief ihnen ein Schauder den Rücken hinunter.
    Henri forderte die Macht dieses entsetzlichen Gebets förmlich heraus, als er Cale leise ins Ohr sang: »Doch vorher werd’ ich die Hure Maria besteigen und ihr das große Halleluja reingeigen…«
    Und dann stürmte die gewaltige Armee der Erlösermönche voran wie ein Bulle, der sich endlich aus dem Morast am Flussufer befreien konnte. Cale und Henri hielten verblüfft den Atem an: Die lakonischen Söldner stürmten den Feinden entgegen, als hätten sie es besonders eilig und freuten sich darauf zu sterben. Das war kein einfaches Laufen oder Hüpfen, sondern ein richtiger Ausbruch an hektischer Eile. Auf die Ordnung und Schlagkraft der Angriffswand, die davon abhing, dass achttausend Mann zusammenwirkten, als würden sie nur von einem einzigen Willen gelenkt, musste sich das fatal auswirken.
    Als die beiden großen Heere in breiter Front wie zwei gewaltige Bestien aufeinander zustürmten, saßen die kleineren Tiere des Machair plötzlich zwischen ihnen in der Falle. Die Ersten und Einzigen, denen die Flucht noch gelang, waren die Fasane, die törichterweise bis zur letzten Sekunde warteten, dann aber im selben Moment mit lautem Schreien und Flügelschlagen in die Luft stiegen, als sie von den lakonischen Linien fast zertrampelt wurden. Die Hasen suchten Deckung, die sie jedoch nicht fanden, und rasten zwischen den anstürmenden Lakoniern und den in tödlicher Stille anrückenden Erlösern wild hin und her. Auch der Fuchs, der hinter den Hasen her gewesen war, suchte jetzt nach einem

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