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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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Nun, Van Owen reagierte auf das Angebot wie die Katzen damals.« Cale konnte sich nicht dazu überwinden zuzugeben, dass er sich auch bei Van Owen hatte entschuldigen müssen. Das war nötig gewesen, hatte ihm aber schier die Luft abgeschnürt.
    Das musst du schlucken, hatte Bosco gesagt . Schon bald wirst du beobachten können, wie er versagt, und das wird dich dafür entschädigen.
    Seid Ihr sicher, dass er versagen wird?
    Nein.
    »Und wie lautet die schlechte Nachricht?«, fragte Henri.
    »Du wirst mich begleiten.«
    »Ich? Warum denn?«
    »Weil ich Bosco darum gebeten habe.«
    »Warum zum Teufel hast du das getan?«
    »Weil ich dich in meiner Nähe brauche.«
    »Nein, brauchst du nicht.«
    »Du solltest eine bessere Meinung von dir selbst haben.«
    »Was ich von mir selbst halte, ist völlig in Ordnung.«
    »Ich brauche jemanden, der sich meine Ideen anhört. Mit wem sollte ich sonst reden?«
    »Ich will aber nicht mit!«
    »Natürlich willst du nicht. Ich wette, du willst lieber hierbleiben und mit einer ganzen Herde von Weibern herumschäkern, für die die Sonne aufgeht, wenn sie nur deinen Hintern sehen. Aber das geht eben nicht. Höchste Zeit, dass du aufwachst.«
    »In Ordnung!«, brüllte Henri. »In Ordnung! In Ordnung! In Ordnung!« Er schnaubte heftig wie ein schlecht gelaunter Ackergaul und fluchte unbändig. »Und wann?«
    »Morgen, sobald er den Befehl gibt.«
    »Warum lässt mich Bosco gehen?«
    »Weil er glaubt, dass keiner von uns beiden die Mädchen im Stich lassen würde.«
    »Und– werden wir das?«
    »Weiß ich nicht. Was meinst du?«
    Vague Henri antwortete nicht direkt auf die Frage.
    »Immerhin erklärt das, warum er uns den Genuss fleischlicher Sünden erlaubte.«
    »Es erklärt nur, warum er dir den Genuss fleischlicher Sünden erlaubte. Mich ließ er dort hinein, weil man den Zorn Gottes nicht in die Verderbnis führen kann.«
    »Das sollst wohl du sein?«
    »Glaubst du es?«
    »Das hast du mich schon öfters gefragt.«
    »Weil ich es herausfinden muss. Ich schätze deine Meinung– das habe ich dir schon öfters gesagt.« Eine Pause trat ein. »Wenn wir schon davon reden: Was meinst du zu dem Vorschlag, meinen Akoluthen Model in das Klostergebäude mitzunehmen, bevor wir abmarschieren?«
    »Wozu?«
    »Es wäre eine freundliche Geste. Wer weiß, was aus uns wird? Und er bekommt vielleicht nie mehr eine Gelegenheit, eine Frau zu sehen.«
    Henri starrte Cale an, jetzt eindeutig wütend. »Das sind keine Tiere wie im Zoo von Memphis. Sie gehören dir nicht, du kannst sie nicht an deine Kumpel ausleihen.«
    »Schon gut, reg dich ab. Kann mich nicht erinnern, dass du dich geweigert hättest, als du an der Reihe warst.«
    »Sie sind keine Reihen!«
    »Wie du willst. Großer Gott– es war doch nur so eine Idee!«
    Henri gab keine Antwort.
    Am nächsten Tag waren sie noch keine zwei Stunden auf dem Marsch zu den Golanhöhen, als sich Henri schon kalt und elend fühlte. Er sehnte sich zutiefst in die Arme der wunderbaren Mädchen zurück, die er hatte zurücklassen müssen; fast alle waren in Tränen aufgelöst gewesen, mit Ausnahme seines Lieblings Vincenza, die ihn auf beide Wangen und dann ganz leicht auf die Lippen geküsst hatte. Er zitterte, allerdings nicht vor Kälte, als er daran dachte, was sie ihm zwischen diesen süßen Küssen in die Ohren geflüstert hatte. Sie, das bei Weitem klügste der Mädchen, hatte ihm zu verstehen gegeben, dass er ihr gehörte.
    »Komm zu mir zurück, und ich zeige dir etwas, das du noch nie gesehen hast.«
    Er vermisste sie alle, und wer mochte ihm das zum Vorwurf machen? Wenn es einen Himmel gab, wie konnte das Leben dort besser sein als im Kloster? Abgesehen davon natürlich, dass man dort nicht von der Hölle umgeben war? Und das war auch das Problem aller Probleme: Ihm war klar, dass er bereit war, durch die Hölle zu gehen, um zu ihnen zurückkehren zu können, dass er aber dazu nicht in der Lage sein würde. Es gab nur eine Person, die die Fähigkeit besaß, die dazu nötig war, und die Gefährlichkeit, die Gewalttätigkeit und den Zorn.
    Sie brauchten weitere sechs Tage, bis sie den Golan erreichten. Der Golan ist ein großer Gebirgskamm, ungefähr vierzig Meilen lang und etwa ebenso weit vom Amtspalast des Papstes in der Heiligen Stadt Chartres entfernt, an deren rechter Flanke der Kamm einen natürlichen Schutzwall bildete. Die linke Seite des Kamms zog sich bis zu den östlichen Macmurdos hin, einem für jedes Heer unüberwindbaren Gebirge,

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