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Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Titel: Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed Stuhler
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Landwirtschaftsminister vergessen hatte, die 700 Millionen DM den Bauern auszukehren. Der hatte die zinsbringend aufs Auslandskonto des Ministeriums gelegt. Das war der Grund, warum die Demonstration stattfand und warum über sechs Wochen dann letztendlich in den fleischproduzierenden LPG, bzw. in den größeren Einrichtungen, keine Löhne gezahlt werden konnten. Und innerhalb von zwei, drei Tagen war dann die Sache entspannt.
      Aber erst mal bin ich natürlich zum Diestel hin, habe Diestel angemacht bis zum Gehtnichtmehr, dass er aufhören soll, davon zu reden, die Vopos hätten noch alles im Griff! Aber auch nichts haben sie im Griff, und er soll sich mal als Innenminister um die innere Sicherheit kümmern! Es hat ja Morddrohungen gegen meine Familie gegeben, gegen mich selbst natürlich auch, und irgendwo hat dann der Spaß aufgehört an dieser Stelle!
      Und ich bin noch zu Lothar de Maizière und habe gesagt: ›Also wenn die Zusammenarbeit in der großen Koalition nur bedeutet, dass ich den ganzen Mist permanent wegräumen muss, dann soll er sich einen anderen suchen, der die deutsche Einheit weiterverhan delt.‹ Und da war ich auch fest entschlossen. Also mir hat es gereicht!«
      »Der Günther Krause, der kam zu mir und sagte, er träte zurück, die Eier würden eigentlich mir gelten. Ich antwortete: ›Nein, lieber Günther, da irrst du dich. Die Eier gelten grundsätzlich den Staatssekretären.‹«
      Am selben Tag zerbricht die Große Koalition, auch der Landwirtschaftsminister scheidet aus. Die Auslandskonten werden aufgelöst.

    14. Pseudokrupp am Silbersee

    »Es war eine Katastrophe!«
Karl-Hermann Steinberg

    Mit welch gewaltigen Problemen die letzte DDR-Regierung zu kämpfen hat, lässt sich recht gut am Umweltressort erkennen. KarlHermann Steinberg, promovierter Diplomchemiker und CDU-Mitglied, leitet das Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Energie und Reaktorsicherheit. Er nennt drei »Highlights« seiner Regierungstätigkeit: die deutsch-deutsche Umweltunion, die Nationalparkverordnung und die Abschaltung des Kernkraftwerks Greifswald.
      Die gewaltigen Umweltsünden der DDR, bzw. deren Deckelung, waren in den letzten Jahren der DDR auf zunehmenden Protest gestoßen. Man kann sogar sagen, dass die Beschäftigung mit diesem heiklen Thema wesentlich zur Wende beitrug, denn sehr viele der oppositionellen Bürgerrechtler waren Umweltschützer. In der Berliner Zionskirche gab es zum Beispiel die legendäre Umweltbibliothek mit ihren Umweltblättern. Diese Oppositionsgruppe wurde im November 1987 schlagartig bekannt, als der Staatssicherheitsdienst die Umweltbibliothek überfiel und die Mitglieder verhaftete. Nach massiven Protesten wurden sie relativ schnell wieder freigelassen.
      Die neue Regierung und das neue Umweltministerium stehen nun vor der Riesenaufgabe, schnell die allergrößten Probleme lösen zu müssen. Als Steinberg sein Amt antritt, werden ihm Materialien übergeben, deren Inhalt von großer Brisanz ist: »Da waren vertrauliche Verschlusssachen in großem Umfang, wo die gesamte Wahrheit nachzulesen war. Das war in den Schubladen verblieben. Aber diese Zeit war nun vorbei. Ich bekam pro Tag mindestens 5000 Eingaben, aus allen Bereichen der Industrie, vorwiegend der Schwerindustrie. Wir mussten darauf reagieren. Die Brandstellen, also die schlimmsten Emissionsquellen, mussten zuerst stillgelegt werden, beseitigt werden, saniert werden. Wir hatten kein Geld. Bundesumweltminister Klaus Töpfer hat in seinem Hause, natürlich auf Beschluss der Bundesregierung, Geld bereitgestellt. Wir hatten 30 deutsch-deutsche Umweltprojekte zur Amtszeit der DDR-Regierung schon begonnen, um die schlimmsten Hotspots, die schlimmsten Emissionsquellen anzugehen und Ersatzlösungen zu finden.«
      Dabei ist es nicht so, dass die DDR keine Umweltspezialisten hatte. Im Vorwende-Umweltministerium unter Hans Reichelt gab es exzellente Fachleute auf allen Gebieten, im Naturschutzbereich, in der Wasserwirtschaft. Denen waren die Probleme wohlbekannt, aber sie konnten nicht machen, was sie wollten und für richtig hielten. Die Planerfüllung hatte oberste Priorität, eine Umweltdiskussion war nicht erwünscht. Lothar de Maizière: »In der DDR be kamen im Januar jeden Jahres 598 große Betriebe eine Ausnahmegenehmigung des Ministers für Gesundheitswesen Mecklinger, dass sie weiterproduzieren durften, obwohl sie die Umweltschutzvorschriften, die Schutzgütevorschriften der DDR und Ähnliches nicht

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