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Die letzten ihrer Art

Die letzten ihrer Art

Titel: Die letzten ihrer Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
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schön. Es war ein öder, grauer, abweisender Ort, und ich faßte unverzüglich den Plan, hier eine territoriale Rasierwassermarkierung abzuschlagen.
Ich nahm die Broschüre mit und traf mich im ebenfalls kahlen Restaurant des Hotels mit Mark und Chris. Wir waren Vorschlägen gegenüber, zumindest was das chinesische Essen betraf, bisher sehr aufgeschlossen und bereit, manchmal geradezu verwegen bereit gewesen, alles zu essen, was man uns vorsetzte. Vieles war köstlich gewesen, vieles weniger und einiges für einen westlichen Gaumen eher erschreckend.
Das Hotelessen in Tongling fiel eindeutig in die erschreckende Kategorie, auch und vor allem die Tausendjährigen Eier. Die Bezeichnung ist natürlich nicht wörtlich zu verstehen, sondern bloß als eine Art Hinweis darauf, wie erschreckend sie sind.
Die Eier werden in grünem Tee angekocht und dann drei Monate lang in einer Packung aus Schlamm und Stroh begraben. In dieser Zeit wird das Eiweiß hellgrün und fest, und das Eigelb wird sehr, sehr dunkelgrün und matschig. Erschreckend ist daran, daß man sie anschließend als Delikatesse vorgesetzt bekommt, während man, wenn man so was zu Hause in der Speisekammer fände, erst mal ein paar Fachleute zu Rate ziehen würde. Wir kämpften ein bißchen mit dem Gericht, gaben es schließlich auf und sahen die Broschüre noch einmal durch, in der ich einen weiteren Abschnitt entdeckte: »Bereits beschlossen wurde die Schaffung eines Wasserschutzgebietes im Yangtse-Fluß, um den Lipotes vexillifer , eine äußerst seltene Säugetiergattung zu schützen, die heute als ›Panda des Wassers‹ angesehen wird.«
»Hast du dir mal das Bier angesehen, das du da trinkst?« fragte mich Mark.
Ich betrachtete die Flasche. Es hieß »Baiji-Bier«. Auf dem Etikett war ein Delphinbild, und auf dem Deckel stand sein lateinischer Name, Lipotes vexillifer .
»Als wir heute nachmittag in die Stadt gefahren sind, ist mir noch ein anderes Hotel aufgefallen«, sagte Chris. »Ich hab gedacht, das ist ja ein ziemlich komischer Zufall, es heißt Baiji-Hotel. Sah einen Hauch besser aus als diese Bruchbude.«
Aber auch wenn wir nicht im richtigen Hotel waren, so doch jedenfalls am richtigen Ort.

Ein weiterer Tag verging, bevor wir mit Hilfe von Professor Zhous Schreiben einen englischsprechenden Führer und ein kleines Boot auftreiben konnten, um endlich zu tun, weshalb wir gekommen waren: auf den Yangtse hinausfahren und selbst nach Baiji-Delphinen suchen.
Bis zu diesem Zeitpunkt lagen wir bereits zwei oder drei Tage hinter unserer ursprünglichen Planung zurück und mußten am nächsten Morgen mit einer Fähre nach Wuhan aufbrechen. Uns blieben folglich nur ein paar Stunden Zeit, nach einem der seltensten im Wasser lebenden Säugetiere der Welt zu suchen, und zwar in einem Fluß, in dem man kaum die Hand vor Augen sehen konnte.
Unser kleines Boot tuckerte von einem kleinen, überlaufenen Kai hinaus zu einer breiten Stelle des dreckig-braunen Flusses. Wir fragten Mr. Ho, unseren Führer, wie er unsere Erfolgsaussichten einschätze.
Er zuckte die Achseln.
»Na ja, es leben nur zweihundert Baijis auf diesen zweitausend Kilometern. Und der Yangtsee ist sehr breit. Nicht gut, glaube ich.«
Wir tuckerten für einige Zeit dahin und fuhren am gegenüberliegenden Ufer entlang langsam zwei Kilometer flußaufwärts. Dort war das Wasser seichter, und es herrschte kein so starker Bootsverkehr. Aus genau diesem Grund halten sich auch die Delphine bevorzugt in Ufernähe auf, womit ihre Chancen steigen, sich in den Fischernetzen zu verfangen, die, wie wir im Vorbeifahren sahen, von am Ufer stehenden Bambusspanten ins Wasser hingen. Die Fischbestände im Yangtse nehmen ab, und bei all dem Krach fällt es den Delphinen immer schwerer, die verbliebenen Fische zu »sehen«. Ich konnte mir gut vorstellen, daß sich ein Delphin von einem Netz voller Fische in Lebensgefahr locken ließ.
Wir erreichten eine vergleichsweise ruhige Stelle in Ufernähe, und der Bootsführer schaltete den Motor aus.
Mr. Ho erklärte uns, dies sei eine gute Stelle zum Warten. Vielleicht. Hier waren vor kurzem Delphine gesehen worden. Er sagte, das könne vorteilhaft sein oder auch nicht. Entweder seien sie hier, weil sie vor kurzem hiergewesen seien, oder sie seien nicht hier, weil sie vor kurzem hiergewesen seien. Damit schienen alle Möglichkeiten erschöpft, also setzten wir uns und warteten.
Die ungeheure Ausdehnung des Yangtse wird einem besonders bewußt, wenn man ihn sorgfältig zu

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